Im Grafenrheinfelder Spielmanns- und Fanfarenzug (SFZ) gibt es Fahnenschwenker, -schwinger und -werfer; doch wo liegt der Unterschied. Ein Workshop in der Altmain-Sporthalle und die anschließende Showdarbietung im Freien vor der Kulturhalle bringen Erleuchtung: Fahnenschwenker gibt es im SFZ schon lange, so bezeichnet werden die Träger der großen Vereinsfahne bei Veranstaltungen.
Fahnenschwinger gibt allerdings erst seit zehn Jahren nach einem Lehrgang in Hofheim. Am Wochenende wurde das Jubiläum unter dem Motto "Sei dabei und mach mit" gefeiert. Mit von der Partie: Die Hofheimer und Gerhard Schlaich, der Präsident des Deutschen Fahnenschwinger Verbandes. Das Fahnenschwingen mit kunstvollen Schwungfolgen, Hochwurf und Auffangen ist uralter Brauch, ein Volkssport mit langer Tradition, wie Präsident Schlaich, selbst Deutscher Meister, erklärt. Unter der Fahne wird die Gemeinschaft beschworen, zum Verein oder einer Gemeinde. Groß ist die Freude, sollte man fernab der Heimat das Orts- oder Vereinsemblem in einem Zug sichten. Gemeinsam mit seinem 18jährigen Sohn Felix ist der Präsident nach Grafenrheinfeld gekommen –eine große Ehre, denn Felix ist mehrfacher Weltmeister im Fahnenhochwurf mit der kleinen Fahne –nur 50 Zentimeter trennen ihn vom aktuellen Weltrekord von 15,50 Metern.
Ein Meister am Werk
Vor der Kulturhalle wird schnell klar: Hier ist wirklich ein Meister am Werk; ähnlich dem Stabhochsprung muss die hochgeschleuderte Fahne eine Latte in luftiger Höhe überqueren und auf der anderen Seite wieder aufgefangen werden. Fängt der Werfer die Fahne nicht, zählt es nicht. Das ist bei weitem nicht so leicht, wie es aussieht. Bis zu einem Kilo wiegt die kleine Fahne, die gerade zum Einsatz kommt, etwa drei Kilo die große. Ein Drittel Kraft, zwei Drittel Technik führen zum Erfolg, wie Schlaich erklärt. Der Fahnenhochwurf erfordert Konzentration, Koordination und Kraft. Wind, Wetter und die persönliche Konstitution beeinflussen das Ergebnis. Drei Versuche hat man pro anvisierter Höhe, klappt alles, wandert die Latte höher.
Fahnenschwinger-Ausbilder Günter Döpfert, sein Stellvertreter Christian Schulz und Norbert Lieblein versuchen ihr Glück bei sechs Metern. Mit den Tipps des Weltmeisters kein Problem, im Laufe des Nachmittags "arbeiten" sich alle drei bis auf zehn Meter hoch. Wie Döpfert später erläutert, hat da auch die Wurftechnik geholfen, die Felix Schlaich demonstriert hat.
Fahnenschwinger-Nachwuchs
An einer niedrigeren Stange üben einige Kinder und sind so begeistert, dass sie zum nächsten Training kommen wollen. Beim SFZ steht mit Isabella und Adrian schon Fahnenschwinger-Nachwuchs in den Startlöchern. Erstmals sind die beiden kürzlich bei der Maibaumaufstellung fahnenschwingend mitgelaufen; ein tolles Gefühl, erzählen sie begeistert. Ergeben hat sich das eigentlich eher zufällig: Die achtjährige Isabella ist Flötistin im SFZ; bei der diesjährigen Weihnachtsfeier wird ihr elfjähriger Bruder Adrian gefragt, ob er nicht Lust zum Fahnenschwingen hätte. Beim einem Training ist Isabella zufällig dabei und findet das Schwingen fast noch schöner als das Musizieren. Wie Schlaich ihnen dann beim Workshop erklärt, dürfen sie, ganz unabhängig vom Alter, bei Auftritten auch die Fahne werfen, wenn sie damit sicher umgehen können.
Wie SFZ-Vorstand Horst Schneider erläutert, gibt es für die Fahnenschwinger strenge Statuten, darunter ein absolutes Alkoholverbot. Und so ist bis jetzt außer kleineren Blessuren beim Training noch nichts Ernsthaftes passiert, was Lustiges dagegen schon, wie Schneider schmunzelnd erzählt. Bei einem Auftritt in Würzburg ist nämlich mal eine Fahne auf den Oberleitungen der Straßenbahn gelandet und musste mit einer zweiten Fahne "runtergeschossen" werden. In der Kulturhalle schwingen Isabella und Adrian fröhlich die SFZ-Fahne, vielleicht, schmunzelt Schlaich, sind hier gar spätere Weltmeister am Start.