
Es ist einfach nur beeindruckend, wenn sich unter Fanfarenklängen der Bühnenvorhang im Veranstaltungscenter der Ersten Schweinfurter Karnevalsgesellschaft ESKAGE zur Prunksitzung öffnet. Dort bilden die Mädchen der Tanzgarden eine tolle Kulisse für die einziehenden Elferräte und das Prinzenpaar Segrej I. und Tanja II. aus dem Hause Löffler. Ein Hofmarschall empfängt die Tollitäten und den Präsidenten Horst Dinkel, und es ist der Beginn von fünf Stunden eines atemberaubenden Feuerwerks an Tänzen, Gesang, Büttenreden und komprimiertem Frohsinn.
Lässt sich das dreieinhalb Stunden dauernde Film-Epos „Avatar“ von James Cameron auf einen vierminütigen Tanz komprimieren? Nichts einfacher als das, hat sich wohl Annette Dinkel gedacht und als Garde-Trainerin der ESKAGE in die Tat umgesetzt. Das Ergebnis ist ein höchst ausdrucksstarker Tanz und der perfekte Abschluss der Prunksitzung, für die Mitglieder des Sozialverbands VdK des Kreises traditionell auf den Sonntagnachmittag terminiert.
Drei Marschtänze
Bis dahin hatten die Narren für einen Höhepunkt nach dem anderen gesorgt. Kaum war der Beifall für einen Tanz verklungen, zogen die Büttenredner jeden, der nicht schnell genug weglaufen konnte oder nicht anwesend war und somit am meisten zur Unterhaltung beitrug, durch den Kakao. Allein drei Marschtänze standen auf dem Programm, „das Salz in der Suppe jeder Sitzung“, wie es Horst Dinkel umschrieb. Die Jugend, die Junioren und die Aktiven waren auch genau die richtige Prise Salz in der Suppe der Prunksitzung. Einmal mehr stellten die jungen Damen unter Beweis, dass sich ganzjähriges Training auszahlt.
Unter den Tänzen ragte der Schautanz der Jugend zum Thema „Zauberwald“ schon ein wenig heraus. Respekt an die sieben Betreuer, die es schaffen, dass 29 Mädchen und ein Junge, die Ältesten zehn Jahre alt, so diszipliniert tanzen. Sie lieferten sich als Prinzessinnen, Einhörner, Zwerge und Blumen zunächst einen Kampf untereinander, ehe sie vereint einen Drachen in die Flucht schlugen. Musikalisch sangen sich die „Dream Boys“ Niederwerrn durch die Jahrhunderte, beginnend im Rokoko und einem Sprung über die 1960-er und 1970-er in die Neuzeit.
Passend dazu waren die neun jungen Leute immer unterschiedlich gekleidet.
Beim Männerballett „Police Academy“ wurden Polizisten beim Versuch einer Razzia in der Schwulen-Bar „Blue Oyster Club“ in selbige verschleppt. Ein Auftritt, der die Travestie-Show „Nacht der Toleranz“ in Wiesentheid (Samstag, 3. März, Steigerwaldhalle) um eine Nuance verfeinern würde. Mit seinem Auftritt hätte das Quartett „Lalli Pops“, allesamt Herren im reifen Alter, auch an der „längsten Theke der Welt“, nämlich der Altstadt von Düsseldorf, beste Chancen, die Zuhörer zu begeistern. Der Auftritt in der Prunksitzung jedenfalls hätte stürmischer kaum gefeiert werden können. Und die Damen der „Spätlese“, in der auch ehemalige Gardetänzerinnen auf der Bühne stehen, gehören noch lange nicht zum alten Eisen. Im Gegenteil, sie haben ihr Handwerk noch nicht verlernt und genossen ihren Auftritt in vollen Zügen.
Spiel für Doofe
Nico Rossmann als „Rhöner Bub“ holte sich drei Männer und eine Frau für ein „Spiel für Doofe“ auf die Bühne. Was genau der junge Mann mit ihnen anstellte, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Nur so viel: für die Akteure auf der Bühne verlief der Auftritt, sagen wir mal, glimpflich. Zwei Omas aus dem Jahr 2065 (Sina Siebeneichler und Seline Danzler) kämpften mit den Problemen von heute – das Navi am Rollator stöhnte über die Rechts-Links-Schwäche –, und gemeinsam sinnierten sie über „robotergesteuerten Einkauf“. Schrill-bunt kehrten Lubber und Babbo als Kreuzfahrttouristen zurück aus einem langen Urlaub, und was sie zu berichten hatten, war schon haarsträubend. Etwa der Versuch von Bappo, auf ein losgefahrenes Kreuzfahrtschiff zu springen, und von der Reling rief Lubber dem im Wasser schwimmenden Babbo zu: „Wir legen doch gerade erst an.“
Eulenspiegels verbale Freiheiten
Als Till Eulenspiegel genoss Peter Halbig so seine verbalen Freiheiten. Ob Donald Trump, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan oder der AfD-Politiker Alexander Gauland – was er über sie zu Gehör brachte, war nicht wirklich druckreif. Schließlich plagte sich Nancy Steinert mit den Problemen vor einer Hochzeit herum, und dass das im März gekaufte Kleid für 3350 Euro im September für 1000 Euro erweitert werden musste, „Ich hab in dieser Zeit 20 Kilo zugenommen.“
Bleibt als Fazit: Es war alles geboten, was eine Prunksitzung ausmacht, die man nicht verpassen sollte.