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Gerolzhofen
Die Rückkehr des Wolfes
In den vergangenen Wochen sind keine mutmaßlichen Sichtungen eines Wolfs in der Region Gerolzhofen mehr bekannt geworden. Das Tier scheint weitergezogen zu sein.
Einst galten sie als ausgestorben, jetzt wandern vom Osten her immer mehr Wölfe zu.
Foto: Getty Images | Einst galten sie als ausgestorben, jetzt wandern vom Osten her immer mehr Wölfe zu.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 29.02.2024 15:36 Uhr

Was gibt es Neues beim Thema Wolf? In den vergangenen Wochen sind keine mutmaßlichen Sichtungen eines Wolfs in der Region Gerolzhofen mehr bekannt geworden. Das Tier - wenn es sich denn tatsächlich um einen Wolf gehandelt hat - scheint weitergezogen zu sein. Aktuell gibt es allerdings Hinweise auf einen Wolf im Raum Priesendorf im östlichen Steigerwald, gut 20 Kilometer Luftlinie von Gerolzhofen entfernt. Und in einem Wald bei Oberhaid wurde am 13. März 2019 ein Tier fotografiert, das von Experten jetzt eindeutig als Wolf identifiziert wurde.

Einst galt der Wolf in Deutschland als ausgestorben. Doch seit etwa zwanzig Jahren hat sich aus einzelnen zugewanderten Tieren eine stabile Population entwickelt. Das Kernvorkommen liegt nach wie vor in der sächsischen Lausitz.  Wolfspaare und standorttreue Einzeltiere wurden inzwischen auch in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen nachgewiesen. In Bayern leben standorttreue Wolfspaare inzwischen im Nationalpark Bayerischer Wald, auf dem Truppenübungsplatz bei Grafenwöhr und im Veldensteiner Forst. Einzelne Wölfe können auch in Unterfranken jederzeit zu- oder durchwandern. Junge Rüden verlassen ihr Rudel und wandern auf der Suche nach einem eigenen Territorium oft mehrere hundert Kilometer, bis zu 50 Kilometer am Tag.

Wolf-Datenbank

Die Behörde, die das Thema Wolf im Freistaat Bayern federführend regelt, ist das Landesamt für Umwelt (LfU). In der Außenstelle der Behörde in Hof laufen alle Informationen zusammen. Man hat dort eine große Datenbank angelegt, wo alle Sichtungen, Hinweise und konkrete Nachweise auf die Existenz eines Wolfs eingetragen werden. Die Datenbank, die auch im Internet öffentlich einsehbar ist, ist in drei Kategorien eingeteilt: In der Kategorie C 1 ("hard facts") sind konkrete und bestätigte Wolf-Nachweise gelistet, die beispielsweise durch einen Totfund, durch genetische Nachweise, eindeutige Fotos oder Telemetrie-Ortung belegt sind. Die Kategorie C 2 ("soft facts – confirmed") listet bestätigte Hinweise auf das Auftreten eines Wolfs auf. Diese Hinweise müssen allerdings durch eine erfahrene Person anhand von gerissenem Wild oder einer Spur verifiziert worden sein. Die schwächste Kategorie ist C 3  ("soft facts – unconfirmed"): Hier sind Hinweise und Beobachtungen, meist aus der Bevölkerung, abgelegt, die aber im Nachhinein nicht überprüft wurden und in der Regel auch nicht überprüfbar sind.

Der Wolf, der am 13. März bei Oberhaid fotografiert wurde, wurde jetzt in der Kategorie C 1 abgelegt. In der gleichen Kategorie finden sich bereits sieben Wolf-Nachweise aus der Rhön im Landkreis Rhön-Grabfeld. Durch genetische Untersuchungen von Speichel an gerissenen Tieren konnte eindeutig das Auftreten von Wölfen nachgewiesen werden. In einem Fall, es handelt sich um ein weibliches, inzwischen standorttreues Tier im Raum Unterelsbach, ist es sogar gelungen, über den Kot anhand einer Genetik-Datenbank zu ermitteln, dass die Fähe von einem Rudel in Storkow im Bundesland Brandenburg abstammt.

Gerolzhofen nicht gelistet

Für den Raum Gerolzhofen sind in der Wolf-Datenbank in allen drei Kategorien noch keine Einträge vorhanden, sagt Claus Hensold, Pressesprecher des Landesamts für Umwelt auf Anfrage dieser Redaktion. Der nächstgelegene Eintrag stammt aus Priesendorf im Steigerwald, quasi eine halbe Wolf-Tagesreise von Gerolzhofen entfernt. Eine mutmaßliche Wolf-Sichtung dort hat die Behörde unter C 3 abgelegt. 

Ertappt: Dieser Wolf wurde jetzt im Wald bei Oberhaid von einer Wildtierkamera aufgenommen.
Foto: LFU | Ertappt: Dieser Wolf wurde jetzt im Wald bei Oberhaid von einer Wildtierkamera aufgenommen.

