
Der KulturPackt feiert in diesem Jahr Geburtstag: Vor einem Vierteljahrhundert wurde er gegründet und feiert sein Jubiläum vom 13. bis 17. Juni mit einem großen Fest und natürlich jeder Menge Kunst. Im Interview erinnern sich Beiratsmitglied Johanna Bonengel, Geschäftsführer Gerald Günther und Sprecher Ingo Schäfer, welche Schwierigkeiten es Anfang der 1990er Jahre gab, erzählen, was ihre Lieblingsveranstaltung ist und welche Herausforderungen sie für eine erfolgreiche Zukunft meistern müssen.
Gerald Günther: Nein, gar nicht. Es war ja aus der Not geboren. Durch die Industriekrise sind massiv Gewerbesteuern weggefallen, dann wurde auch im Kulturbereich mit als Erstes gekürzt. Damit überhaupt noch Kulturprogramm in Schweinfurt möglich war, wurde dieser Verband gegründet als Zusammenschluss von Disharmonie, Schreinerei, Blues Agency, aber auch Kulturamt. Es gab damals die städtische Kultur und die freie Kulturszene, man hat sich abgegrenzt. Im Zuge der KulturPackt-Entstehung sind die Strukturen aufgebrochen worden und man hat etwas zusammen gemacht. Johanna Bonengel: Man macht sich keine Gedanken am Anfang, ob so ein Projekt eine lange, gute Zukunft hat. Es war eine offene Angelegenheit, es ist gepowert worden und es entwickelte sich. Ingo Schäfer: Die Struktur hat sich so geformt, dass daraus ein Verein geworden ist. Es ist bis heute so geblieben, dass das Know-how durchaus auf andere transferiert wird, die profitieren.
Bonengel: Damals haben sich ganz viele Leute über die Schreibweise aufgeregt, weil es nicht in war. Heute ist das keine Provokation mehr. Ich habe noch im Ohr, wie mir Hubert G. Neidhart gesagt hat, 'Ihr könnt ja nicht mal Pakt schreiben'. Ich finde den Namen heute immer noch genial. Da steckt so viel drin, es ist eine tolle Metapher für das, was der KulturPackt will, nämlich zusammen mit anderen ein Kulturpaket schnüren. Es ist ein Phänomen, nach 25 Jahren zu sagen, dass man alles immer noch so machen würde. Das gilt auch für das Logo. Eigentlich ist die Machart antiquiert, aber trotzdem sagt es alles aus und man sollte dabei bleiben.
Ingo Schäfer: Es ist vielleicht ein bisschen zurückgegangen, da manche durchaus eigenständig strukturiert sind und nicht mehr diesen Anschub und diese Vernetzungshilfe brauchen. Wir sehen uns nach wie vor als Dienstleister, Vorreiter und Verknüpfer, wir stehen zum Beispiel auch „Schweinfurt erleben“ oder dem City-Management bei in dem Sinne, dass sie von unserem Know-how profitieren. Es braucht immer noch den KulturPackt, der von verschiedenen Künstlern angefragt wird, um Verbindungen herzustellen. Wir haben zum Beispiel auch jungen Künstlern, als die Graffiti-Szene auf dem Höhepunkt war, Aufträge verschafft. Da kamen Geschäftsleute und wollten auch Bilder bei sich im Gebäude oder wir haben Musiker vermittelt. Bonengel: Es gibt eine gefühlte Solidarität untereinander, aber die praktische Solidarität, dass man gemeinsam etwas auf den Weg bringt, ist nicht sonderlich ausgeprägt. Günther: Man muss natürlich auch sagen, dass hier die Solidarität deutlich größer ist untereinander als in Würzburg. In Schweinfurt ist ein Zusammenarbeiten mit Disharmonie, Stattbahnhof, den Museen, der Kunsthalle gut möglich. Es ist auf jeden Fall besser als vor 26 Jahren (lacht). Schäfer: Es liegt schon auch an der Basisarbeit, die wir über viele Jahre geleistet haben, und die daraus resultierende Anerkennung. Man spürt das, wenn man auf anderen Veranstaltungen ist und als Person wahrgenommen wird in Verbindung mit dem KulturPackt, der was macht.
