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SCHWEINFURT
Die Krankheit vor dem Herzinfarkt
Men with chest pain - heart attack       -  Beschwerden wie Brustschmerz, Brustenge oder Atemnot treten im Verlauf einer koronaren Herzkrankheit meist erst dann auf, wenn ein Herzkranzgefäß zu zwei Dritteln verengt ist.
Foto: Thinkstock | Beschwerden wie Brustschmerz, Brustenge oder Atemnot treten im Verlauf einer koronaren Herzkrankheit meist erst dann auf, wenn ein Herzkranzgefäß zu zwei Dritteln verengt ist.
Manfred Herker
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:35 Uhr

Die Bezeichnung „Koronare Herzkrankheit“ (KHK) meint eine Verengung oder Verstopfung der Herzkranzgefäße (Koronararterien). Diese umschließen das Herz und versorgen es mit Blut. Prof. Dr. Karl Mischke, Chefarzt der Medizinischen Klinik I des Leopoldina, nennt Zahlen: Die KHK als Vorläuferkrankheit des Herzinfarkts ist die häufigste Herzerkrankung mit sechs Millionen Betroffenen in Deutschland. Jährlich sterben über 128 000 Menschen an der koronaren Herzkrankheit, davon mehr als 49 000 am Herzinfarkt.

„Doch viele Menschen wissen nicht, dass bei ihnen bereits eine KHK vorliegt“, betont Mischke. Dabei entwickle sich die Erkrankung schon im jungen Erwachsenenalter, über Jahrzehnte in einem schleichenden Prozess. Durch ungesunden Lebensstil und Risikofaktoren bilden sich im Laufe der Zeit Ablagerungen (Plaques), die die Herzkranzgefäße verengen (Arteriosklerose). Beschwerden wie Brustschmerz, Brustenge oder Atemnot treten meist erst dann auf, wenn ein Herzkranzgefäß zu zwei Dritteln verengt ist.

Verschiedene Symptome

Die Beschwerden können in Arme, Schulterblätter, Hals, Unterkiefer oder Oberbauch ausstrahlen. Treten die Schmerzen nur unter Belastung auf, bezeichnet man dies als stabile Angina pectoris. Schon jetzt sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden, um rechtzeitig eingreifen zu können. „Je früher die KHK behandelt wird, desto besser ist die Prognose“, sagt Mischke. Manche Patienten entwickeln nie oder wenig Schmerzen, diese so genannte stumme Ischämie findet man häufig bei Diabetikern.

Zu einer umfassenden Diagnostik der KHK gehören Anamnese, körperliche Untersuchung, Ruhe- und Belastungs-EKG. Aber: Die Aussagefähigkeit des Belastungs-EKG ist beschränkt, denn bei typischen Schmerzen bedeutet ein unauffälliges Belastungs-EKG keine Entwarnung. Bei Frauen ist ein auffälliges Belastungs-EKG oft irreführend, weil trotz des EKG-Befundes keine KHK vorliegt. Deshalb sind weitere Untersuchungen nötig: Stressechokardiografie, Myokardszintigrafie, Stress-MRT. Absolute Gewissheit verschafft der Herzkatheter.

Notfall instabile Angina pectoris

Die zunächst nicht lebensbedrohliche Angina pectoris kann in eine gefährliche instabile Form umschlagen: Wenn die Intensität, die Dauer, die Häufigkeit der Schmerzanfälle zunimmt, wenn der Brustschmerz bei minimaler Belastung oder sogar in Ruhe auftritt, kann ein Herzinfarkt (Verschluss eines Herzkranzgefäßes durch ein Blutgerinnsel) unmittelbar bevorstehen. „Deshalb handeln wie beim Herzinfarkt“, mahnt Mischke, „sofort den Rettungswagen mit Arzt unter Telefon 112 anfordern.“

Bei einem akuten Herzinfarkt sind mögliche Beschwerden: Plötzliche und anhaltende Brustschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Schmerzen linke Brustseite und Rücken mit Ausstrahlung in den linken Arm und Kiefer und Magen, „Vernichtungsgefühl“, Nitro-Spray hilft nicht. Bei Frauen sind Luftnot, Übelkeit, Schmerzen im Oberbauch und unerklärliche Müdigkeit nicht selten alleinige Alarmzeichen. Der Herzinfarkt ereignet sich häufig in den frühen Morgenstunden, nach ungewohnter Anstrengung, nach fettreichem Essen, bei Stress und Wetterwechsel.

Notfall akuter Herzinfarkt

Sofortige Anforderung eines Notarztwagens (Tel. 112), auch nachts oder am Wochenende. Ruhe bewahren, enge Kleidung öffnen, bei koronarer Herzkrankheit Nitrospray benutzen. Der Notarzt kann schon während des Transports stabilisierende Maßnahmen und eine EKG-Untersuchung (vorab per Handy oder Fax ans Krankenhaus) durchführen.

Rasche Therapie gibt es auch im Leopoldina-Krankenhaus: Durch eine fachspezifische 24-Stunden Bereitschaft wird für Herzinfarktpatienten im Bedarfsfall eine sofortige Akutaufdehnung eines verschlossenen Gefäßes gewährleistet. Pro Jahr werden etwa 300 Patienten mit akutem Herzinfarkt versorgt.

Bei einer Stent-Behandlung werden Engstellen in den Herzkranzgefäßen aufgedehnt und durch ein filigranes Metallgitter (Stent) gestützt. Diese Stents werden beim Herzinfarkt oder bei instabiler Angina Pectoris als lebensrettende Maßnahme eingesetzt. Die Behandlung gelingt mit modernen Stents in 95 Prozent der Fälle, die Sterblichkeit liegt bei 0,3 Prozent.

Mischke spricht auch über eine mögliche Wiederverengung eines Stents, die lebensbedrohliche Stent-Thrombose, Medikamente nach Stentbehandlung und Kontrollen.

Die Frage „Stent oder Bypass“ könne nur im Einzelfall beantwortet werden, die Entscheidung sei abhängig vom Zustand der Herzkranzgefäße und den Begleiterkrankungen des Patienten, so Mischke. Diese Frage wird im Leopoldina auch beim regelmäßigen Treffen des Heart Teams diskutiert, an dem auch ein Herzchirurg der Universitätsklinik Würzburg teilnimmt.

Gesunder Lebensstil entscheidend

„Basis jeder Therapie ist ein gesunder Lebensstil“, erklärt der Kardiologe, „er schützt vor der koronaren Herzkrankheit, 80 bis 90 Prozent dieser Krankheit können durch ihn vermieden werden“.

Gesund zu leben ist Grundlage für die wichtige Ausschaltung aller Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung oder Diabetes. Zu diesen eigenverantwortlichen Maßnahmen gehört eine regelmäßige Ausdauerbewegung fünfmal pro Woche 30 Minuten (flottes Gehen, Laufen, Radfahren, Tanzen, Nordic Walking, Heimtrainer).

Die Wirkung von Bewegung ist vielfältig: Verbesserung der Lebenserwartung und Leistungsfähigkeit, Verlangsamung der KHK, günstige Beeinflussung der Risikofaktoren. Gesunde Ernährung (Mittelmeerküche) und absoluter Rauchstopp gehören ebenfalls zu einem gesunden Lebensstil wie eine Normalisierung des Gewichts und ein kluger Umgang mit Stress.

Ausführlich behandelt Mischke die medikamentöse Behandlung zur Verbesserung der Lebenserwartung bei KHK: ASS, Statine, ACE-Hemmer, Betablocker.

 
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