Die angeblichen Begegnungen mit einem Wolf, die im vergangenen Herbst mehrfach im Raum Gerolzhofen bekannt geworden waren und über die diese Redaktion auch mehrmals berichtet hatte, sind nicht beim LfU gemeldet und deswegen dort auch nicht in die Kartei aufgenommen worden. Dabei hatten vor gut einem halben Jahr gleich mehrere Personen sich überzeugt gezeigt, einen Wolf in der Flur bei Gerolzhofen gesehen zu haben, beispielsweise Spaziergängerinnen zwischen Rügshofen und Dingolshausen und ein Gartenbesitzer in der Nähe des Schallfelder Walds. Auch von Förstern, Jägern und Landwirten hatte es mehrere Hinweise auf gerissene Rehe in Wald und Flur gegeben, wo es aufgrund des Zustands der Kadaver nicht auszuschließen war, dass die Rehe nicht einem streunenden Hund, sondern einem Wolf zum Opfer gefallen waren. Die Fundorte lagen im Mahlholz sowie beim und im Hörnauer Wald.

Keine Fotos auf der Wildkamera

In den vergangenen Wochen sind keine auffälligen Sichtungen mehr bekannt geworden. Der Wolf scheint weitergezogen zu sein. Dies bestätigt aktuell auch der Jäger aus Gerolzhofen, der schon im März 2017 zwischen Kartbahn und Lindelachshof die Reste eines gerissenen Rehs gefunden hatte. Bei dem Tier sei der Bauchraum komplett leergefressen und die Luftröhre herausgerissen gewesen. Außerdem sei ein Schlegel und ein Blatt (die Schulter) gefressen gewesen, erinnert sich der Mann. Der Jäger berichtet in dem Gespräch mit der Redaktion jetzt von einer weiteren Wolf-Sichtung, die bislang noch nicht bekannt war: Bei der letztjährigen Raps-Ernte auf einem Acker unterhalb des Aussiedlerhofs Braun sei ein Wolf vor dem herannahenden Mähdrescher geflüchtet. Offenbar hatte sich der Wolf in dem Rapsacker versteckt gehalten. Momentan gebe es aber keine Hinweise mehr auf die Anwesenheit eines Wolfs. "Auch auf den aufgehängten Wildkameras war bislang nichts zu sehen", sagt der Waidmann. 

"Der Artenschutz greift"

Wo sich der und die Wölfe aus Priesendorf oder Oberhaid derzeit aufhalten, ist angesichts ihrer Wanderungen völlig unklar. Vielleicht in den weiten Wäldern des Steigerwalds? "Ob der Wolf bleiben wird, oder ob es sich um einen Durchzügler handelt, ist ebenso ungewiss wie die möglichen Auswirkungen auf Wild und Weidetiere oder wohin ihn sein nächster Weg führt", sagt Monika Göhr, Pressesprecherin des Landratsamtes Haßberge, auf Anfrage. Das Landratsamt Haßberge, und hier speziell die Untere Jagdbehörde und die Untere Naturschutzbehörde, habe keine Erkenntnisse über den Verbleib des im Oberhaider Wald gesichteten Wolfs. "Grundsätzlich ist wohl ein vorsichtiges, distanziertes und wachsames Abwarten auf weitere Hinweise geboten", schreibt Göhr.

"Die Sichtung eines Wolfes ist ein Beleg dafür, dass der Artenschutz greift. Es gibt keinen Grund zur Panik", lässt der Bamberger Landrat Hans Kalb über eine Pressemitteilung seiner Behörde verlauten. Nach seinen Angaben sei zu erwarten gewesen, dass der Wolf irgendwann auch in diese Region kommt. Nun werde "vernünftig und ohne Hektik" der Aktionsplan Wolf des Landesamtes für Umwelt abgearbeitet. Wölfe seien von Natur aus vorsichtig und wichen Menschen aus, teilt das Bamberger Landratsamt mit. Beim Anblick von Menschen ergreife ein Wolf nicht immer sofort die Flucht, sondern ziehe sich oft langsam und gelassen zurück.

Das Landratsamt Haßberge weist vorsorglich gleich noch darauf hin, dass der Wolf nicht dem Jagdrecht unterliegt. Er ist also kein jagdbares Wild im Sinne des Gesetzes. Obwohl es durchaus starke Berührungspunkte zum Jagdrecht gebe, sei hier vor allem das Naturschutzrecht einschlägig.

 
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  • g. r.
    Vielleicht ist es rein zufällig mit einem schnellen Metallteil kollidiert ...
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  • J. N.
    Das war auch mein erster Gedanke...
    Wer will das kontrollieren? Ich vermute mal, sowas kommt öfter vor, als man weiß...
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