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Geldersheim
Die Männertracht im Schweinfurter Gau
Teil 3 unserer Serie zeigt: Die Tracht war keine Uniform und kein Kostüm für besondere Anlässe, sondern die ganz normale  Kleidung für die Menschen in der Region.
Zur Hochzeit trug der Bräutigam den Langen Mutzen und ein meist grünes Hochzeitsband, das auf der linken Schulter befestigt war. Auch ein Rosmarinzweig wurde vom Brautpaar gehalten (die Bedeutung ist aber unbekannt).
Foto: Christina Czybik | Zur Hochzeit trug der Bräutigam den Langen Mutzen und ein meist grünes Hochzeitsband, das auf der linken Schulter befestigt war. Auch ein Rosmarinzweig wurde vom Brautpaar gehalten (die Bedeutung ist aber unbekannt).
Oliver Brust
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:08 Uhr

Die sogenannte „Schweinfurter Gautracht“ oder „Werntaltracht“ erstreckt sich über ein Gebiet von Münnerstadt über Gemünden, Karlstadt, Würzburg, Gerolzhofen bis Schweinfurt. Wir sprechen hier von verschiedenen Trachtenepochen. Die sogenannte „alte Tracht“ stammt aus der Zeit zwischen 1800 und 1880. Bis zur „neuen Frauen-Tracht um 1920“ gab es eine Übergangsform. Auch die 1920er-Form erfuhr eine Abwandlung und wurde zuletzt noch bis ca. 2000 von einigen wenigen alten Frauen getragen. Die Männertrachten jedoch haben diese neuen Entwicklungsstufen nicht erlebt. So sprechen wir hier bei der Männertracht von der Zeit um 1800 bis 1880.

Wie auch bei den Frauentrachten gab es bei den Männertrachten verschiedene Abstufungen zu den jeweiligen Anlässen. Ob man den Begriff „Baurische“ (Frauen die auch im Alltag ausschließlich Tracht getragen haben) auch für Männer benutzt hat, ist nicht bekannt. Jedenfalls muss betont sein, in dieser Phase der Tracht sprechen wir von der sogenannten „lebendigen Tracht“. Die Menschen haben sich also ausschließlich in Tracht gekleidet. Es war keine Uniform und kein Kostüm für besondere Anlässe, sondern die ganz normale übliche Kleidung für die Menschen in unserer Region. Dies trifft vornehmlich auf Bauern und Handwerker der Dörfer zu.

Die Hosenträger wurden unter der Weste getragen und waren kaum zu sehen.
Foto: Oliver Brust | Die Hosenträger wurden unter der Weste getragen und waren kaum zu sehen.

Einflüsse auf die Männertrachten hatten militärische Kleidung und auch höfische Mode. So ist der für unsere Region so typische Hut, der Dreispitz, auch in zahlreichen europäischen historischen Uniformen üblich gewesen. Prachtvoll ausgeputzt, wurden die Hüte aber auch von Kaisern und Königen getragen. In unserer Bauerntracht waren die Dreispitze meist mit einem schwarzen Samtband eingefasst und von einer Kordel zusammengehalten. Würde man diese lösen und die drei Seiten herunterklappen, ergäbe sich ein runder, breitkrempiger Hut. Ich denke aber nicht, dass das üblicherweise oft gemacht wurde, denn auf dem Hutrand waren noch Applikationen aus Goldborten angebracht. Um den Gupf verläuft ein Hutband, dessen Ende mit zwei großen Quasten aus einem der hinteren Hutecken hängt.

Die typische Männertracht

Die typische Männertracht besteht aus einer gelben Kniebundhose, einer roten Wollweste und einer blauen Joppe. Die Hosen waren meistens aus hell gegerbtem Hirschleder und reichten bis zu den Waden. Darüber wurden die baumwollenen weißen aber auch blau-weiß gemusterten Kniestrümpfe gezogen, mit einem kleinen Riemen oder Strumpfband gehalten.

Selbst die Wollwesten waren meist aufwändig bestickt.
Foto: Oliver Brust | Selbst die Wollwesten waren meist aufwändig bestickt.

Heute sind statt der Lederhosen Hosen aus Baumwolle üblich, sogenannte „Velveton-Hosen“. Dieser Stoff ist an der Oberfläche Leder sehr ähnlich, atmungsaktiv, bequem und vor allem waschbar. Wir müssen uns bei allen Trachtenteilen immer vor Augen halten, dass nur die weiße Wäsche (Strümpfe und Hemden und bei den Frauentrachten noch die Unterröcke) waschbar waren. Alle anderen Kleidungsstücke sind zu aufwändig verziert, so dass sie nicht gewaschen werden konnten. Reinigungen gab es damals noch nicht. Daher sind die Festtrachten nach dem Kirchgang ausgezogen, gelüftet und wieder verräumt worden. Die Arbeitstrachten waren meist aber aus waschbaren Baumwoll- oder Leinenstoffen gefertigt und konnten auch gewaschen werden.

