Grafenrheinfeld – Floskel, Lügen, Plattitüden – wer immer wieder dasselbe sagt, hat noch lange nicht recht, auch wenn Kabarettist Max Uthoff das via Megaphon gleich mehrfach – natürlich ironisch – verkündete. Mit seinem aktualisierten Soloprogramm „Gegendarstellung“ gastierte der 50-Jährige, der deutschlandweit bekannt wurde durch die ZDF-Anstalt, in der gut besuchten Grafenrheinfelder Kulturhalle.
Uthoff ist kein bequemer Unterhalter, keiner, der die Spaßgesellschaft bedient, bis alle sich brüllend auf die Schenkel klopfen, sondern einer, der Missstände anprangert, bis der Atem stockt und es so richtig weh tut. Nicht selten bleibt einem das Lachen im Hals stecken angesichts des schonungslosen Spiegels, den einem dieser spitzzüngige Herr im schwarzen Anzug vor die eigene Nase hält.
Gemeinsam mit dem Publikum stellt sich Uthoff im kaleidoskopischen „Restaurant des Westens“ den Obszönitäten der Welt. Uthoff ist nicht wählerisch im politischen Rundumschlag, der Realitätsverlust ist in der deutschen Parteienlandschaft überall gleichermaßen groß. Im Stakkato feuert er seine rhetorisch brillanten, blitzgescheiten Betrachtungsweisen über Neoliberalismus, Kapitalismus, Fake-News und scheinheilige Frömmigkeit ab.
Seinen 50. Geburtstag hat ihm im vergangenen Jahr die AFD mit ihrem Einzug in den Bundestag versaut, dazu – wie im „Horrorfilm“ – die Auferstehung der FDP aus dem Leichenschauhaus und der bizarre Koalitionsvertrag, den die SPD nun als großen sozialdemokratischen Wurf verkauft. „Alles hat ein Ende, nur die Gier hat keins“, überall werden Werte und Überzeugungen über Bord geworfen, da passen die „Haltungsschäden“ bei der Bundeswehr genauso wie Merkels Pragmatismus, die SUV-fahrenden Grünenwähler der „Generation Milchschaum“ und die Linken, die Rufmord als natürliche Todesursache betrachten. Einzig der „Borderliner“ aus dem Weißen Haus ängstigt den Münchner nicht, denn wer so „twittert, merkt sich den Code für den Atomknopf sowieso nicht“.
Max Uthoff wird liebend gerne zutiefst persönlich, nur den neuen bayerischen Ministerpräsidenten kriegt er inhaltlich nicht, obwohl er den an „Arroganz und Kälte unübertroffenen Gast“ schon als studentische Servicekraft bedient hat. Glücklicherweise gibt es in der CSU noch andere Premium-Prachtexemplare wie Scheuer, den Vollverkabelten mit den drei Funktionen „kläffen, Speichel lecken, Stöckchen holen“ und das CDU/CSU-Dream-Team Merkel und Seehofer als „Good Cop“ und „Bad Cop“.
Von der EU-Sparpolitik kommt Uthoff zur Finanzkrise und Griechenland, zur irrationalen Theorie der rationalen Erwartung und schließlich zum „Feind der sozialen Marktwirtschaft, dem Arbeitslosen“ und dem menschenverachtenden Hartz IV-System. „Misstrauen sie denen, die Armut relativieren“, plädiert er ans Publikum. Oft gibt es spontanen Szenenapplaus für die bitteren Wahrheiten, die nicht selten erst durch die Metapher Uthoffs vor dem geistigen Auge erschreckende Gestalt annehmen. Zum Ende des Programms fährt Uthoff die Stimmung nochmal gehörig in den Keller, stellt hoteleigene „Dog-Pools“ den im Meer ertrinkenden Flüchtlingen gegenüber und den schlechten Verdienst einer Krankenschwester in Frage. „Sie wissen das alles“ sagt Uthoff in die Runde, resultiert doch seine kabarettistische Daseinsberechtigung auf diesen unbequemen Wahrheiten, denen sich das Publikum an diesem glänzenden messerscharfen Kabarettabend ganz freiwillig gestellt hat.