
In ihrer Informationspolitik und ihrer Transparenz hat sich die Unterfränkische Überlandzentrale in den vergangenen Jahren ohne Zweifel deutlich zum Positiven bewegt. Eines aber ist noch geblieben von der alten Isolationspolitik: Von außen betrachtet wirkt die (ÜZ) in ihrer Geschäftsform als eingetragene Genossenschaft immer noch wie eine geschlossene Gesellschaft. Denn seit 1956 hat die ÜZ keine neuen Mitglieder mehr aufgenommen. Seit 57 Jahren gibt es also auch kein neues Mitspracherecht und keine neuen Impulse von außen.
Schon kurz bei der Gründung der ÜZ im Januar 1910 in Gerolzhofen traten 379 Mitglieder bei. Die Zahl erhöhte sich ständig bis auf 3300. Da beschloss der Vorstand 1956 einen Aufnahmestopp, weil man die ÜZ nicht ins Unüberschaubare expandieren lassen wollte.
Streng reglementiert ist eine ÜZ-Mitgliedschaft bis zum heutigen Tag. Jedes Mitglied darf nur einen Anteil halten, der 1300 Euro wert ist. Großanteilseigner, die direkten Einfluss auf die Firmenpolitik haben könnten, gibt es nicht, ebenso wenig wie Mitglieder, die von außerhalb des Versorgungsgebiets kommen.
Beim Tod eines Genossen darf der Anteil zwar vererbt werden, aber erst entscheidet der Vorstand, ob der Erbe auch eines ÜZ-Genossen würdig ist.
Anders als bei anderen Genossenschaften, wie etwa den VR-Banken, gab es bisher für Kunden keine Chance, an Anteile der ÜZ zu kommen. Selbst eigene Mitarbeiter waren in der Regel davon ausgegrenzt. Dieses Gebaren löste in der Vergangenheit in der Öffentlichkeit durchaus Kritik aus.
Nun will die ÜZ einen ersten Schritt Richtung Öffnung gehen. Bisher sind erst 21 der 42 politischen Gemeinden im Versorgungsgebiet ÜZ-Mitglieder. An die anderen 21 erging jetzt das Angebot, ebenfalls einen ÜZ-Anteil zu erwerben. Drei davon haben bereits unmittelbar nach dem Angebot per Gemeinderatsbeschluss angenommen, von den anderen ist ebenfalls eine positive Entscheidung zu erwarten, teilt Gerd Bock, geschäftsführender Vorstand bei der ÜZ, mit. Die Resonanz bei der Informationsveranstaltung jedenfalls sei groß gewesen.
„Bei der Zusammenarbeit mit uns haben die Kommunen eine Schlüsselrolle“, begründet Bock den Schritt. Die Energieversorgung gehe durch neue Energien immer stärker Richtung Dezentralisierung, deswegen wolle die ÜZ enger mit den Gemeinden zusammenarbeiten. Als Beispiele nennt der ÜZ-Chef die Nahwärmeversorgung Gerolzhofen-Nord oder Wiesentheid.
In der Mitgliedschaft der Gemeinden sieht Bock ein Element des Zusammenwachsens und der Selbstbestimmung in Zeiten der Energiewende. „Früher waren Pfarrer und Lehrer Mitglieder in der ÜZ, heute sollten es die Gemeinden sein.“
Trotzdem ändert das nichts an der Frage, ob Privatleute weiter außen vor bleiben müssen. Hier macht Bock leise Andeutungen. „Vielleicht ändert sich das mit der Energiewende, die vielleicht einmal ganz andere Anforderungen an einen Versorger stellt als früher.“Und schon etwas konkreter: „Wir überlegen eine neue Genossenschaft für ÜZ-Projekte zu gründen.“ Hier können dann auch Privatleute Anteile für Windkraft- oder Photovoltaikanlagen zeichnen. Bock spricht von hoher Nachfrage. Gedacht ist an einen Preis von 1000 Euro pro Anteil.
Die Form einer Genossenschaft sieht Bock nicht als veraltet an. Die genossenschaftlichen Prinzipien von Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung seien nach wie vor aktuell. Allein in Bayern wurden im vergangenen Jahr 60 neue Genossenschaften für Windkraft, Wärme und Photovoltaik gegründet.