Wer jetzt glaubt, dass mit dem typischen Bild (rote Weste, blaue Jacke, gelbe Kniebundhose, Dreispitz) die Männertracht im Schweinfurter Gau umfassen beschrieben ist, irrt. Neben den roten Wollwesten, hatten reiche Bauern noch zahlreiche andere Farben und Stoffqualitäten. Einfarbige Seidendamastwesten mit einfarbig eingewebten Blumenmustern oder auch bunt gemusterte Westen sowie Samtwesten waren durchaus üblich. Es gab einreihig und zweireihig geknöpfte Westen, die oft mit silbernen und goldenen Borten versehen waren. Den großen Reichtum drückten die silbernen Kugelknöpfe aus. An mancher Weste findet man zehn bis 20 davon. Die roten Wollwesten wurden oft auch noch bunt bestickt. Bei den Westen war der Rückenstoff in der Regel aus einem hellen, manchmal gestreiften Baumwoll-Nesselstoff gefertigt und nur das Vorderteil aus dem edlen Material gemacht.

Zur Tracht gab es noch keine Armbanduhren. Die Uhrketten der Taschenuhren waren echte Kunstwerke.
Foto: Oliver Brust | Zur Tracht gab es noch keine Armbanduhren. Die Uhrketten der Taschenuhren waren echte Kunstwerke.

Über der Weste wurde die blaue Tuchjacke, die Joppe, getragen. Sie war als Zweireiher mit silbernen Knöpfen besetzt. An hohen Festtagen wurde statt der Joppe der lange Mutzen getragen. Er war ebenfalls aus blauem Tuch gefertigt und hätte als Zweireiher geknöpft werden können, wurde aber meist offen getragen.

Unter der Weste trugen die Männer ein weißes Leinenhemd mit weiten Armen. Um den Hals wurde ein gerolltes Seidentuch gebunden, das vorne zu einer dekorativen Schleife gebunden wurde, ähnlich wie eine Fliege.

Besonders dekorativ und eigentlich kaum zu sehen waren die auf Stramin gestickten Hosenträger. Auch hier gab es ganz verschiedene Muster. Um den Hals gelegt wurde die silberne Uhrenkette, an deren Ende neben der Taschenuhr oft noch ein Patrona-Bavariae-Taler getragen wurde. Außer den silbernen Uhrketten gab es auch geflochtene Haarketten. Das Geld bewahrte der Bauer in einer gehäkelten Perlen-Geldkatze auf, die man in den Hosenbund steckte. Einen Geldbeutel, wie man ihn heute kennt, gab es nicht. Die Hosen hatten auch noch keine Gesäßtaschen.

Historisches Beispiel für die Farbenvielfalt der fränkischen Trachtenwesten.
Foto: Oliver Brust | Historisches Beispiel für die Farbenvielfalt der fränkischen Trachtenwesten.

Die Schuhe waren schwarze Lederschuhe, die mit einer Silber- oder Messingschnalle versehen waren. Daneben gab es auch wie bei der Frauentracht die mit Wollfäden bestickten Straminschuhe. Im Gegensatz zu den Frauenschuhen waren lediglich die Absätze etwas flacher.

Nach der Form mit der gelben Kniebundhose kamen die moderneren schwarzen aber langen Tuchhosen auf. Auf alten Darstellungen von Hochzeitszügen sieht man oft, dass Bräutigam und Trauzeugen modern mit den langen Hosen gekleidet waren, während die älteren Verwandten die gelben Kniebundhosen trugen.

In den nächsten Ausgaben berichten wir über die weitere Trachten-Entwicklung. Die Männertrachten wurden zu Gunsten der städtischen Mode aufgegeben und die Frauentrachten haben sich zu einer ganz neuen Modeform weiterentwickelt.

Eine der sehr seltenen alten Lederhosen zur Schweinfurter Gautracht. Auffällig ist der breite Hosenlatz, der nur durch die Verzierung einen schmalen Latz andeutet.
Foto: Oliver Brust | Eine der sehr seltenen alten Lederhosen zur Schweinfurter Gautracht. Auffällig ist der breite Hosenlatz, der nur durch die Verzierung einen schmalen Latz andeutet.
Geldkatze nannte man einen gehäkelten Geldbeutel, in den Perlen eingearbeitet waren.
Foto: Oliver Brust | Geldkatze nannte man einen gehäkelten Geldbeutel, in den Perlen eingearbeitet waren.
 
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