Am 1. Januar 1652 war es, als in der Reichsstadt Schweinfurt die „Academia Naturae Curiosorum“ als private Gesellschaft gegründet wurde – von Johann Lorenz Bausch, Physiker, Mediziner und Ratsherr. Mitgründer waren Johann Michael Fehr, „Physikus“ und Ratsherr, sowie die Ärzte Georg Balthasar Metzger, später Medizinprofessor in Giessen und Tübingen, und Georg Balthasar Wohlfahrt.
Von „Naturae Curiosorum“ zur Leopoldina
15 Jahre später wurde die „Academia“ der Naturkuriositäten durch Kaiser Leopold bestätigt und 1742 auch noch durch Kaiser Karl VII. Von da an – ausgestattet mit kaiserlichen Privilegien – nannte sie sich „Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinische deutsche Akademie der Naturforscher“. Später führte sie nur noch Kaiser Leopold im Namen, der sie als erster bestätigt hatte. Seit 1878 hat die Leopoldina ihren festen Sitz in Halle an der Saale.
In jüngster Zeit erst, 2008, wurde sie auf Beschluss der Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder „Nationale Akademie der Wissenschaften“. Ihre Aufgabe ist laut Satzung die Förderung der Wissenschaften durch nationale und internationale Zusammenarbeit, und zwar „zum Wohle von Mensch und Natur“.
Schweinfurt verleiht den Caruspreis
Damit einher geht aber auch die auf Wissenschaft basierende Beratung der Politik und der Allgemeinheit. Die Leopoldina ehrt und würdigt herausragende wissenschaftliche Leistungen auch durch Medaillen und Preise. Einen davon – den Carus-Preis – verleiht seit 1961 im Abstand von zwei Jahren die Gründungsstadt Schweinfurt für herausragende naturwissenschaftliche oder medizinische Forschungsleistungen.
Die Leopoldina gilt als älteste naturwissenschaftlich-medizinische Gelehrtengesellschaft im deutschsprachigen Raum und älteste dauerhaft existierende naturforschende Akademie der Welt. Und: Ihre Wiege stand in Schweinfurt, möglicherweise im Wohnhaus des „Stadtphysikus“ Bausch. So steht die Giebelfigur, die auf dem Rathausdach die Wissenschaft verkörpert, heute wohl für die bedeutendste und renommierteste nationale Einrichtung mit Wurzeln in Schweinfurt.
Keine Uni – aber FHWS
Eine Universität gibt es hier nicht. Für den staatlichen Wissenschafts- und Forschungsbetrieb spielt die Stadt keine übergroße Rolle. Doch was hier die Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt (FHWS) an praktischen Ausbildungsrichtungen anbietet, hat durchaus auch mit dem Studium von „Kuriositäten“ der Natur und ihrer Gesetze zu tun: Elektro- und Informationstechnik, Mechatronik, Medizintechnik, Logistik, Maschinenbau, Technomathematik, Wirtschaftsingenieurwesen. Mit fortschreitender Internationalisierung der Berufswelt, dem i-Campus und der Öffnung für ausländische Studenten gibt's viele der auf Naturwissenschaften basierenden Studiengänge auch englischsprachig.
Seit 2011 nennt sich die einstige FH offiziell „Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt“. Damit führt sie – wohl zurecht – die „Wissenschaften“ im Namen, wenn auch als „angewandte“. Johann Lorenz Bausch, Schweinfurter Stadtphysikus zur Mitte des 17. Jahrhunderts, Gründer der ältesten Akademie der Naturphänomene, würde wohl staunen, wie heute auch in Schweinfurt naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu immer neuen Maschinen und Anwendungen führen, die das Leben der Menschen leichter und besser machen können.
22 Steinfiguren – die Serie
Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts standen Kriegerfiguren auf den Rathausgiebeln. Es folgten 100 Jahre ohne Figurenschmuck, ehe nach dem Dachstuhlbrand im April 1959 die Schweinfurter Bürger spendeten. 80 000 Mark kamen zusammen, mit welchen zehn Bildhauer aus Unterfranken für 22 neue Giebelfiguren aus Sandstein bezahlt wurden. Die Putten und Statuen verkörpern Tugenden, die Elemente und Berufe.
Zu jedem Symbol erzählt im Rahmen unserer Sommerserie ein Mitglied der Redaktion eine Geschichte.