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Schweinfurt
Die Widerspenstigen lassen sich nicht mehr zähmen – oder doch?
'The Who and the What': Heikko Deutschmann und Matthias Gärtner im Zwiegespräch.
Foto: Bernd Boehner | "The Who and the What": Heikko Deutschmann und Matthias Gärtner im Zwiegespräch.
Charlotte Wahler
 |  aktualisiert: 17.12.2022 02:50 Uhr

So lange ist es auch bei uns, im so genannten christlichen Abendland, noch nicht her, dass die Geburt eines Sohnes stärker begrüßt wurde, dass den Frauen ihre Rechte als Bürgerinnen vorenthalten wurde – von der Alltäglichkeit von Gewalt gegen Frauen soll hier einmal nicht gesprochen werden. Denn es geht um eine Komödie. Das Schauspiel "The Who and the What", das im evangelischen Gemeindehaus gespielt wurde, brachte leichtfüßig und schwergewichtig zugleich ein aktuelles Thema auf die Bühne, nämlich die weibliche Auseinandersetzung mit theokratischen Systemen, hier ging es explizit um die muslimische Religion.

Neben dem sympathischen Spiel der Akteurinnen und Akteuren waren es die klugen und geistreichen Dialoge, die die Aufmerksamkeit des Publikums fesselten. Leider war die Akustik im Saal nicht immer ideal, dennoch fesselte die Handlung des Stückes, das im heutigen Atlanta (Georgia, USA) spielt.

Vater von zwei Töchtern

Der Witwer Afzal (Hansa Czypionka) ist Vater zweier erwachsener Töchter. Mahwish (Noelle Haeseling), die jüngere, möchte gerne heiraten, aber, wie es die Spielregeln religiöser Systeme manchmal verlangen, zuvor muss die ältere Zarina (Adrienne von Mangoldt) verheiratet werden. Die aber ist lieber intellektuell aktiv, sie schreibt ein Buch, das sich, so der begeisterte Vater, mit dem Propheten Mohammed befasst.

Er wäre weniger glücklich, wenn er wüsste, dass der Roman eine kritische, feministische und sinnliche Auseinandersetzung mit dem Menschen Mohammed werden soll. Afzal, der Vater, sieht diese Schreiberei als eine Spielerei und er versucht, einen passenden Mann für Zarina zu finden. Schließlich sei das die Bestimmung der Frau, findet er. Also sucht er heimlich auf einer Online-Plattform einen muslimischen Ehepartner. Sehr witzig und durchaus übertragbar auf christliche Kulturen ist das "Verhör", in dem der Vater den potenziellen Schwiegersohn kennenlernen will. Und tatsächlich heiratet Zarina den konvertierten Eli (Sven Scheele), der in einer kleinen Moschee eine Suppenküche betreibt. Die beiden haben sich jedoch bereits vor der Eheanbahnung auf einer islamkritischen Veranstaltung kennengelernt.

Drama nimmt seinen Lauf

Das Drama geschieht, das Buch erscheint, die Tochter wird verstoßen und die konservative muslimische Welt ist schockiert. Auch Afzals Welt ist erschüttert, sein Taxi-Imperium erleidet Angriffe und Einbußen, dabei wollte er doch immer nur das Glück seiner Töchter!

Zarina jedoch ist auf ihre Weise glücklich, denn in der moderneren muslimischen Gesellschaft ist ihr Buch auf fruchtbaren Boden gefallen. Als sich am Ende auch noch eine Schwangerschaft anzeigt, gibt es die Versöhnung mit dem Vater, ganz klassisch als Happy End im Sinne der Komödie.

Der hoch gelobte und vielfach preisgekrönte Autor des Stückes Ayad Akhtar, dessen Stück "Geächtet" bereits im hiesigen Theater mit großem Beifall aufgenommen wurde, hat es wieder geschafft, die Komplexität und die Vielfalt der Kulturen aufzuzeigen, auch, was sie verbindet. Oft genug ist das die Unterdrückung der Frau, die sich nicht nur als Basis diktatorischer Regimes zeigt, sondern generell als Basis hierarchischer Systeme. Fällt die Basis weg, fallen die unterdrückerischen Systeme? Wenn es doch nur so einfach wäre …

 
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