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Schweinfurt
"Die Unbeugsamen" in Schweinfurt: Wie Politikerinnen bis heute kämpfen müssen
V.l.: Marietta Braum, Kreisvorsitzende der SPD, Maria Noichl, bayerische Europaabgeordnete und Bundesvorsitzende der SPD-Frauen und Marietta Eder, Kreisvorsitzende und stellvertretende Landesvorsitzende der Bayern-SPD.
Foto: Charlotte Wahler | V.l.: Marietta Braum, Kreisvorsitzende der SPD, Maria Noichl, bayerische Europaabgeordnete und Bundesvorsitzende der SPD-Frauen und Marietta Eder, Kreisvorsitzende und stellvertretende Landesvorsitzende der Bayern-SPD.
Charlotte Wahler
 |  aktualisiert: 18.03.2022 02:22 Uhr

Was heute als normal gilt, musste schwer erkämpft werden, so erinnert sich die bayerische Europaabgeordnete Maria Noichl, die auch Bundesvorsitzende von 140 000 SPD-Frauen ist. Bei der Filmvorführung von "Die Unbeugsamen" im KuK in Rahmen der Schweinfurtern Frauenwochen erzählte Maria Noichl von den heutigen Widrigkeiten, frauenpolitische Belange in der Politik zur Sprache zu bringen und von der Macht, diese durchzusetzen.

"Die Unbeugsamen", so heißt der deutsche Dokumentarfilm von Regisseur Torsten Körner, ist ein Porträt von Politikerinnen der Bonner Republik, der ebenso unterhaltsam wie erschütternd die damaligen Widrigkeiten zeigt. Von der ersten deutschen Ministerin Elisabeth Schwarzhaupt (CDU) Anfang der 60er Jahre über Hildegard Hamm-Brücher (FDP) und Renate Schmidt von der SPD, bis hin zu den Veränderungen der Politik durch den Einzug der Grünen ins Bonner Parlament zeigt der Film die Geschichte der Bundesrepublik von einer ungewohnten Perspektive, nämlich aus der Sicht von Frauen in der Politik.

Unfassbar und doch auch immer noch sehr gegenwärtig ist der Sexismus, gegen den die Frauen angehen mussten – und müssen. Chauvinisten, die sich unsägliche Sprüche erlauben konnten, wurden im Film ebenso lakonisch und selbstentlarvend gezeigt, sie sorgten für Gelächter im Publikum. Dennoch mussten die Politikerinnen der damaligen Zeit sehr genau darauf achten, sich diese Männer nicht zu Feinden zu machen, denn das bedeutete schnell den politischen Tod. Erst heute, auch durch die Me too-Bewegung werden solche Ungeheuerlichkeiten bewusst.

Von Einzelkämpferinnen zu mehr Solidarität und einer neuen Frauenbewegung

Zwischen dem Spruch "Keine Experimente" der Adenauer-Regierung und dem "Mehr Demokratie wagen" von Willy Brandt bewegten sich bis in die 70er Jahre die Frauen als Einzelkämpferinnen auch in der Politik. Dann begann eine Zeit der Solidarisierung und mit dem Aufblühen der Zweiten Frauenbewegung gelangen viele gesellschaftliche Neuerungen. Die Erkenntnis, "Gemeinsam sind wir stark!" führte zu einer neuen Sicht auch auf das Politische, der sich auch viele Männer anzuschließen begannen. Ein Beispiel war der Gedanke, dass Vergewaltigungen in der Ehe ein Straftatbestand sind.

Das Private ist politisch – diese Verwobenheit war in der Bonner Republik noch ein sehr ungewohnter Aspekt. Herrlich komisch und im Rückblick sensationell, wie die grünen Frauen Christa Nickels und Waltraud Schoppe diese neue Sprache, neue Sichtweisen in das Deutsche Parlament einbrachten. So gelassen und lakonisch, wie Schoppe über die Verhältnisse in deutschen Ehebetten sprach und dabei sehr deutlich das Politische daran offenbarte – und wie fassungslos die männlichen Mitglieder des Gremiums reagierten, ist das kaum irgendwo so elegant in Erinnerung gebracht worden wie in diesem mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm.

Nickels brachte zum Beispiel in der Debatte über die Verbrechen der Wehrmacht ihre Position als Tochter eines Wehrmachtsoffiziers zur Sprache und hob damit die demokratischen Grundlagen des parlamentarischen Miteinander Sprechens auf ein neues Niveau – das wiederum nicht wenige Männer des Gremiums verunsicherte.

Wie Frauen sich im Kalten Krieg für den Frieden engagiert haben

"So hat noch nie jemand im Deutschen Bundestag gesprochen," konstatierte Herta Däubler-Gmelin diese Aufbruchszeit. Viele Frauen engagierten sich in Zeiten des Kalten Krieges auch in der Friedensbewegung und zeigten aktueller denn je die Notwendigkeit, in waffenklirrenden Zeiten nach Wegen zu suchen, die aus der Kriegsspirale herausführen.

Mit über 122 000 Besucherinnen und Besuchern in den deutschen Kinos war der Film einer der erfolgreichsten Dokumentarfilme der letzten Jahre, besonders seit Wiedereröffnung der Kinos nach der Corona-Pandemie.

Martina Braum, SPD-Kreisvorsitzende und Marietta Eder, Kreisvorsitzende und stellvertretende Landesvorsitzende, freuten sich über das nach Corona-Maßstäben volle Kino. Gemeinsam mit Noichl wünschten sie sich eine Fortsetzung des Films mit all den zahlreichen Frauen in der Politik, die in der Folgezeit in der Berliner Republik mitwirkten.

 
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