So, jetzt kann man natürlich erst mal trefflich darüber philosophieren, was heute noch eine konservative, kreuzbrave Inszenierung von Albert Lortzings komischer Oper „Zar und Zimmermann“ rechtfertigt. Kann man, muss man aber nicht. Es ist alleine die beschwingte, es gut mit den Zuhörern meinende Melodik, was eine „Zar und Zimmermann“-Inszenierung nicht nur rechtfertigt, sondern auch erfüllt. Es sind kleine, musikalische Meisterwerke, die schon daran ihre Unsterblichkeit verdienen, weil ihr Komponist immer ganz genau wusste, was er kann, was er parodieren wollte und worauf er verzichten sollte: Lortzings Opernklassiker, wie „Der Wildschütz“, „Der Waffenschmied“ oder eben „Zar und Zimmermann“, sind nichts anderes als Persiflagen und Parodien der großen Opern des 19. Jahrhunderts, eben wie Richard Wagners „Tannhäuser“, „Lohengrin“ oder „Der fliegende Holländer“.
Die Oper nicht neu erfinden
Diesen Hintergrund gilt es zu wissen, wenn man sich heute Oper und Musik nähert. Lortzing hat aus seinem Libretto ganz bewusst alles unangenehm realistische herausgelöst und durch heiter, vergnügte Melodienwelten ersetzt. Das Landestheater Detmold, angereist mit großem Dekorationsgepäck in das Theater der Stadt Schweinfurt, wollte diese komische Oper nicht neu erfinden, sondern setzte in seiner Inszenierung (Wolf Widder) auf die jahrzehntelangen, bewährten, erzkonservativen Regie-Einfälle. Die Kostüme (Petra Mollérus, auch für das Bühnenbild verantwortlich) sind hübsch quietschbunt. Der Chor steht oder schwingt beseelt zum Takte der Musik (gestanden wird schon viel an diesem Abend oder Händchen gehalten an der Bühnenrampe). Der Holzschuhtanz mit Holzschuhen, klackerakiklack, auf die Bühnenbretter gelegt, grad schön war's. Das Kleinod des Abends aber saß im Orchestergraben, wo das Symphonische Orchester Detmold unter der Leitung von György Mészáros wirklich Außerordentliches bot, flott im Tempo, sauber in der Intonation, Lortzings Melodienvielfalt wunderbar herausarbeitend.
Leider zum Komplettausfall des Abends wurde die zentrale Figur und Bassrolle des Bürgermeisters van Bett (Christoph Stephinger). Schon bei der berühmten Auftrittsarie „Oh Sancta Justitia“ war Schlimmes zu befürchten. Die Stimme sprang überhaupt nicht an, wirkte heißer und das tiefe F auf „netto“ war röchelnd zu erahnen.
Leider ein Komplettausfall
Nach der Pause dann die Erklärung vor dem Vorhang – der Sänger hatte sich offenbar kurzfristig eine Allergie zugezogen, die sich auf die Stimmbänder gelegte hatte. Das ist nur menschlich, für die Inszenierung aber ungemein schade, weil so auch der nächste Höhepunkt (die Singschule „Heil sei dem Tag“ im letzten Bild) komplett daneben ging (bei der zweiten Vorstellung am nächsten Tag wurde kurzfristig Frank Blees als Ersatz eingeflogen). Die anderen Sänger waren, dem Himmel sei's getrommelt und gepfiffen, nicht nur sängerisch komplett auf der Höhe, sondern auch im Bereich des Außerordentlichen. Allen voraus mit kraftvollem Bariton und mit metallischem Kern in der Höhe Insu Hwang als Zar Peter der Erste („Einst spielt ich mit Zepter“). Im Bereich des lyrischen Soprans überzeugte Simone Krampe als Marie mit leicht anspringender Buffo-Höhe.
Stark auch Markus Gruber in der Tenorrolle des Peter Iwanow. Unter dem Strich ein unterhaltsamer, wenn auch kreuzbiederer Opernabend aus Detmold – schön zu hören und zu sehen. Und wenn Bürgermeister van Bett noch fit gewesen wäre, dann wäre da ein ganzer Schuh daraus geworden. So war's nur ein Absatz.