Kein Bieranstich, keine Festumzüge, keine Livemusik: Es ist eine gefühlte Ewigkeit her, dass die Bürgervereine ihre Stadtteilkirchweihen ausrichteten. In diesem Sommer wagen sie einen Neustart. Aber noch kehren nicht alle Feste zurück, was allerdings weniger mit der Pandemie zu tun hat.
Die Freude war riesig an der Eselshöhe, als der dortige Bürgerverein am 18. Juni seine Kirchweih eröffnete. Fast auf den Tag genau drei Jahre nach dem letzten Fest durften die Vereinsmitglieder wieder die Bierbänke im Hof des Kindergartens aufbauen und zwei Tage die Bevölkerung zum Feiern einladen. Die erste Stadtteilkirchweih 2022 kam bestens an. "Wir sind mehr als zufrieden", antwortet 1. Vorsitzender Norbert Ploner auf die Frage nach dem Besuch. Er hatte das Gefühl, die Leute seien "gierig" gewesen, wieder feiern zu können.
Es ist nicht die einzige Kirchweih, die ein Revival erlebt. Am Wochenende richtete der Bürgerverein Altstadt sein Fest an der Stadtmauer am Unteren Wall aus. Auch hier freute man sich, dass das Traditionsfest stattfinden konnte. Und es ist nicht das Letzte in diesem Sommer: Es folgen in gewohnter Weise im Wochenrhythmus die Kirchweihen in der Gartenstadt im Biergarten der Gaststätte Löwenzahn (16. bis 18. Juli), am Klingenbrunn auf dem Gelände des Sportclubs 1900 (23. bis 25. Juli) und am Bergl auf dem Berliner Platz (30. Juli bis 1. August).
In Oberndorf richtet der TVO ein viertägiges Fest aus
Der Bürgerverein Bergl wird sein Fest wie bisher veranstalten. Dabei will man auch der im Februar überraschend verstorbenen Vorsitzenden Renate Walz gedenken. "Die Kirchweih war ihr Baby", sagt Stellvertreterin Birgit Steigerwald, die den Verein derzeit führt. Im Stadtteil Oberndorf gibt es ebenfalls eine Kirchweih, die allerdings nicht von einem Bürgerverein, sondern vom Sportverein TVO ausgerichtet wird. Die Planungen laufen für das viertägige Fest, das am 2. September beginnt, "sofern es bis dahin keine Einschränkungen gibt", informiert Hans-Peter Hepp.
Der Sprecher der acht Bürgervereine, Martin Geitz, weiß um die Freude, aber auch um die Notwendigkeit, dass die Feste wieder stattfinden. "Bei einigen Bürgervereinen haben sich die beiden Jahre ohne Kirchweih und mit wenigen sonstigen geselligen Veranstaltungen schon bemerkbar gemacht. Wir sind aber zuversichtlich, dass es uns gelingt, die Mitglieder wieder für die aktive Mitarbeit zurückzugewinnen und im nächsten Jahr wieder alle Bürgervereine dabei sind."
Zwei Stadtteilkirchweihen wurden erneut abgesagt. Die Bürgervereine Gemeinde Zürch und Deutschhof sahen sich nicht imstande, ihre Feste im Juni auszurichten. Ausschlaggebend für die Absagen sind Baustellen auf den beiden Festarealen. Im Stadtteil Zürch wird derzeit das Baudenkmal in der Burggasse 17 saniert. Der Verein will aus diesem Grund ein neues Stell- und Ablaufkonzept erstellen, hieß es in der Mitgliederversammlung. Baumaßnahmen im Wildpark, wo alljährlich das Deutschhoffest stattfindet, zwingen den dortigen Bürgerverein ebenfalls zur Verschiebung auf das nächste Jahr.
Ausgefallen ist zudem das Walpurgisgericht im Pfister-Park an Fronleichnam. Der Bürger- und Kulturverein Oberndorf veranstaltet seit über 20 Jahren dieses mittelalterliche Fest anstelle einer Kirchweih. Die Absage hatte in diesem Fall einen anderen Grund: Es fehlen ehrenamtliche Helfer für ein Fest dieser Größe. "Wir brauchen junge Leute", appellierte die Vorsitzende Marianne Prowald damals. Immerhin konnte der 260 Mitglieder große Verein seinen 25. Geburtstag im Juni feiern.
Nachwuchs gesucht
Das Problem mit dem fehlenden Nachwuchs haben im Prinzip alle Bürgervereine seit längerer Zeit. Einige versuchen neue Wege zu gehen, um jüngere Mitglieder für sich zu gewinnen. Im Bürgerverein Gartenstadt hat sich vor drei Jahren eine Jugendgruppe (BGJ) gegründet, mit über 20 jungen Leuten im Alter zwischen 16 und 30 Jahren. "Wenn wir nicht die tatkräftige Unterstützung unserer Jugendgruppe hätten, ständen wir ganz schön auf dem Schlauch", meint 2. Vorsitzende Birgit Umhöfer und freut sich über deren Mithilfe bei der Kirchweih.
Der Bürgerverein Klingenbrunn setzt ebenfalls auf eine "Verjüngung", und zwar seines Kirchweihprogramms. An zwei Tagen sind rockigere Klänge zu hören – es spielen dann die Bands "Heart Rock" (23. Juli) und "High Five" (25. Juli); am Festsonntag wird weiterhin Blasmusik vom Musikverein Untertheres zu hören sein; ebenso hält man am Festumzug mit den Ehrengästen am Nachmittag und den abendlichen Lampionumzügen für die Kinder fest. Ein weiteres Novum ist die Cocktailbar und "Happy Hour". Und erstmals wird ein Festzelt aufgebaut. Weil nach dem Neustart einige ältere Mitglieder nicht mehr mithelfen können, wird zwei Tage früher als bislang mit den Arbeiten auf dem SC 1900-Festgelände am Gottesberg begonnen, um alles rechtzeitig stemmen zu können.
In der Gartenstadt verfolgt man ein ähnliches Konzept, mit Rockmusik am Samstag- und Montagabend (Heart Rock am 16. Juli und Little Sun am 18. Juli). Am Sonntag spielt nachmittags die "Fränkische Trachtenkapelle Dürrfeld" und es findet der traditionelle Umzug durch den Stadtteil statt, bevor abends "Mac Daniel’s" für musikalische Unterhaltung sorgt. Der Festsonntag beginnt um 10 Uhr mit einem Weißwurstfrühstück, am Montag geht es um 14 Uhr mit Kaffee und Kuchen los. Wie üblich spendet der Bürgerverein aus seinen Einnahmen einen stattlichen Betrag der Gartenstädter Jugend.
"Wir freuen uns, wenn sich jüngere Menschen wieder mehr in den Bürgervereinen engagieren und hoffen mit unseren Kirchweihen diese ansprechen zu können. Vielleicht kann ich ein Beispiel sein", sagt der mit seinen 38 Jahren für Bürgervereinsverhältnisse noch recht junge Martin Geitz. Der Sprecher der Bürgervereine hat vor zwei Jahren die Klingenbrunn-Führung von seinem langjährigen Vorgänger Werner Pfister übernommen. Nicht nur die Geselligkeit, sondern auch den Zusammenhalt sieht er als Stärken. Wenn es personell mal eng werde, dann helfe man sich gegenseitig aus. So blickt er zuversichtlich in die Zukunft. Ein Ende der Feste in den Stadtteilen kann er sich gar nicht vorstellen. "Was wäre Schweinfurt ohne Kirchweihen und ohne seine Bürgervereine!"