
Manchmal sind es die kleinen Dinge im Leben, die einem ins Auge stechen oder ans Herz gehen. Und manchmal kann man das auch auf Ausstellungen übertragen, insbesondere auf die neue Ausstellung „Winterwelten – Cooles aus der Sammlung Georg Schäfer“, die kuratiert von Patrick Melber und der Kunstvermittlung im Museum Georg Schäfer bis 16. Februar zu sehen ist.
Bekanntlich konzentrierte man sich im Museum Georg Schäfer zuletzt auf die Neuhängung der ständigen Sammlung. Doch eine Ausstellung, die das Prädikat „klein, aber fein“ mehr als verdient, wurde Anfang Dezember dennoch ermöglicht. Und sie trifft den Zeitgeist derzeit ganz besonders gut, vor allem bei der Frage, ob der Winter Frust oder Lust ist. Patrick Melber und seinem Team ist es gelungen, die nötige Leichtigkeit zu erzeugen und trotzdem den Bilder-Reichtum und die Ernsthaftigkeit der Sammlung Georg Schäfer zu nutzen, indem Gemälde wie Grafiken zu verschiedenen Themenwelten zusammengestellt wurden, darunter Werke, die teilweise noch gar nicht oder schon lange nicht mehr gezeigt worden sind.
Der Titel „Cooles aus der Sammlung Georg Schäfer“ überzeugt dabei in seiner bewusst gewählten Doppeldeutigkeit – gezeigt werden natürlich kühle Winterwelten, die aber im Kontext der Ausstellung durchaus das Modewort „cool“ rechtfertigen. Und das nicht nur, weil gleich zu Beginn ein netter Selfie-Point mit Schneemann zu finden ist.
Die Facetten des Winters
Die Mischung dieser Ausstellung macht's, dass man sich gerne darauf einlässt, einen intensiveren Blick auf die zahlreichen Facetten bildlicher Darstellungen von Winter im 19. und frühen 20. Jahrhundert zu werfen. Für Patrick Melber ist die Geschichte der vierten Jahreszeit in Bildern ganz sicher nicht nur „ein Wintermärchen“, wie es der Dichter Heinrich Heine in seinem satirischen Versepos von 1844 beschreibt. „Sie zeigt verklärte Klischees und kalte Realität. Sie ist Zeugin unbeschwerter Freude und mühsamer Bemühungen. Sie berichtet von lieb gewonnenen Traditionen und einer sich wandelnden Gesellschaft. Nicht zuletzt ist sie Dokument veränderter Umweltbedingungen“, so Melber.
Doch keine Angst, „Winterwelten“ ist sicher keine düstere Ausstellung. Denn zum Winter gehört traditionell auch die Vorfreude auf warme Stuben und festliche Bräuche an Weihnachten sowie auf den Jahresausklang. Eines der eindrucksvollsten Gemälde ist „Christnacht“ von Paul Hey (1910), auf dem eine Familie sich in einem verschneiten Dorf am Heiligen Abend auf den Weg zur Mitternachts-Mette macht. Auf jeden Fall eines der Werke, bei dem Melbers Ziel, Raum zu geben, „über den Winter und die eigene Kindheit nachzudenken“, sich mit am stärksten verwirklicht.
Natürlich darf der Fasching keinesfalls fehlen. Gerade in diesem Teil der Ausstellung zeigt sich die Bandbreite der Sammlung Georg Schäfer: Patrick Melber hat die Themen „Winterfrust/Winterlust“ und „Fasching“ gepaart mit amüsanten Einblicken aus dem Simplicissimus. Und dann hängen da völlig zu Recht ein Gemälde von Adolf Schreyer aus dem Jahr 1870, das die Mühsal des Winters anhand eines Kutschers in einem verschneiten Wald, der versucht mit seinen sieben Pferden sein voll beladenes Gefährt ziehen zu lassen, kontrastiert mit der Grafik „Einladung zum Künstlerfest“ von August von Kalbach (1882) mit leicht bekleideten Damen, die zu einem Faschingsball laden oder Carl Olaf Petersens modernen Werken von 1930, auf denen die Figuren aus Luftschlangen geformt sind, den Schein des Faschings, geprägt von Verkleidung und Ausgelassenheit, aufs Korn nehmend.
Dass die Ausstellung nicht wie ein Rundgang konzipiert werden konnte, ist kein Schaden. Gelungen auch die Integration von zwei Themenfeldern, mit denen man nicht unbedingt rechnet: An einer Stelle gibt es alte Fotos des Stadtarchivs mit Geschichten von Schweinfurtern, wie sie früher die Winter erlebten, als der Main zugefroren war. Und dazu die Masken und Figuren des Rhöner Holzschnitzers und Künstlers Herbert Holzheimer aus Langenleiten, eine passende Ergänzung für das Thema Winter.
„Winterwelten – Cooles aus der Sammlung Georg Schäfer“, Museum Georg Schäfer, bis 16. Februar. Mittwoch bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, Dienstag bis 20 Uhr, erster Dienstag im Monat freier Eintritt. Informationen: www.museumgeorgschaefer.de Rahmenprogramm: 21. Dezember, 16.30 Uhr: „Wenn das Glöckchen klingelt ... Der Heilige Abend und seine Rituale im Wandel der Zeit“, Vortrag mit Bildern und Musik von Professor Guido Fuchs, Hildesheim; 29. Dezember, 14 Uhr: Kunst für Kinder, „Was machen Vögel im Winter?“, mit Anne Heß; 6. Januar, 14 Uhr. „Deutschland – ein Wintermärchen?“, Führung mit Margit Hofmann; 19. Januar, 11 Uhr: „Winterworld“, literarisch-musikalische Matinee, mit Margit Hofmann.