
Die Methode schien genial und sie hat auch hervorragend funktioniert: Verwilderte Haustauben fangen und im Steigerwald wieder aussetzen. Über 400 Altstadttauben wurden auf diese Weise im Jahr 2015 aus der Stadt verbannt.
Mit Erfolg. Die Population in Gerolzhofen ging spürbar zurück. Etliche andere Kommunen scharrten als potenzielle Nachahmer schon mit den Hufen. Doch damit ist es inzwischen wieder vorbei. Bürgermeister Thorsten Wozniak bestätigt: „Schon seit Dezember 2015 fangen wir keine Tauben mehr und wildern sie auch nicht mehr aus.“
Taubenplage am Marktplatz
Dabei hatte man sich nach vielen vergeblichen Anläufen, der Taubenplage am und um den Marktplatz Herr zu werden, im Rathaus schon durch die Methode der Auswilderung auf der Zielgeraden gewähnt.
Bis dahin hatte das Veterinäramt die Aktion zwar kritisch beäugt, aber unter bestimmten tierschutzrechtlichen Empfehlungen konstruktiv begleitet. Auch mit der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt stand man in engem Kontakt.
Als rechtliche Handhabe für den Probelauf diente der Umstand, dass es sich um herrenlose Tauben handelte. Im Gegensatz zu vom Menschen gehaltenen Tieren, dürfen diese ausgewildert werden. Doch, wie heißt es so schön, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Schon im November habe die Stadt die Entscheidung ereilt, dass die Plagegeister zwar weiterhin gefangen, sowohl nach dem Bundes- als auch nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz „aus naturschutzfachlicher Sicht“ aber nicht mehr freigesetzt werden dürfen.
Gefährdung von Ökosystemen
Zur Begründung heißt es, „dass eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten nicht auszuschließen ist“. Angesichts der daraufhin drohenden kostenpflichtigen Ablehnung durch das Veterinäramt hat die Stadt mittlerweile ihren Antrag auf Auswilderung wieder zähneknirschend zurückgezogen.
Dazu Bürgermeister Thorsten Wozniak: „Wir sind eigentlich ein bisschen ratlos. Die Methode hat sehr gut funktioniert. Das haben auch die positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung gezeigt.“ Am Ende sei der Bestand bis auf eine Handvoll Pärchen zurückgedrängt gewesen.
Die Beobachtung treffe deshalb zu, dass die Taubenpopulation jetzt wieder zunehme, „aber längst nicht so wie zuvor“, sagt das Stadtoberhaupt. In der Tat halten die Tauben bei weitem nicht mehr markante Gebäude der Stadt wie die Stadtpfarrkirche, das Alte Rathaus oder den Weißen Turm, aber auch Privathäuser besetzt, wie dies vorher der Fall war.
Wie entwickelt sich die Taubenpopulation nun, was macht an Maßnahmen noch Sinn und was ist davon überhaupt händelbar? Das seien die Fragen, die nach dem Aus für die Auswilderung Bürgermeister, Stadtrat und Stadtbaumeister beschäftigen würden, so Wozniak.
Im Moment könne niemand der Stadt eine echte Lösung anbieten. Und Stadtbaumeister Jens Pauluhn beklagt: „Der Bundesgesetzgeber lässt uns komplett mit dem Problem allein und im Stich.“
An bestimmte Dächer gewöhnte Tauben ließen sich nicht umsiedeln, egal was dazu auch immer unternommen werde, so die Erfahrung von Pauluhn. Dabei sei bekannt, dass Tauben zu Schädlingen werden können, es sich also letzten Endes um Schädlingsbekämpfung handele. Dazu der Bürgermeister: „Auch ich möchte bei offenem Fenster keine Taube in meinen Bett haben.“
Betroffene Städte und Gemeinden wie Gerolzhofen wollen die Tiere aus zwei Gründen loshaben: Zum einen, weil ihr Kot stark ätzend ist und dadurch Schäden an den Gebäuden entstehen. Zum anderen aus hygienischen Gründen, denn die Tiere hinterlassen nicht nur jede Menge Kot und Schmutz, sondern gelten auch als Krankheitsüberträger.
Bürgermeister und Stadtbaumeister setzten jetzt auf das Prinzip Hoffnung. Thorsten Wozniak: „Vielleicht haben wir Glück und die Population verharrt auf deutlich niedrigerem Niveau als früher.“
Fütterungsverbot missachtet
Ein „ärgerliches Thema“ ist für Wozniak die Missachtung des strikten Fütterungsverbotes. Der Bürgermeister betont: „Wir sorgen für die Eindämmung der Population auf ein verträgliches Maß und andere füttern die Tauben.“
Die Kontrolle bekannter Stellen habe zwar nicht zur Überführung von Taubenfütterern geführt, aber dazu, dass sie ihr verbotenes Treiben zumindest an diesen Stellen eingestellt hätten. Man werde die Sache verstärkt beobachten, erklärt Wozniak. Er setzt dabei auch auf die aktive Unterstützung und Zivilcourage von Bürgern, um durch ihre Hinweise durchaus saftige Bußgelder verhängen zu können.
Der Plan zur Taubenauswilderung war aus dem Stadtbauamt gekommen und mit einer Falknerin aus der Region weiterentwickelt worden.
Daraufhin waren an mehreren Stellen der Innenstadt Taubenfangschläge aufgestellt worden. Auf deren Vorbauten war Futter ausgelegt. Folgte die Taube der Futterspur, gelangte sie durch ein Gittertürchen nach innen und war gefangen.
Waren genügend Tauben in den Käfigen zusammengekommen, holte sie die Falknerin ab, um sie im Steigerwald in freier Wildbahn auszusetzen. Bis zum Tag ihrer „Abschiebung“ versorgten Mitarbeiter des Städtischen Bauhofs die Tiere mit Futter und frischem Wasser.
Der Erfolg der „Taubenausbürgerung“ basierte vor allem darauf, dass nur wenige der ausgesetzten Tiere wieder in die Stadt zurückkamen. Das belegte die Überprüfung anhand der von der Falknerin vorgenommenen Beringung. Unter Tierschützern und Wildbiologen galt das Vorgehen indes von Anfang an als umstritten.
Nun muss die Stadt wieder nach anderen Möglichkeiten suchen.
Die mag diese Viecher.
Soll sie sie doch bei sich zuhause aufnehmen ...