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SCHWEINFURT
Die Schule als Berufsvorbereiter?
Praktika machen – der beste Weg für Schüler, ihre Fähigkeiten auszuloten und den richtigen Beruf zu finden. Das ist das wesentliche Ergebnis einer Diskussion in den Rathenau-Schulen. Im Bild: Blick ins SKF-Ausbildungszentrum am Tag der offenen Tür 2016.
Foto: Guido Chuleck | Praktika machen – der beste Weg für Schüler, ihre Fähigkeiten auszuloten und den richtigen Beruf zu finden. Das ist das wesentliche Ergebnis einer Diskussion in den Rathenau-Schulen.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:00 Uhr

Neu ist die Fragestellung nicht: „Schule als Mittler zwischen persönlicher Entwicklung und beruflicher Anforderung.“ Zu diesem Thema diskutieren Wirtschaftsvertreter, Lehrer, Schüler und Eltern in der Rathenau-Mensa. Das Ergebnis nach zwei Stunden war vorhersehbar: Die Schule allein kann's nicht richten. Schüler und Eltern müssen eigenengagiert das Ihre dazu beitragen, so wie die Betriebe der Region.

Offene Türen - Ferienwerkstatt

Dabei verweisen die Diskutanten am Podium auf bewährte Instrumente wie etwa die Tage der offenen Tür in Großbetrieben, die sehr gut besucht würden; die Ferienwerkstatt der Handwerkskammer, für die das ebenso gelte; die obligatorische Praktikumswoche in Betrieben, von der viele Schüler allerdings berichten, das Beste daran sei gewesen, erfahren zu haben, was man nicht will. Aber das sei ja etwas.

Die „Schrauber“ sterben aus

„Wir müssen viel in die Ausbildungs reinstecken, und die Azubis müssen viel einbringen“, sagt SKF-Ausbildungsleiter Jürgen Stürzenberger. Absolventen von Schulen mit technischem Zweig brächten einige Fähigkeiten für Berufe wie den Industriemechaniker mit. Die „Praktiker“ von früher, die vor dem Internetzeitalter zu Hause an Mopeds und Fahrrädern schon herumgeschraubt hätten und daraus Wissen und Fähigkeiten mitgebracht hätten, „die sind aber am Aussterben“.

Junge Leute mit Selbstbewusstsein

„Für die Ausbildung sind wir zuständig“, sagt Johannes Rieger, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Schweinfurt. Von den Schülern, die Banker werden wollen, erwartet er ein Grundwissen und vor allem Talent für den Beruf: „Persönlichkeit, Kontaktfähigkeit, junge Leute mit Selbstbewusstsein, die mit Freude auf Menschen zugehen, auch wenn sie mit Beschwerden kommen.“

Der erste Kampf geht gegen die Eltern

„Unseren ersten Kampf kämpfen wir gegen die Eltern“, sagt Kreishandwerksmeisterin Margit Rosentritt. „Bäcker? Friseurin? Das Kind soll Abitur machen.“ Handwerksberufe seien vielen nicht gut genug, dabei böten sie gute Aufstiegschancen. Die Anforderungen seien anspruchsvoll: „Ab dem ersten Tag steht man im Kundenkontakt, muss sich ausdrücken und benehmen, auch behaupten können, eine solide Allgemeinbildung sei auch von Vorteil. Diese Fähigkeiten zu formen, sei nicht allein Aufgabe der Schule. Margit Rosentritt zitiert ein afrikanisches Sprichwort: „Das ganze Dorf ist für die Erziehung der Kinder zuständig.“

Für die wichtigen Tugenden sind alle gefordert

Das greift Schulleiter Ulrich Wittmann gern auf. Allgemeine Werte und Verhaltensweisen wie Höflichkeit, Benehmen, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit seien in Schule und Betrieb wichtige Eigenschaften. Die Schule allein könne diese nicht vermitteln. Aber: Um praktische Fähigkeiten wie „Schrauben am Fahrrad“ zu lehren, fehle der Schule die Zeit. Und: Neben der vorgeschriebenen Schulpraktikumswoche in der neunten Klasse sei es an den Jugendlichen (und Eltern) selbst, initiativ zu werden und etwa in den Ferien weitere Praktika zu absolvieren.

Seit Jahren werden Fachkräfte knapp

„Seit vielen Jahren gehen wir auf einen Fachkräfteengpass zu“, sagt Max-Martin Deinhard, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK. Manche Betriebe bekämen gar keine Azubis mehr, diese „gehen an die höhere Bildung verloren“. 140 Ausbildungsberufe böten Unternehmen in Mainfranken, „die meisten sind den Leuten unbekannt“. Deinhard wünscht sich von der Schule, dass sie den Jugendlichen rechtzeitig hilft, ihre Fähigkeiten zu entdecken.

„Woher sollen 16-Jährige wissen, wo ihre Fähigkeiten liegen?“, fragt Norbert Steiche, Journalist des Bayerischen Rundfunks, der die Veranstaltung moderiert. Dazu kann Lena Meißner etwas beitragen, Industriekauffrau, Ex-Weinprinzessin. „Work and Travel“ findet sie nicht schlecht. Jugendliche müssten einfach ausprobieren können, was das Richtige für sie ist – durch Praktika.

Praktika machen - und auf jeden Fall durchziehen

Dafür gibt es viel Zuspruch – sowohl vom Podium, als auch aus dem Publikum. Eine Schülerin hat drei Praktika hinter sich. Das einwöchige Pflichtpraktikum über die Schule alleine halten viele für zu wenig. „Offen sein, das Praktikum auf jeden Fall durchziehen“, sagt eine Schülerin, „auch wenn das Ergebnis ist, es ist nichts für mich.“ „Probieren geht über studieren“ lautet ein altes Sprichwort, das an diesem Abend als aktueller denn je erscheinen muss. Nicht zuletzt müssten die Schüler selbst mitmachen (Steiche: „In die Puschen kommen“) und Praktika nicht nur absitzen, die Eltern dahinter sein, die Schule fördern und die Betriebe Angebote machen – was längst auch geschieht. Ein Tipp noch vom IHK-Vertreter: „Suchen Sie sich für Praktika Betriebe aus, die selbst auch ausbilden; die haben qualifizierte Leute, die sich um Praktikanten auch kümmern.“

 
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