Der 45-jährige Lagerist hat sieben Einträge im Bundeszentralregister, steht unter doppelter offener Bewährung, als er am 1. Juli und am 10. August letzten Jahres im Zustand völliger Trunkenheit Polizeibeamte mit übelsten Ausdrücken belegt. „Arschloch“ ist sein „Standardrepertoire“, als „Ratte“, „Schwein“ und „Wichser“ werden die Beamten ebenfalls tituliert. Einem Polizisten versetzt er sogar einen Faustschlag in den Rücken.
Nur weil der Mann inzwischen auf eigene Initiative eine stationäre Suchttherapie erfolgreich absolviert hat und die Sozialprognose durchaus günstig ist, hat der Amtsrichter die zehnmonatige Freiheitsstrafe noch einmal zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwältin hatte dieselbe Strafe beantragt – ohne Bewährung.
Am 1. Juli 2011 um 21.40 Uhr treffen Streifenbeamte den Angeklagte am Theaterpark an, als er gerade auf eine Kurzparkspur vor dem Theater pinkelt. Er dreht sich um und grinst. Zuvor hatte er nach Aussage einer Punkergruppe eine Flasche zerdeppert. Als er einen Platzverweis erhält, beleidigt er die Polizisten mit der Standard-Diffamierung. „Sehr betrunken“ war er, sagt ein Polizist, „vorsichtig ausgedrückt.“ Sie nehmen ihn mit – auf der Fahrt setzt es weitere Kraftausdrücke gegen die Beamten, und in der Ausnüchterungszelle geht's weiter.
Am 10. August wird der Mann volltrunken neben einer Gaststätte in einer nahen Gemeinde aufgefunden. Auch da fallen dem Mann, als er geweckt wird, sofort Beleidigungen gegen die Helfer ein. Sie transportieren ihn eine steile Treppe hinab zum Auto – und zum Dank schlägt er einem der Beamten mit der Faust in den Rücken. Die Anklage umfasst daher neben den vielfachen Beleidigungen auch eine vorsätzliche Körperverletzung. Der 45-Jährige kann sich – so voll war er – an beide Vorfälle überhaupt nicht mehr erinnern, bestreitet aber keine Sekunde, dass es so war, wie die Polizisten sagen.
Bei den sieben Vorstrafen, die der Mann seit 2007 gesammelt hat, spielt die Beleidigung die tragende Rolle, teils kombiniert mit Trunkenheitsfahrten, aber auch mit Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Körperverletzung. Seit 14 Jahren arbeitet er bei demselben namhaften Betrieb im Landkreis. Er hat vier Kinder, von seiner Frau lebt er getrennt.
Reumütig sitzt er da neben seinem Verteidiger, entschuldigt sich mehrfach bei jedem einzelnen Beamten für die unflätigen Worte. „Ich weiß, ich bin schuld, ich dachte, ich bin ein starker Mann, aber der Alkohol war stärker als ich.“ Er habe „so viele Fehler gemacht“, sagt er. Jetzt, nach der stationären Entziehungstherapie von August bis Dezember „weiß ich, was ich will, ich muss ohne Alkohol auskommen und habe gute Ziele.“
Die muss er tatsächlich vor Augen haben, wenn er die zehnmonatige Haftstrafe nicht absitzen will. Vier Jahre beträgt die Bewährungszeit, in der er sich nichts mehr zuschulden kommen lassen und keinen Alkohol mehr trinken darf. „Das ist die letze Chance, die Sie haben“, sagt der Vorsitzende. Der 45-Jährige nickt und bedankt sich für dafür.