Von der Bergpredigt wissen sicher viele, dass sie in der Bibel (Neues Testament im Matthäusevangeliums, Abschnitte 5,1 bis 7,29) zu finden ist. Was darin steht, geschweige denn, was dieser Text hier und heute den Menschen sagen kann, ist wahrscheinlich ein anderes Kapitel. In dieser Bergpredigt antwortet Jesus nicht auf Fragen, sondern geht auf einen Berg. Jesus geht weg von Städten und Dörfern, wendet sich ab vom Getümmel, um von dort zum Volk Gottes zu sprechen.
Grundlegende christliche Inhalte sind in dieser "Rede von der wahren Gerechtigkeit" zu finden, wie die im Hinblick auf Ehebruch, Versöhnung und, dass man nicht über andere richten soll. Zentrale Botschaften wie "Alles was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen", "wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die linke hin", oder "niemand kann zwei Herren dienen", haben ihren Weg aus der Bergpredigt in das kollektive Gedächtnis der Menschen gefunden, es teilweise zum Sprichwort gebracht. Selbst das wohl bekannteste Gebet überhaupt, das "Vater unser" ist Teil der Verkündigung der Bergpredigt.
Mit dieser Bergpredigt hinein in die Stadt, hin zu den Menschen und auf den Marktplatz, ging am Samstag die Schweinfurter Gemeinschaft der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten (Adventgemeinde). Die Bergpredigt an einem Samstagnachmittag auf dem Schweinfurter Marktplatz sozusagen als visuelles Hörbuch – was steckt dahinter?
Tage vorher hatten wir Gelegenheit mit Roland Röhner und Gemeindeleiter Andre Lenz von den Siebtenten-Tags-Adventisten über die Intention der öffentlichen Verlesung des Textes zu sprechen. "Denkanstöße vermitteln in einer Zeit in der viele verunsichert sind", wolle man mit der öffentlichen Präsentation der Bergpredigt, so Roland Röhner. "Vielleicht hat mancher in dieser Zeit persönliche Probleme durchmachen müssen, die Bergpredigt könne da Perspektiven eröffnen".
"Es gibt jemanden, der uns Hoffnung und Orientierung gibt in ein einer Welt, in der Orientierung immer schwerer wird", ergänzt er. Hoffnung auch dergestalt, dass es unnötig sei, sich ständig Sorgen zu machen. Die Botschaft der Bergpredigt dazu: "Seht euch die Vögel des Himmels an, sie säen nicht, sie ernten nicht, sammeln keine Vorräte in Scheunen, euer himmlischer Vater ernährt sie".
Botschaften von zeitlosem Wert
Den Gedanken, die Botschaft der Bergpredigt hin zu den Menschen auf den Marktplatz zu bringen, trägt Röhner schon 30 Jahre in sich. Jetzt war es soweit, denn "Ich bin überzeugt, dass vieles von dem, was in der Bergpredigt steht, die Menschen aktuell bewegt". Oder eben von zeitlosem Wert sei, wie das Gebot der ehelichen Treue, oder die Vergeblichkeit irdische, weil vergängliche Schätze anzuhäufen. Werte, die über Kulturen und Religionen hinweg Gültigkeit hätten.
"Ich denke, was Jesus in der Bergpredigt sagt, ist zunächst einmal Eindruck genug", so Röhner im Vorfeld. Die meisten werden wohl vorübergehen, mancher sich aber auch Zeit nehmen hinzuhören. Und so kam es dann auch. Acht, der in Schweinfurt gut 100 Mitglieder zählenden Adventsgemeinde, die ihren Gemeindesaal in der Roßbrunnstraße hat, verlasen nacheinander die den Seligpreisungen folgenden Abschnitte der Bergpredigt.
Untermalt von Klaviermusik und visuell unterstützt durch auf eine Leinwand geworfene Bilder, wurde die Bergpredigt unkommentiert präsentiert. Manche(r) blieb stehen, hörte für ein paar Minuten oder auch länger zu. Die Menschen hatten offensichtlich an diesem Samstag, an dem in Schweinfurt erstmals wieder die Coronaregeln "Inzidenz unter 50" galten, zumeist Wichtigeres zu tun, als eine halbe Stunde ihrer Zeit der Bergpredigt zu widmen.
Dennoch war man bei der Adventsgemeinde zufrieden mit dem Ablauf. Zumindest gab es keine Störungen, mancher ist stehengeblieben und nach der Verlesung ergab sich doch manches Gespräch mit Passanten, die sich von der einen oder anderen Stelle der Bergpredigt angesprochen fühlten, so das allgemeine Fazit der Organisatoren.