Geschätzt wird, dass in Deutschland bei zehn Millionen Menschen eine oder beide Großzehen schief stehen. Der Hallux Valgus wird ganz überwiegend bei Frauen (90 Prozent) festgestellt, wofür neben der Veranlagung und dem weicheren Bindegewebe der Frauen auch zu enge, zu spitze, zu hohe und zu unbequeme Schuhe verantwortlich gemacht werden. Eine einmal eingetretene deutliche Fehlstellung der Großzehe lässt sich nur durch eine Operation korrigieren, bei der der Schweinfurter Facharzt für Orthopädie und Unfallschirurgie sowie zertifizierter Fuß- und Sprunggelenkchirurg Dr. Stefan Feiler Schrauben aus Milchzucker einsetzt.
Bislang ist der Mediziner mit Praxis am Roßmarkt in der Region zwischen Main und Rhön laut eigener Aussage der einzige unter der Ärzteschaft, der bei der Korrektur der Fehlstellung auf die "Zuckerschraube" setzt. Dem sich nach Monaten durch die Durchblutung selbst abbauenden Material aus Milchzucker und Verfestigungsstoffen wird die gleiche Zug- und Kompressionskraft wie den konventionellen Metallschrauben zugesprochen. Der Vorteil ist, dass keine zweite Operation zur Entfernung der Schrauben – und damit auch keine weitere Narkose – erfolgt. Auch bietet sich das resorbierbare Material bei Metallallergien besonders an.
Bei 600 Operationen eingesetzt
Stefan Feiler, der seit dem Jahr 2012 rund 600-mal die mittlerweile bewährten Schrauben bei den etwa 30 bis 45-minütigen Operationen verwendet hat, berichtet zudem von einer reduzierten Neigung zu Schwellungen und von weniger Druckbeschwerden der Patienten.
Einem Hallux Valgus geht fast immer ein Spreizfuß (Verbreiterung des Vorderfußes) voraus. Bei der Fehlstellung wandert der erste Mittelfußknochen mit seinem Köpfchen zum inneren Fußrand, wodurch sich der vordere Teil des Fußes verbreitert. Gleichzeitig knickt die Großzehe nach außen ab und nähert sich der zweiten Zehe an.
Zumindest beschleunigt wird die Schiefstellung des Ballengroßzehs durch zwar modisches, aber nicht fußfreundliches Schuhwerk. Hohe Absätze verstärken den Druck auf den Vorderfuß, Schuhspitzen zwingen in die Fehlstellung, und zu kurze Schuhe fördern die Schiefstellung, wie auch die Bildung von Hammer- sowie Krallenzehen.
Hart wie Metall
Zuckerschrauben wurden anfangs vor allem bei Operationen an der Hand eingesetzt – nun kommen sie auch immer öfters am Fuß zum Einsatz. Die biologisch abbaubaren Schrauben bestehen aus einer Mischung von Polylactat und Polyglycol. Anfangs sind sie hart genug, um wie Metallstifte den Knochen zu stabilisieren. Mindestens acht Wochen behalten sie diese Härte, so dass der Knochen genug Zeit hat wieder zusammenzuheilen.
Der Hersteller der Bioschrauben nennt einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren, in dem sich die Schrauben resorbieren. Je länger der Vorgang dauert, desto geringer sei das Risiko, dass es durch Wasseransammlungen beim Resorbtionsprozess zur Bildung von Zysten im Knochen kommt, so Stefan Feiler.
Dem biologischen Material werden keine Unverträglichkeiten zugeschrieben. Die Schrauben aus Milchzucker können auch bei Laktoseintolleranz verwendet werden, da die Unverträglichkeit des Milchzuckers ein auf den Darm beschränktes Problem ist.