Kabarettist Michl Müller hat die "Sonne im Herzen", und ganz manchmal "scheint sie ihm sogar aus dem Arsch" – beim Kultursommer 2021 in Schweinfurt leider nicht. Es goss zumindest am Donnerstag in der ersten Hälfte seines neuen Programms "Verrückt nach Müller" in Strömen. Dem Spaß auf dem ausverkauften Kessler Field tat das augenscheinlich keinen Abbruch.
Die "Schönsten von Schweinfurt" waren (diesmal auf Einladung der "Disharmonie") trotzdem gekommen; gut gerüstet mit "Kronjuwelen", Anti-Brumm, Regencapes und Decken trotzten sie dem Sommer, den es an diesem Abend nur mit dem Zusatz Kultur gab.
Dem Müllers Michl war das wurscht; wie gewohnt palaverte sich der fränkische "Dreggsagg" aus dem "Königreich Garitz" (KG), wie sein Nummernschild verrät, mit bodenständigem Humor durch zweieinhalb Stunden Programm.
"Locker, leicht, unbeschwert und frei" schon der Auftakt; der Kabarettist war mehr als froh, nach einem Jahr endlich wieder auf der Bühne zu stehen und noch dazu da, wo man ihn versteht. Die Gags sprudelten nur so in einer Mischung aus kleinen und großen Absurditäten des Lebens, vom sinnlosen Thermomix-Abend per Videoschalte über das Waldbaden bis hin zu einer Bildungsministerin, die tatsächlich auch in Schweinfurt keiner kannte, weil sie so unauffällig ist, wie ein "Popel an der Raufasertapete".
Michl Müller war in Corona nicht untätig, hatte aber einiges und dabei nicht nur seine selbst genähte "Unterhosen-Maske mit Naseneingriff" zu verarbeiten. Beim Laufen – wie er seine diversen Spaziergänge sportlich beschreibt – sind viele neue Songs entstanden; sechs "Liebeslieder" haben es ins neue Programm geschafft, wie die Hommage an seine Unterhose, den Akkuschrauber und das Bügelbrett. Man merkt: der arme Mann trägt schwer am "Homeoffice" und dem Leben zwischen früher, da meint er vor Corona, und heute.
Mit Hansis Jod-S11-Körnchen, Flutschfinger und Ed vom Schleck provoziert er bildliche Kindheitserinnerungen hervor; fast spüren die vor 1990 Geborenen – und da gibt es im Publikum wahrlich viele – die Riesenbeule und das authentisch mütterliche "Steht nix ab, bluat nix, stell di ned so an – mach weiter", das Müller da besingt.
Dazu hat er sein Haus kernsaniert, ein Großteil des Programms zirkelt um den neuen "Garitzer Wallfahrtsort" und trifft damit ins Schwarze, gibt es doch wohl kaum einen Haushalt, der sich in den letzten eineinhalb Jahren nicht eine Renovierung gegönnt hätte. Das Gros im gut gelaunten Publikum weiß also sehr genau, wie schwierig "Mörtel, Dübel und Boschhammer" mit einem unkonventionellen, weil esoterisch durchgeknallten Architekten unter einen Hut zu bringen sind und warum die Einweihungsfeier ganz realistisch erst 2030 stattfinden wird.
Zum Ende hieß es dann: "Raus mit den Feuerzeugen", als Müller mit "Spießbratenbrödel" zu später Stunde einen letzten Blues anstimmte und dann das begeisterte Publikum nach einem wilden Zugabe-Medley mit einem ganz uneigennützigen Rat nach Hause schickte: "Lasst euch nicht verrückt machen, seid lieber selbst verrückt – am besten nach Müller".