Maybebop sind hier längst alte Bekannte. Sehr liebe alte Bekannte. Am Donnerstag waren sie zum vierten Mal auf Einladung der Disharmonie in der Kulturhalle Grafenrheinfeld und damit zum fünften Mal in der Region, rechnet man die Premiere 2007 beim Schweinfurter Nachsommer mit. Das A-Cappella-Quartett bringt zuverlässig alle zwei Jahre ein neues Programm heraus – eines witziger, fetziger, anrührender als das andere.
„Das darf man nicht“, heißt das neue, der Titel weist die Richtung: Es geht um unser aller deutsches Über-Ich, das sich sofort einschaltet, wenn wir uns mal nicht an die Regeln halten: „Ich hab den ganzen Tag verpennt / Ich hab den Abfall nicht getrennt / Die Straße querte ich bei rot / Ich legte Wurst zu dick aufs Brot / Betrat den Rasen trotz Verbot.“
Es geht darum, was richtig und was falsch ist. Was man tun und was man lieber lassen sollte. Und was wird, wenn wir mal nicht mehr sind. Also ein bisschen mehr als leichte Muse zum Bügeln, wie sich das eine erboste Dame wünschen würde, deren Beschwerdezuschrift zu Beginn aus dem Off verlesen wird. Die vier kucken dazu so betreten, dass allein das schon ein Heidenspaß ist.
Maybebop-Konzerte sich immer ein Rundumpaket mit großartigem Gesang quer durch die Musikgeschichte, geistreichen Texten, gutmütigen Kabbeleien, spektakulärer Lightshow, fast so spektakulärer Choreografie und viel Publikumsbeteiligung. Denn, das weiß die Band: In ihre Konzerte kommen immer Leute, die selbst gern singen. Im Wahnsinns-Medley mit Kurzparodien von Louis Armstrong, Barry White, Mick Jagger, Michael Jackson, Udo Lindenberg, AC/DC, Shaggy, Reinhard Mey, Unheilig, Heino, Joe Cocker schmettert der Saal zum Beispiel an der Stelle, an der Grönemeyer dran ist, geschlossen „Gib mir mein Herz zurück“.
Solistisch geht auch was: Wenn die Nummer kommt, bei der jemand aus dem Publikum auf die Bühne darf, gibt es immer Meldungen. Diesmal ist es Lisa, Studentin der Schulmusik in Würzburg, die mit glockenreiner Stimme zur kundigen Maybebop-Begleitung Leonard Cohens „Hallelujah“ so innig vorträgt, dass der Saal in stilles Massengänsehautsyndrom verfällt. Umso frenetischer ist der Jubel hinterher. Maybebop-Songs sind immer auch musikalische Lach- und Sachgeschichten.
Bass Sebastian Schröder, zuständig für die leicht angegruselten Momente, erläutert, warum Lernen an sich völlig überflüssig ist: „Wenn ich wissen will, ob?s heute kalt oder heiß is? / Ob grünes Gemüse eine Erbse oder Mais is? / Ob unter meinen Achseln Schweiß is? / Mein Handy weiß es.“ Denn: „Meine Welt ist eine Google.“
Die meisten Songs schreibt, textet und arrangiert Bariton Oliver Gies, der mit den Musikstilen (bei besonderer Begabung für Swing und Bebop) ebenso virtuos jongliert wie mit den Reimen, die vor Wortwitz nur so strotzen. So kann sich Jan Bürger in Momenten der Genervtheit ganz bequem einen Fluch buchen: „Womöglich bin ich reif für ?nen längeren Fluch-Versuch / Und mein Fluchziel ist der First-Class-Non-Stop-Fluch.“ Und einen solchen singen sie dann auch. Tenorkollege Lukas Teske wiederum sinniert über das Problem „Sex in der Ehe“: „Wir hatten früher Angst, es kommen Kinder dabei raus / Heute fürchten wir, sie kommen dabei rein.“
Um die letzten Dinge geht es auch. Um letzte Worte, genauer gesagt. Ob die tatsächlich jemals so gefallen sind. Denn wer denkt auf dem Sterbebett zuvörderst daran, noch schnell einen Aphorismus rauszuhauen? Dubios erscheint das dem Quartett, das aus diesem Zweifel mal eben eine astreine Fuge macht. Mit offenem Ausgang: „Und es war womöglich Wolfgang Goethes letzter Spruch: ,Huch?!'“
Und dann zaubern sie nach einer Knallernummer wie dem Parodien-Medley, als der Saal regelrecht tobt, plötzlich mit „Ich seh dich“ einen Moment vollkommener Intimität herbei. Eine Art Pop-Madrigal als Liebeserklärung: „Ein Sturm hat dich bewegt / Er traf dich hart, doch zerbrach er dich nicht / Nun, da er sich gelegt / Streich ich die Haare dir aus dem Gesicht.“ Das geht dann auch mal ganz ohne Mikrofon.
Die Zugabenwunschliste ist lang, sie kann nur teilweise erfüllt werden, glücklicherweise ist „Bohemian Rhapsody“ dabei, ein musikalischer Geniestreich, der der genialen Originalversion in nichts nachsteht.