Bonengel: Ja. Es ist ganz wichtig, dass Menschen mit Kunst und Kultur in Berührung kommen, die nicht Kommerzkultur ist. Für mich ist es von Anfang an eine Hauptaufgabe des KulturPackts. Wir wollen Kunst anbieten, bei der die Schwellenangst nicht groß ist. Schäfer: Eine Facette davon ist der Eintrittspreis. Es ist klar, dass hochwertige Kunst und Kultur ihren Preis hat. Wir versuchen, bei trotzdem gehobenem Niveau den Besuchern etwas zu bieten, ohne Eintritt, damit sie teilhaben können an der Kultur. Es ist unsere Aufgabe, immer wieder kleine Bonbons zu bringen, die etwas anderes sind als Mainstream. Bonengel: Es ist auch immer der Versuch, die Menschen aus ihren Echoräumen herauszuholen. Viele junge Menschen bewegen sich ausschließlich in dem, was sie kennen. Wir versuchen, etwas zu bieten, das für sie neu und ungewohnt ist. Das ist schwierig. Schäfer: Wie kriegen wir die Aufmerksamkeit junger Leute? Wie werde ich wahrgenommen? Eine wichtige Frage für uns. Ein Beispiel sind die Ausstellungen im Bunker, da liefen auch viele frühere Schüler von mir vorbei. Die sahen dann die pinke Tür oder die Malerei an der Wand, das hat sie interessiert, sie wollten wissen, was da ist. Es gibt Berührungsangst irgendwo hinzugehen, wo man noch nicht war. Wir meinen die Essenz der Kultur, die bereichert, das Herz öffnet, den Kopf weiter macht, andere Sichtweisen bietet. Da die Jugend zu bekommen, ist schwierig. Bonengel: Junge Menschen kann man schon begeistern, aber man muss sie an die Hand nehmen.
Bonengel: Ganz klar die Nacht der Kultur. Sie ist Herzstück und Essenz des KulturPackts. Es kommt alles an einem Abend zusammen, alle Genres, es ist viel los in der Stadt an verschiedenen Orten. Schäfer: Mein Liebling ist das Kunstkarrée, das wir 2003 nach Schweinfurt gebracht haben. Das hatte eine Facette, die für Schweinfurt komplett neu war. Wir wollten die bestehenden Galerien miteinander verknüpfen, eine Bündelung von Vorhandenem in der Altstadt mit unserer Organisation. Günther: Meine Lieblingsveranstaltung sind die Kurzfilmtage. Im Gegensatz zu allen anderen Veranstaltungen muss ich, wenn im Kino vorher alles eingerichtet ist, bei der Veranstaltung selbst nichts mehr machen. Bei der Nacht der Kultur oder Pflasterklang renne ich ja die ganz Zeit rum und schaue, dass alles klappt. Bei den Kurzfilmtagen kann ich mich ins Kino setzen und auch auf die Reaktion des Publikums schauen.
Bonengel: Zum Beispiel das Forum Junge Kunst im nächsten Jahr, das eine gute Kooperation mit den weiterführenden Schulen ist und junge Menschen an Kunst heranführt. Zu unserem Stil gehört es auch, außergewöhnliche Räume oder Leerstände für Ausstellungen zu suchen, die ein Magnet für das Publikum sind. Günther: Was wir schon lange im Kopf haben, ist, wieder ein Kulturforum anzugehen, wie wir das im Sachs-Bad, im Schlachthof oder im Zeughaus gemacht haben. Da schauen wir immer nach geeigneten Räumlichkeiten. Interessant ist auch, wie das mit dem Kulturforum am Martin-Luther-Platz wird und wie wir uns da einbringen können. Schäfer: Schön wäre es auch, im Hinblick auf das Schlagwort 'Industrie und Kultur' ein altes Backstein-Industriegebäude mal zu bespielen, wie es auch beim Nachsommer ist. Bonengel: Für unsere Zukunft ist auch wichtig, dass wir weiter darauf achten, die Kunstrichtungen näher zusammenzubringen, Kulturpakete zu schnüren mit Kunstausstellungen, in die dann verschiedene Kulturveranstaltungen integriert sind.
Günther: Wir machen eine Ausstellung mit 25 Künstlern im Alten Gymnasium, Stichwort „Alternative Fakten“.
Günther: Ja, stimmt. Wir hatten 62 Bewerbungen aus ganz Deutschland, haben 25 spannende Arbeiten ausgesucht. Es ist total unterschiedlich vom Medium und Inhalt her. Viele Künstler haben es meist in Richtung Wahrheit oder Schein ausgelegt. Schäfer: Und Gott sei Dank nicht auf das Thema Trump und seine Pressesprecherin, die den Begriff prägte, abgehoben. Es ist sehr weitgefasst, es gibt auch Installationen, die mit dem Begriff spielen und man sich auch fragt, was hat das denn jetzt mit alternativen Fakten zu tun. Günther: Neben der Kunstausstellung, die bis 1. Juli gezeigt wird, haben wir nach der Vernissage am 13. Juni einen Kurzfilmabend mit 25 Kurzfilmen, einen Impro-Theater-Abend, ein kleines Open-Air-Festival auf dem Martin-Luther-Platz und eine Lesung mit Wiglaf Droste.


