Der 1. März 2020 ist ein Tag, den die DDC (Dancefloor Destruction Crew) wohl nicht so schnell vergessen wird. An diesem Tag tanzte die Crew ihre vorerst letzte, große Show. Vor 2000 Zuschauern im Gerry-Weber-Stadion in Halle in Westfalen. Auftritte vor großen Publikum, Reisen durch die ganze Welt, sind Alltag für die Tänzer. Doch dann kam Corona. Und damit war erstmal Schluss mit den Shows und Tourneen und Auftritten. Gut 200 Tage im Jahr unterwegs sein. Das war Alltag, sagen die Geschäftsführenden Gesellschafter Marcel Geißler (Management) und Alex Pollner (Creative Director). Das wirkt schon ein bisschen wehmütig. Aber die DDC schaut in die Zukunft.
So hart das Leben ohne Auftritte ist: Die DDC hat die Pause kreativ genutzt. Zum nachdenken, zum Konzept entwickeln, zum Teamaufstellen. Und zum trainieren, natürlich. Auch wenn wohl auch manchmal ein durchtrainierter Breakdancer mit dem Gedanken geliebäugelt hat, sich lieber mit einer Tüte Chips aufs Sofa zu setzen, statt zu trainieren. Das gibt Marcel Geißler gerne zu. Breakdancer sind halt auch nur Menschen.
"Es ist so viel Energie bei uns, die nicht ausgeschöpft wird", sagt Alex Pollner. Ein Grund, die Chancen in der Krise zu sehen, nicht das Negative, trotz der dramatischen Situation, die die Veranstaltungsbranche trifft. "Die DDC lebt von ihren Auftritten auf Veranstaltungen. Dass diese im Jahr 2020 beinahe komplett gestrichen werden mussten, ist weder für die DDC noch für alle anderen in der Veranstaltungsbranche erfreulich gewesen. Trotzdem lässt sich die Truppe nicht unterkriegen und nutzt diese aufgezwungene Pause für sich", heißt es in einer Pressemitteilung. "Wir versuchen, positiv zu bleiben", meint Alex Pollner. "Wir machen immer noch Kunst und wollen das vorantreiben." Außerdem gehören 13 Hauptberufliche zum Team. Auch eine Motivation, sich nicht hängen zu lassen.
Neu aufgestellt in der Zwangspause
Die Zwangspause war ideal für Kontakteknüpfen, für networking. "Jeder hat jetzt Zeit", meinen die zwei. Eine gute Gelegenheit, um Projekte anzustoßen. Die DDC hat sich außerdem neu strukturiert. "Wir haben uns neu aufgestellt", erzählt Marcel Geißler. Die DDC Entertainment Group ist entstanden. Sie setzt sich aus drei Säulen zusammen: der Show-Gruppe DDC Breakdancer, der DDC Factory, die Tanzschule, Kreativzentrum und Produktionsort vereint. Und der DDC Vision. "Dieser Bereich vereint neue Visionen für Shows, Acts und einzigartige Inszenierungen", heißt es in einer Pressemitteilung.
"Künstler kommen zu uns zum Trainieren, wir entwerfen Projekte mit ihnen, machen Videos, entwerfen Choreografien, machen Regie", beschreibt Marcel Geißler die neue Abteilung. Das scheint gut anzukommen. "Ich habe noch nie so eine geile Base gesehen in Europa", war ein Künstler aus England begeistert vom Rundumprogramm in der DDC-Factory.
Wie geht's jetzt weiter? Erstmal mit Hoffen, wie bei allen in der Branche. "Wir hoffen alle auf September, Oktober", sagt Geißler. Dann können hoffentlich wieder Veranstaltungen vor größerem Publikum stattfinden. "Ideen sind da, die Technik ist da." Eine Idee für ein neues Programm steht. "Girl in a box" ist der Titel. Marcel Geißler und Alex Pollner zeigen ein paar Momentaufnahmen von dem Projekt, das Kunst mit Bewegung, mit Tanz verbindet. Kunstwerke sollen dabei zum Leben erweckt werden.
Neue Show ist in Entwicklung
Erster Eindruck: Mitreißend, faszinierend, ungewöhnlich. Wie alles, was die DDC macht. "Das ist eines unserer Herzensprojekte", meint Alex Pollner. "Das geht nur mit Publikum, wenn es fast keine Einschränkungen mehr gibt." Mit dabei beim Projekt, das eine abendfüllende Show werden soll, ist die Berliner Künstlerin Hera, Teil des streetart-Duos Herakut. Sie hat gemeinsam mit Christian Böhmer das Wandgemälde an der DDC Factory gestaltet. "Sie hat eine Botschaft. Das inspiriert uns", sagt Alex Pollner.
Eines steht fest: "Wir sind vorbereitet, wenn es übermorgen losgehen sollte", sagen die beiden, die auch nach Lösungen suchen, wie Veranstaltungen wieder machbar wären. "Schnelltests für die Zuschauer wären für uns kein Problem."
Vor echtem Publikum aufzutreten ist durch nichts zu ersetzen, haben die Künstler bei der Eröffnungsshow der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf erlebt. Pappaufsteller saßen stellvertretend für die Zuschauer, die coronabedingt nicht kommen durften, im Publikum. Die Show fand vor "Papplikum" statt, sagt die DDC so schön.
Etwas Kontakt mit Publikum gab es heuer aber doch. Mitte Februar unterhielt die DDC die coronanegativ-getesteten Gäste auf der MS Europa 2 . Programm auf Kreuzfahrtschiffen hat die Truppe schon öfter gemacht. Neue Erfahrung: Die Menschen hatten viel mehr Lust auf reden, als noch vor Corona. Früher wollte jeder lieber für sich sein und seine Ruhe haben.