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GELDERSHEIM/OBERWERRN
Die Wern: Ein Fluss voller Geschichten
Nike Bodenbach
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:01 Uhr

Erst schlängelte sich das Flüsschen Wern in Tausend kleinen Kurven von der Quelle bei Pfersdorf bis zur Mündung bei Wernfeld (Lkr. Main-Spessart). Dann zog man die Locke glatt, begradigte den Fluss über weite Strecken. Und jetzt legt man wieder künstliche Kurven an. Über den gut 70 Kilometer langen Nebenfluss des Mains gibt es viel zu erzählen. Heimatpfleger Alfred Popp widmet der Wern zwischen ihrer Quelle bis zum Bereich Mühlhausen im April eine ganze Ausstellung in Oberwerrn.

Für die Begradigung zwischen 1934 und 1936 schufteten junge Männer, die zum Reichsarbeitsdienst eingezogen worden waren. Etwa 200 Männer gruben für den Fluss ein neues Bett. Zur Einweihung kam sogar der damalige Bischof Matthias Ehrenfried.

Mit der Begradigung wollte man neue landwirtschaftliche Flächen schaffen und, so erklärt es Popp, die mehrmals im Jahr aufkommenden Hochwässer bekämpfen. „Damit das Wasser schneller abfließt“, weiß Popp. Schon damals gab es übrigens Ausgleichsmaßnahmen, man vergrößerte das nahe gelegene Fichtenwäldchen.

Begradigung gegen Hochwasser - ein Trugschluss

Dass man mit der Begradigung von Flüssen genau das Gegenteil bewirkt, ist eine Erkenntnis späterer Jahre. In der Gemarkung Geldersheim startete die sogenannte Renaturierung im Jahr 1995 und dauerte bis 2014. Dass heute vor allem Maschinen die Arbeit tun, zeigt der Vergleich der eingesetzten Kräfte: Statt 200 Mann waren laut dem Heimatpfleger dann im Schnitt nur noch drei Personen, dafür aber viele Maschinen, Bagger und Lastwagen zugange.

Für die Ausstellung hat Popp in seinem eigenen Archiv gekramt, war unter anderem auch im Staatsarchiv unterwegs und beim Wasserwirtschaftsamt in Bad Kissingen. Dabei hat er unter anderem ausgegraben, dass die Begradigung nur wenige Jahre kam, nachdem man an der Wern eine etwas größenwahnsinnige Idee aufgegeben hatte: eine Großschifffahrtsstraße von Garstadt nach Gemünden. In der Ausstellung wird eine alte Karte zu sehen sein, auf der fast eine schnurgerade Ost-West-Verbindung eingezeichnet ist.

„Teilweise sollte es sogar einen Tunnel geben“, erzählt Heimatpfleger Popp. Durch die Schifffahrtsstraße wären allerdings unter anderem Würzburg und Kitzingen außen vor gewesen – und das ließen sich die Städte natürlich nicht gefallen. So wurde die Idee schließlich wieder eingemottet.

„Mord, Raub, Totschlag und Brandschatzung waren damals keine Seltenheit“

Überhaupt sind Wasserstraßen immer wieder Grund für Streitigkeiten gewesen, auch an der kleinen Wern selbst. Zwischen Geldersheim und Bergrheinfeld war die Wern die Gemarkungsgrenze, ihr Verlauf bestimmte also die Größe des Territoriums. „Mord, Raub, Totschlag und Brandschatzung waren damals keine Seltenheit“, sagt der Gemeindearchivar.

Auch um das Wasser der Wern stritt man sich. Allein zwischen Pfersdorf und Mühlhausen gab es früher 15 Mühlen, von denen heute nur noch wenige übrig sind. Adelsgeschlechter gruben sich buchstäblich gegenseitig das Wasser ab.

Und eine Frage über die Wern-Ausstellung in Oberwerrn darf natürlich nicht fehlen: Warum schreibt man die Wern mit einem R, Niederwerrn und Oberwerrn aber mit zwei? „Die Namen stammen vom germanischen Volksstamm der Warnen“, sagt Popp. Die Wern selbst habe man früher auch als Werrn geschrieben, irgendwann hat sie aber ihr zweites R verloren. „Es hat sich wohl einfach so entwickelt“, sagt Popp. Manches gibt es einfach nicht schriftlich.

Wer dazu Unterlagen hat, darf sich gerne beim Heimatpfleger melden – genauso wie mit weiteren interessanten Schriftstücken oder Fotos, die einen Platz in der Ausstellung verdient hätten.

Die Ausstellung „Die Wern und ihre Geschichte“ findet vom 16. bis 22. April in der Festscheune in Oberwerrn statt. Geöffnet ist die Ausstellung jeweils von 13 bis 18 Uhr. Heimatpfleger Alfred Popp führt interessierte Besucher täglich um 14 Uhr durch die Ausstellung.

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Foto: Wasserwirtschaftsamt
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Foto: Archiv Popp
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Foto: Archiv Popp
 
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