Kunsthalle Einige Besucher werden sich gewundert haben, woher die gesprühte Banane am Eingang der Kunsthalle stammt. Angebracht hat sie Thomas Baumgärtel, der sie als Kunsttest, persönliches Gütesiegel für Kulturinstitutionen und als Schlüsselelement seiner Kunst nutzt. Ab 30. Juli widmet ihm die Kunsthalle eine Soloschau. Im Gespräch mit Kurator Jan Soldin verrät der Kölner Bananensprayer, was er vorhat.
Thomas Baumgärtel: Meine Kunst stammt ja nicht nur von der „Straße“. Ich habe erst viel gezeichnet, dann im Atelier gemalt, Druckgrafik gemacht und bin dann erst zur Street-Art gekommen. Meine Arbeit im Atelier war mir aber zu jeder Zeit sehr wichtig. Letztes Jahr hatte ich in Köln die Möglichkeit eine alte, riesige Industriehalle, die drei Jahre leer stand, ohne öffentliche Gelder in eine Ausstellungshalle zu verwandeln und mit 300 Werken von mir zu füllen. Da die Halle schwarz, dunkel, dreckig, kalt und schwer zu finden war, waren das optimale Voraussetzungen für eine Street-Art-Ausstellung. Mich reizt nun das Experiment, wie diese Werke in einem hellen, cleanen Museumskontext wirken werden. Ich habe anders als in Köln nur noch ein Fünftel der Fläche zur Verfügung, ich muss also selektieren und selektieren, bis die mir wichtigsten Werke übrig bleiben – was die Wirkung der einzelnen Arbeiten womöglich noch verstärken könnte. Ich bin gespannt!
Baumgärtel: Ich will aufzeigen, dass wir in Deutschland unsere eigene Sprüh- und Alltagskunst entwickelt haben die letzten 40 Jahre, die eng verknüpft ist mit unserer starken Demokratiebewegung und unserem Freiheitskampf. Wir müssen nicht immer nur in die USA oder nach Großbritannien schauen! Deshalb setze ich bewusst auf die Farben Schwarz, Rot und Gelb. Die Banane ist ja schon schwarz und gelb und sie ist eine zutiefst deutsche Frucht! Ich bin 1960 geboren in die Wirtschaftswunderzeit. Konrad Adenauer schaffte es, dass die BRD als einziges Land in der neu gegründeten EU zollfrei Bananen einführen konnte, wodurch wir in Westdeutschland einen Überfluss an Bananen hatten. Unser Nachbarland DDR träumte von einem Land, in dem man an jeder Ecke wie im Schlaraffenland Bananen bekommen könne. In der BRD entwickelte sich die Kunstfreiheit zu einem der stärksten Grundrechte. Es war erlaubt Kritik zu üben oder Regierende zu karikieren. So wurde Helmut Kohl als Birne dargestellt. Ich sagte immer, er sei „Banane“ und stellte ihn als Banane dar oder sprühte in aus vielen kleinen Bananen. Als er zum Schluss über seinen Finanzskandal stolperte, redete die ganze Welt von Deutschland, der Bananenrepublik. Jeder kennt die Bilder zum Mauerfall, als tonnenweise die Südfrucht in die DDR gebracht wurde und sie zum Symbol der Wiedervereinigung wurde. Die Spraybanane ist für mich Ausdruck meines Freiheitskampfes, einer Freiheit, die nicht selbstverständlich ist und die gegen die Feinde der Demokratie und die Feinde der Kunst- und Meinungsfreiheit verteidigt werden muss.
Baumgärtel: Klar! Fünf meiner 27 Einzelausstellungen dieser German Urban Pop Art-Tour konnten wir auf das nächste Jahr verschieben, in der Hoffnung, dass sich dann wieder mehr Menschen in die Museen trauen und man wieder richtige Vernissagen feiern kann. Werke zum Thema wird es auch geben, auch im Hinblick auf eine Ausstellung, die ich zum Thema in diesem Herbst in Hilden im Wilhelm-Fabry-Museum machen werde, das auf Kunst und Medizin spezialisiert ist.
Baumgärtel: Dadurch, dass ich auch viele Werkgruppen habe, die ohne die gesprühte Banane auskommen, kann ich immer wieder mit Freude die Spraybanane weiterentwickeln.
Die Ausstellung „Thomas Baumgärtel. German Urban Pop Art“ läuft vom 30. Juli bis 8. November in der Kunsthalle. Gleichzeitig ist passend dazu mit der „Edition Block“ und deren Künstlern wie unter anderem Joseph Beuys oder Wolf Vostell, auf den sich Baumgärtel in einer Arbeit bezieht, bis 16. August politische Kunst in der Galerie zu sehen. Infos zu Begleitveranstaltungen und -programme unter www.kunsthalle-schweinfurt.de. Geöffnet ist die Kunsthalle Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr.