„Das hat mir heute richtig gefallen“, schwärmt Hubert Drescher. Seit Jahren hat der Winzer die Ehre, die Sommeracher Gruppe beim Oktoberfest-Umzug anzuführen, das Schild der Weinbauern vom Max-Josephs-Platz ins Weinzelt auf der Wiesn zu tragen, bei der Eröffnung mit auf der Bühne zu stehen.
„Wir haben dir extra zwei tolle Blondinen an die Seite gestellt“, hat Organisator Wolfgang Engert noch am Morgen geflachst – und offenbar ins Schwarze getroffen: Sabrina Bischof, Tochter der Kitzinger Landrätin, und Melanie Blank, Freundin von Bürgermeister-Sohn Matthias Henke, winken und strahlen mit Routinier Drescher um die Wette.
„Es hat unglaublich Spaß gemacht. So viele Leute an der Straße, diese ganze Begeisterung, unvergesslich“, schwärmte Lehramts-Studentin Sabrina später im Festzelt. Auch Melanie war richtig happy: „Das würde ich sofort wieder machen.“
Das, was die Sommeracher seit 1984 Jahr für Jahr in München machen, ist beste Werbung in eigener Sache: Sie führen die prächtige Pferdekutsche der Familie Kuffler, die das Weinzelt betreibt, beim Festumzug an. Mit dabei haben die Franken von der Mainschleife Schilder, Butten und Reben sowie einen (mit Sommeracher Katzenkopf befüllten) Riesenbocksbeutel. „Bitte einen Silvaner“ ruft ein junger Zuschauer, hält sein Glas hin – und freut sich über die flüssige Gabe der Sommeracher.
Ein bärtiger Münchner, Typ altbayerisches Original, grantelt hörbar herüber. „Da schau her, wieder diese Franken mit ihrem sauren Wein.“ Schoppen auf einem traditionellen Bierfest, das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit, auch wenn sich das Weinzelt bei den Münchnern im Laufe der Jahre zum Geheimtipp gemausert hat. „Als wir 1984 ins Zelt eingezogen sind, waren da außer uns, der Kapelle und dem Personal vielleicht noch 50 Gäste“, erinnert sich Bürgermeister Elmar Henke.
Heute müssen schon vor der offiziellen Eröffnung, bei der Henke den ersten Schoppen an Wirtin Doris Kuffler überreicht, die Eingänge geschlossen werden – die Plätze sind lange vorbestellt, das Zelt rappelvoll.
Schon auf der Busfahrt hat der Mann auf die Dimension des größten Volksfests der Welt verwiesen: „2011 waren 6,9 Millionen Besucher auf der Wiesn. Dazu müssten alle Sommeracher 5000 Mal aufs Oktoberfest“ rechnet er vor. Demnach müsste Weinprinzessin Franziska Heidrich noch 4998 mal nach München, die vor einem Jahr ihre Premiere hatte. Das Oktoberfest mit dem Einzug der Wiesnwirte sei ein echter Höhepunkt ihres Ehrenamtes, sagt sie. „Diesmal kannte ich die Abläufe, deshalb war es viel entspannter.“ Trotzdem gibt sie zu, „bin ich ganz froh, dass ich auf der Bühne vor der Kulisse nichts sagen muss.“
„Es war wieder a schönna Wiesn“ – darin sind sich am Abend bei der Rückfahrt die rund 50 Sommeracher einig, singen Ingrid Leicht zum 65. Geburtstag und zu ihrem 25. Wiesn-besuch ein Ständchen.
Ob Hubert Drescher 2013 tatsächlich nicht mehr das Schild trägt, die Aufgabe an seinen Enkel Marius (13) überträgt – wer weiß. So wie der Mann diesmal gestrahlt hat, könnte er vielleicht doch noch mal ins Grübeln geraten.