Seit über 20 Jahren ist Sonja Müller aus Gochsheim aktive Amphibienschützerin. Jedes Frühjahr bringt sie mit weiteren Mitgliedern der Gochsheimer Ortsgruppe des Bund Naturschutzes Kröten, Frösche, Molche & Co. an den Spitalholz-Teichen zwischen Gochsheim und Grafenrheinfeld, in der Nähe des Flugplatzes, sicher über die Straße. Die ehrenamtlich Tätigen retten damit vielen Amphibien das Leben. Doch angesichts der seit Wochen anhaltenden Dürre fürchtet die Tierschützerin: Viele Amphibien sterben gerade, weil ihr Lebensraum wortwörtlich vertrocknet. Vor dieser Gefahr kann sie die kleinen Tiere, anders als beim Straßenverkehr, nicht bewahren.
"Ich gehe von einem ganz massiven Einbruch der Zahlen aus", sagt Müller im Gespräch mit dieser Redaktion mit Blick auf das kommende Frühjahr. Bis in das Jahr 2005 reicht die Statistik zurück, in der Müller und ihr etwa 15-köpfiges Team an Helferinnen und Helfern alle Amphibien sorgfältig notiert haben, die sie im Frühjahr an den Schutzzäunen entlang der Spitalholz-Teiche eingesammelt und über die Straße gebracht haben. Besonders ein Wert macht ihr Sorge: der aus dem Jahr 2019.
Damals, nach dem vorangegangenen Trockenjahr 2018, zählten sie knapp 3300 Amphibien, die vom Wald zu den Laichgewässern wanderten. Das war nur etwas mehr als die Hälfte der Amphibien, die sie im Frühjahr 2018 registriert hatten. Im Frühjahr 2020 waren es dann nicht einmal mehr 3000 Tiere, im Frühjahr 2021 dann wieder fast 3300 und in diesem Frühjahr erneut knapp unter 3000.
Die Zahl der bei Gochsheim registrierten Amphibien schwankt
Sollte sich die Amphibien-Zahl nach der diesjährigen Trockenheit im Frühjahr 2023 erneut so drastisch reduzieren wie nach dem trockenen Jahr 2018, dann wäre dies ein heftiger Rückschlag für die Amphibienpopulation. Diese hatte sich nach dem Jahr 2005, als nur knapp 1500 Tiere registriert wurden, trotz mancher Rückgänge im Trend deutlich nach oben bewegt. In der Spitze reichte die Zahl registrierter Amphibien an den Gochsheimer Teichen im Jahr 2012 auf über 7800. Im Jahr 2017 waren es immerhin nochmals 6600.
Doch nicht nur die Gesamtzahl der Tiere ist entscheidend. Es kommt auch auf deren Verteilung zwischen Weibchen und Männchen an, die die Amphibienschützer ebenfalls erfassen. Denn nur die Weibchen legen bekanntlich den Laich ab, aus dem mit den Kaulquappen der Nachwuchs schlüpft. Und deren Zahl war im Frühjahr 2021 ungewöhnlich gering und lag im Verhältnis von fast 1:18 außergewöhnlich deutlich unter dem der Männchen. In diesem Frühjahr waren es dann laut der Zahlen der Bund-Naturschutz-Ortsgruppe wieder etwa ein Weibchen auf fünf Männchen, ein Verhältnis, das dem Durchschnitt entspricht.
Ungewöhnlich wenig Weibchen gibt es auch im Wipfelder Amphibienbestand
Diesen ungewöhnlich geringen Anteil der Weibchen hat auch Ewald Müller verzeichnet, der seit rund 30 Jahren zusammen mit einer Handvoll Aktiven den Amphibienschutz am Angelsee nördlich von Wipfeld organisiert. Nach dem relativ trockenen Sommer 2020 haben sie dort im Frühjahr 2021 unter den eingesammelten 6300 Amphibien nur zwischen 300 und 500 Weibchen gezählt, berichtet Ewald Müller. In diesem Jahr waren bei ihnen unter den annähernd 3600 Tieren etwa je die Hälfte Weibchen und Männchen.
Wie Sonja Müller treibt derzeit auch Ewald Müller eine bange Frage um: Wie kommen die Amphibien in diesem Sommer mit den fehlenden Niederschlägen zurecht? "Wie viele Jungtiere überleben das?", möchte Ewald Müller gerne wissen.
