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BERGRHEINFELD
Die Grüne Hölle war mal ein Öko-Paradies
Gründung(s)aussaat: Vorsitzender Erich Morgenstern und Jasmin Heppt vom Verein SoLaWi, Bürgermeister Ulrich Werner, Landrat Florian Töpper, Angelika Schemm als Vizevorsitzende sowie die Gärtner Markus Löffler-Willner und Til Brather säten grüne Düngerpflanzen aus (von links).
Foto: Uwe Eichler | Gründung(s)aussaat: Vorsitzender Erich Morgenstern und Jasmin Heppt vom Verein SoLaWi, Bürgermeister Ulrich Werner, Landrat Florian Töpper, Angelika Schemm als Vizevorsitzende sowie die Gärtner Markus Löffler-Willner ...
Bearbeitet von Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:27 Uhr

Zum Auftakt des „Humustags“ suchte Professor Dr. Bernd Gerken nach einem Regenwurm, am „Aschpele“ neben Mainstraße und Keilgartenweg – und fand keinen der fleißigen Erdarbeiter. „Der Sommer war zu trocken“, hieß es unter den rund dreißig Besuchern. Vor der Aussaat auf der 5000 Quadratmeter großen Ackerfläche, durch den neuen Verein SoLaWi, gab es eine Einführung in die Grundlagen der „Solidarischen Landwirtschaft“.

Dazu gehört die Erkenntnis, dass momentan einiges schief läuft, im konventionellen Landbau. „Wir stellen auf dem Acker ein gestörtes Klima her“, warnte Gerken, in Portugal lebender Naturschützer und Experte für gesunde Böden, als Grundlage für jedes höhere Leben auf der Erde.

Monokulturen erzeugen Wüsten und Savannen

Pestizide, Kunstdünger und maschinelle Verdichtung hielten Monokulturen am Leben, töteten aber zugleich Mikroorganismen in den Feldern ab, erzeugten Wüsten und Savannen, als unterschätzte Mitverursacher des Klimawandels. „10 Milliarden Menschen können Sie so nicht ernähren“, prophezeite der Ökologe: „Gesund ist unsere Nahrung schon lange nicht mehr“.

Mit einem flammenden Vortrag lenkte Gunter Häckner den Blick auf Alternativen. Im „Kon Tiki“, einem nach dem Feuergott der Inkas benannten Topf, kokelte der Oberwerrner Fachmann Holzkohle, Schicht für Schicht per „Flammenteppich-Pyrolyse“. Vorbild sind die Indianer Südamerikas. Forscher haben am Amazonas fruchtbare Erdschichten gefunden, die es dort, im von natürlicher Bodenerosion geprägten Regenwald, gar nicht geben dürfte: „Terra Preta“, portugiesisch „Schwarze Erde“. Pflanzenkohle aus Indio-Meilern, angereichert durch Dung und Fäkalien, fermentiert in Tongefässen, verhinderte die Auswaschung der Humusschicht. Das Ergebnis waren Spitzen-Ackerbonitäten, die jahrhundertelang ganze Urwaldstädte versorgt haben sollen. Die Öko-Kommunen wurden offenbar schon vor Ankunft der Konquistadoren von vorauseilenden Krankheiten dahingerafft.

Wo sich Nährstoffe ablagern können

Ihre europäischen Erben lernen den Nachlass gerade erst wieder zu nutzen. „Die Holzkohle muss sauber sein“, sagte Häckner. Im offenen Feuer können Schadstoffe mit dem Rauch entweichen: „Nach dem Ablöschen sollte Kon Tiki-Kohle nach gar nichts schmecken“. Als Nährstoff-Magnet wird sie mit Kompost angereichert, vor der Ausbringung aufs Feld. Der Dauerhumus in der Terra Preta enthalte Mikroräume, erläuterte Professor Gerken, Strukturen wie in einem winzigen Rohplattenbau: bezugsfertig für Wasser, Mikroorganismen, Pflanzennährstoffe – fruchtbringende Bewohner, die so schnell nicht mehr ausziehen.

Auch der Verein „SoLaWi Schweinfurt und Umgebung“ ist nach Bergrheinfeld gekommen, um zu bleiben, in gepachteten Bauerngärten. Terra Preta soll nur auf einem kleinen Teil getestet werden. Zwei Gärtner kümmern sich um den Anbau von Bio-Gemüse. Die derzeit 52 Mitglieder arbeiten nach Gusto mit, teilen sich ansonsten Investitionen und Ernte. Crowdfunding ist ebenfalls möglich. Vorsitzender Erich Morgenstern aus Sennfeld wurde durch einen Kirchentag zum Selbstversorger-Projekt inspiriert, nach dem Vorbild von bundesweit mehr als 180 SoLaWi-Betrieben.

Der Landrat kam im Elektromobil

Zur „Ersten Aussaat“ kam auch Landrat Florian Töpper, im Elektromobil, und warb für Streuobstwiesen, Hecken, Bioäcker und Bienenweiden statt „ausgeräumter Landschaften“. Bürgermeister Ulrich Werner begrüßte das neue Projekt in der Ökomodellregion Oberes Werntal ebenfalls: „Das ist sicher eine bessere Bodennutzung als mit Strommasten.“ Zum Grillen taugte die erzeugte Biokohle am Ende auch noch, im Frühjahr 2019 soll erstmals geerntet werden. Weitere Infos zum Verein gibt es unter www.solawi-schweinfurt.weebly.com

Ohne Humus tut sich auf dem Acker nix: Professor Dr. Bernd Gerken erläuterte den gesunden Bodenaufbau.
Foto: Uwe Eichler | Ohne Humus tut sich auf dem Acker nix: Professor Dr. Bernd Gerken erläuterte den gesunden Bodenaufbau.
Plattenbau im Dschungelacker: Gunter Häckner demonstrierte in Bergrheinfeld die Herstellung von Terra Preta-Biokohle.
Foto: Uwe Eichler | Plattenbau im Dschungelacker: Gunter Häckner demonstrierte in Bergrheinfeld die Herstellung von Terra Preta-Biokohle.
 
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