Wenn sie Kinder hören, dann werden die Kühe im Stall von Kathrin und Sven May unruhig. Kein Wunder, denn sie wissen, gleich bekommen sie "Schokolade". Die Naturfreunde aus Schwebheim besuchten mit einer Gruppe von Ferienspaßkindern den Erlebnisbauernhof in Oberndorf. Und es stand nicht nur jede Menge Spaß auf dem Programm, es gab auch einiges zu lernen.
Es sind gequetschte Gerstenkörne, die die Kühe sonst nicht bekommen und auf die sie ebenso scharf sind wie die Kinder auf Süßes. Die sind schnell mutig, füttern die Kühe, streicheln sie und Johann traut sich sogar, seine Hand ins Maul von einem Kälbchen zu stecken. "Ah, das kitzelt", stellt er fest. Längst wissen sie, dass Kühe oben keine Zähne haben. Julica will wissen, wer wohl die wildeste Kuh im Stall ist, und Kathrin May zeigt auf Laura, "Die ist die Chefin, drum mag ich sie nicht", erklärt sie und die Kinder erfahren, dass im Kuhstall eine klare Rangordnung herrscht. "Und der da hinten mit dem dicken Kopf, das ist der Papa", erklärt sie weiter.
Vor zehn Jahren hat Kathrin May beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Ausbildung zur Erlebnisbäuerin absolviert. Seitdem zeigt sie Kindergruppen regelmäßig das Leben auf dem Hof. Seitdem Kinder in der Grundschule wenigstens einmal einen Bauernhof besuchen sollen und auch viele Kindergärten und Kindergruppen das Angebot wahrnehmen, wird es "fast ein bisschen viel", meint sie. Zum Teil hat sie – vor allem gegen Schuljahresende – drei Gruppen pro Woche. "Das sind jeweils drei Stunden in denen man nichts anderes arbeiten kann", erklärt die Bäuerin.
Die Bäuerin liebt die Arbeit mit den Kindern
Aber man merkt ihr an, dass sie die Arbeit mit den Kindern liebt. Sie zeigt den Kindern Schwalbennester und erklärt: "Die Vögel fangen die Fliegen im Stall und füttern damit ihre Babys." Ihre Nester "bauen die Schwalben aus Matsch und Stroh", deshalb dürfe ein Stall auch nicht penibel sauber sein, "wir brauchen auch die Matschepampe", meint sie und die Kinder haben dafür vollstes Verständnis, schließlich matschen sie auch ganz gerne.
Dann geht‘s zu den Kälbchen, die die Kinder mit frischem Stroh versorgen. Als die Tiere ihr neues Bett haben, hat Matthäus, der siebenjährige Sohn der Mays, seinen großen Auftritt: Er steigt auf seinen Namensvetter Matthäus – fünf Monate ist das Kalb alt und "er wird unser neuen Zuchtbulle" erklärt Sven May. Mit einem Jahr wird der tierische Matthäus schon erwachsen sein.
Körner aus der Hand gepickt
Dann steigen die Kinder in zwei Bollerwagen und gehen mit Sven May zum Heuaufladen, treu begleitet von Grizzly, dem einjährigen Familienhund. Mit dem Heu geht’s zur Wellnessoase des Bauernhofs. Dort im Außengehege stehen die Kühe, die nicht mehr gemolken werden, weil sie schwanger werden sollen oder schon schwanger sind. Die füttern die Kinder mit dem Heu. Vorher aber gab’s noch einen Abstecher in den Hühnerstall. Jedes Kind darf ein Huhn auf den Arm nehmen und die mutigeren von ihnen lassen die Hühner Körner aus ihrer Hand picken. "Das ist wie eine Handmassage", ermutigt Kathrin May. Nach so viel Tierkontakt gibt es eine kleine Pause, die Kinder packen ihre Brotzeit aus. Jetzt kommt Grizzlys Stunde, er hüpft auf die Bank und die Kinder heben lachend ihr Brot hoch. Grizzly wird zur Räson gerufen, aber so ganz klappt das noch nicht, es riecht einfach zu verlockend.
Bevor es zum Melken geht, dürfen die Kinder noch ins Heu. Jetzt geht die Post ab! Wer braucht eigentlich eine Hüpfburg, wenn er so richtig durchs Heu toben und herunter springen darf? Sven May hat vorsichtshalber schon die Absauganlage angemacht, denn jetzt staubt’s gewaltig – die Kinder stört das freilich wenig. Wer vom Heu genug hat, erobert den Traktor. Auch hier ist Grizzly dabei, er liebt nämlich die Schildmützen der Kinder und probiert immer wieder, ob er nicht eine stibitzen kann.
Kathrin May zeigt ihren jungen Besucherinnen und Besuchern, wie gemolken wird und dann dürfen sie ihre eigene Butter machen. Die Bäuerin hat bereits Milch abgekocht und in einen Eimer gefüllt. Auf der Milch schwimmt eine dicke Haut. Jeweils drei Esslöffel davon geben die Kinder in ein kleines Einmachglas, das wird dann verschlossen und solange geschüttelt bis Butter daraus geworden ist. Und die schmeckt natürlich viel, viel besser als jede Butter, die man kaufen kann.