Die Jungtiere wandern vom See zurück in den Wald
Einen ersten Aufschluss über die Ausgangslage könnte die Rückwanderung der aus dem im Frühjahr in den Gewässern abgelegten Laich geschlüpften Jungtiere in den Wald bringen. Anders als Ewald Müller hat Sonja Müller eine solche, die binnen zwei, drei warmen Nächten Ende Juni, Anfang Juli über die Bühne geht, schon einmal live beobachtet. Sie schildert eine faszinierende Szenerie, wenn sich die gerade einmal daumengroßen Jungtiere scharenweise auf Wanderschaft begeben.
Im Wald angekommen, sind die Amphibien darauf angewiesen, irgendwo Schutz zu finden. Erst nach zwei, drei Jahren, wenn sie geschlechtsreif sind, zieht es sie dann wieder zu ihrem Geburtsgewässer zurück, um dort selbst zu laichen.
Solange sie im Wald zurückgezogen leben, würden die Amphibien Strategien verfolgen, die ihnen das Überleben erleichterten, erläutert Martin Röder, Naturschutzfachkraft an der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Schweinfurt. Hierzu zählt auch eine Sommerstarre, in der die Tiere verfallen können, um dann, wenn es regnet, spontan zu laichen. Dies gilt laut Röder für die spät laichenden Amphibien, beispielsweise die Gelbbauchunke. Diese kann etwa 15 Jahre alt werden. Sollte es ihr also in einem Sommer einmal nicht gelingen, zu laichen, dann gebe es in diesem Jahr zwar keinen Nachwuchs. Das Überleben der Art sei dadurch jedoch zunächst einmal nicht akut bedroht, vorausgesetzt in den Folgejahren verbessern sich die Lebensbedingungen wieder.
Auf den Zeitpunkt des Laichens kommt es an
Die früh laichenden Amphibien hätten grundsätzlich weniger Probleme mit Trockenheit, wenn der Winter halbwegs feucht war. Dann kämen diese Tiere im Frühjahr mit dem vorhandenen Nass zurecht.
Eine größere Bedrohung für das Überleben der Amphibien erkennen Röder und auch Philipp Keller, der Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, in dem vielerorts fortschreitenden Verlust von Lebensraum. So schreite der Flächenfraß weiter fort und immer mehr Flächen würden überbaut. Aber auch dem Straßenverkehr fielen zu viele Tiere zum Opfer. Amphibien, wie die Erdkröte, bräuchten strukturreiche Lebensräume, erklärt Röder. Hierzu zählten auch Kleingewässer, die gezielt angelegt werden.
Im Trockensommer zeigt sich die Leistung des Bibers
Gerade während des aktuellen Trockensommern zeige hier der Biber seine guten Eigenschaften. In den 68 offiziell kartierten Biberrevieren im Landkreis Schweinfurt – tatsächlich dürften deren Zahl sogar deutlich darüber liegen, sagt Röder – schaffe der Baumeister mit seinen Dämmen und den dadurch angestauten Wasserflächen Lebensräume, die auch Amphibien eine gute Überlebenschance bieten.
Auf solche längerfristig angelegten Maßnahmen komme es an, wenn auch der Mensch die Landschaft im Sinne des Naturschutzes für Amphibien lebensfreundlicher gestalten möchte, sind sich Röder und Keller einig. Einfach irgendwelche Pfützen oder Mulden mit Wasser zu füllen, sei zwar gut gemeint, helfe jedoch nicht weiter.
Jeder kann der an der Trockenheit leidenden Tierwelt helfen
Allerdings, so appellieren die Vertreter der Naturschutzbehörde, könne tatsächlich jeder etwas für die von der Dürre betroffenen Tiere unternehmen, denn betroffen seien ganz viele Tierarten, bei weitem nicht nur Amphibien. Ein leicht umzusetzendes Beispiel sei das Aufstellen von flachen, mit Wasser gefüllten Schalen, an denen Vögel und Insekten trinken können. Doch wichtig sei dabei, so Röder, immer eine Steighilfe ins Wasser zu stellen, egal wie flach das Wasser sei. Dies kann beispielsweise ein kleiner Zweig sein, auf denen Insekten, falls sie ins Wasser fallen, wieder herauskrabbeln können. Andernfalls wird die Wasserschale leicht zur Todesfalle.
nicht,
wie bisher,
profitorientiert.
In meinem Garten lebt Pelo,
ein Frosch,
und der is echt cool🐸.