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SCHWEINFURT
„Die Flüchtlinge wollen arbeiten“
Eingliederung von Flüchtlingen in Arbeitsmarkt       -  1048 Flüchtlingen haben sich für Schweinfurt als Wohnort entschieden. 350 davon sind Kinder, der Rest sind Jugendliche, die eine Ausbildung suchen, und Erwachsene, die arbeiten wollen, wie in unserem Symbolbild.
Foto: dpa | 1048 Flüchtlingen haben sich für Schweinfurt als Wohnort entschieden. 350 davon sind Kinder, der Rest sind Jugendliche, die eine Ausbildung suchen, und Erwachsene, die arbeiten wollen, wie in unserem Symbolbild.
Hannes Helferich
Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:20 Uhr

So viel Lob hat Roland Kotsch von Stadträten wohl noch nie erhalten. Der Leiter des städtischen Jobcenters konzentrierte sich beim aktuellen Situationsbericht im städtischen Sozialhilfeausschuss auf die Migranten und anerkannte Flüchtlinge, die mittlerweile oft mit ihren Familien eine Wohnung in Schweinfurt gefunden haben und ein Kernziel haben: Sie wollen arbeiten.

Aktueller Situationsbericht enthält auch zahlreiche Verbesserungsvorschläge

Über den Umfang der von Kotsch dargelegten Integrationsbemühungen des Job-Centers waren die Stadträte überrascht wie erfreut und hielten deshalb parteiübergreifend mit Dank nicht zurück. Besonders gelobt wurde, dass der 34-Seiten-Bericht konkrete Vorschläge enthält, wie möglichst schnell möglichst viele weitere Flüchtlinge in Arbeit kommen.

Die meisten „wollen lieber heute als morgen arbeiten“, äußerte sich der Jobcenterleiter ausgesprochen positiv zur Motivationslage der meisten Flüchtlinge. „Die Einsatzbereitschaft ist insgesamt hoch und kann manchmal die fachlichen Schwächen und Sprachdefizite ausgleichen“, sagte er.

Die relativ hohe Zahl von derzeit 1048 Flüchtlingen (darunter 350 Kinder), die sich für Schweinfurt als Wohnort entschieden haben, erklärte Kotsch mit der Erstaufnahme. Die Syrer sind mit 90 Prozent die größte Gruppe. „A und O“ zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt seien aber ausreichende Sprachkenntnisse. In zahlreichen Fällen seien bereits erfolgte Vermittlungen oder Praktika daran gescheitert.

Das Erlernen der deutschen Sprache ist das A und O

Der erste Schritt sei deshalb „generell die Verpflichtung zum Besuch der allgemeinen Integrationskurse“, so Kotsch. Türöffner für einen Job seien Deutschkenntnisse auf dem Niveau B 1. Das sei für viele aber auf dem direkten Weg schwer: Weil sie beispielsweise erst die Schrift lernen müssten, weil die Vorbildung zu gering ist oder – bei vielen Frauen der Fall – weil kleine Kinder zu betreuen sind. Kotsch wünschte sich deshalb Sprachkursangebote mit integrierter Kinderbetreuung, damit nicht „sinnlos Zeit verstreicht“.

Gleichwohl: Die Angebote der Schweinfurter Träger von Sprachkursen deckten mittlerweile den Bedarf. Heißt: nahezu alle Flüchtlinge können ein Angebot wahrnehmen. Zum Niveau B 1 ist der Weg für viele aber weit, aber der Wille sei da. Sobald die Sprachkurse durchlaufen sind, wird die Kompetenz festgestellt. Mit der Handwerkskammer wurde ein Verfahren vereinbart, in dem handwerkliches Geschick und Können praktisch erprobt und festgestellt wird. Kotsch berichtete von einem ersten erfolgreichen Durchgang bei der Bauinnung. Die dabei festgestellten „Kompetenzen „sind erstaunlich gut, die Motivation sehr gut gewesen“.

Besonders das Handwerk bemüht um die Eingliederung der Flüchtlinge

Die Bemühungen im Handwerk hob der Jobcenter-Leiter ausdrücklich hervor. Als Beispiele nannte er ein Speed-Dating zur Vermittlung von Jobs oder die kürzlich veranstaltete Talentbühne der Sanitärinnung in Zusammenarbeit mit dem Rotary-Club. „Das ist eine tolle Leistung, die da an den Tag gelegt wird“, sagte Kotsch.

Was die noch vorhandene Zurückhaltung bei der Großindustrie betrifft, auf die Stadtrat Sinan Öztürk (Die Linke) hingewiesen hatte, hofft Kotsch, dass sie bald endet. Die Stadt sei jedenfalls aktuell im Gespräch mit der Großindustrie.

Das Rathaus bemüht sich seinerseits. Die Stadt wird zunächst im Servicebetrieb Bau und Stadtgrün einem Dutzend Flüchtlingen die Möglichkeit geben, ihr Geschick zu testen und die Anforderungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt kennenzulernen. Hilfreich seien diese Plätze immer auch zum schnelleren Erlernen der Sprache, so Kotsch.

Eingeleitet sind zahlreiche Verfahren zur beruflichen Anerkennung etwa von Ärzten, Pflegern, Ingenieuren oder Elektrikern und anderen Berufsgruppen mit Ausbildung in den Fluchtländern. Erste Flüchtlinge konnten an Unis zur Fortsetzung ihres Studiums vermittelt werden. 14 junge erwachsene Flüchtlinge haben im September eine Ausbildung begonnen. Kotsch rechnet damit, dass alsbald weitere folgen. 18 Flüchtlinge konnten in sozialversicherungspflichtige Jobs vermittelt werden.

Die Flüchtlinge sind durchschnittlich in einem idealen Berufsalter Günstig nannte Kotsch das Alter der Neubürger: 34 Prozent sind noch unter 25 Jahre, 33 Prozent im Alter von 25 bis 35 Jahren. Erfreulich nannte der Jobcenterleiter die Situation im schulischen Bereich. Als Hauptgrund für die ersten Erfolge nannte Kotsch die stark verbesserte personelle und wirtschaftliche Situation im Jobcenter.

Zur Bewältigung der neuen Aufgaben habe der Bund erheblich mehr Mittel zur Verfügung gestellt, was auch sechs neue Stellen im ersten Halbjahr 2016 möglich machte. „Das Jobcenter verfügt damit über ausreichende Ressourcen, um alle hilfebedürftigen Zielgruppen adäquat betreuen und fördern zu können“, sprach Kotsch einen von einem Amtsleiter eher selten zu hörenden Satz. Trotz des Zugangs der vielen neuen Leistungsberechtigten konnten die „Fälle“ auch wegen der personellen Ausstattung und des Engagements der Mitarbeiter schnell bearbeitet werden.

 
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