Peter Collien ist ein hervorragender Radierer. Seine Technik erinnert an die großen Meister dieses Faches, die im Museum Otto Schäfer (MOS) mit bedeutenden Zeugnissen vertreten sind. Der in München lebende Künstler vom Jahrgang 1938 hat über das vordergründig Sichtbare hinaus einen philosophisch-politischen Anspruch.
Seine im MOS gezeigten Arbeiten sind überwiegend in den 1968er- und 1970er-Jahren entstanden und hinterfragen den Blick auf "Mensch und Mythos", so der Titel der bis zum 9. Oktober dauernden Ausstellung, kritisch.
Collien hat sich intensiv mit Ovids "Metamorphosen" beschäftigt. Bei der Vernissage ging MOS-Leiter Jan Soldin auf den Mythos der Spinnerin und Weberin Arachne ein, die hochmütig Göttin Athene herausfordert und deren Angebot, sich zu mäßigen, verwirft. Sie verspottet die Götter weiter, wird getötet und gezwungen mit ihren Nachkommen bis in alle Ewigkeit zu spinnen und an Fäden zu hängen.
Die Fehltritte der Unsterblichen
Soldin wirft die Frage auf, ob man Arachne gerecht wird, sie nur als böse Fee im Märchen "Dornröschen" oder als "Schwarze Witwe", als "Femme fatale" zu sehen, die Männer um den Finger wickelt und aussaugt. Bilde sie nicht auch die Fehltritte der Unsterblichen, vor allem des Zeus ab? Zweifelt sie die Götter nicht an, in dem sie Übergriffe verurteilt?
Damit wird, so Soldin, das antike Thema top aktuell. Das entspricht der Sicht Colliens, der sich vom über Jahrhunderte gepflegten Blick auf die Mythen freimacht. Er erzählt die überkommenen Geschichten zeitgemäß.
Zeus' Übergriffigkeit auf Leda mit dem Schwan widmet er eine ganze Serie. Leda wirkt dabei keineswegs glücklich, sondern leidend verletzt. Zu den Arbeiten Colliens stellt das MOS Bücher zu Ovid aus den eigenen Beständen, die die Kontraste unterstreichen.
Trügerischer Glaube an die Vernunft
Wie Collien im Katalog schreibt, war in der Antike das Verhältnis der Menschen zur Natur noch unproblematisch, wurden Mensch und Natur noch als Einheit gedacht. Dies sei uns heute abhandengekommen. Der Glaube der Aufklärung an die Vernunft der Menschen habe sich als trügerisch erwiesen.
Dies griff Bürgermeisterin Sorya Lippert in ihrem Grußwort auf, als sie den Gedanken, der Mensch müsse sich die Natur untertan machen, verwarf und dafür plädierte, die Natur zu verstehen, sich als Teil der Natur zu begreifen.
Veränderungen im MOS
Zum Ende der Vernissage wies Soldin auf Veränderungen im MOS hin. Mit dem vorübergehenden sanierungsbedingten Einzug der Theaterleitung ins Haus in der Judithstraße soll auch eine inhaltliche Zusammenarbeit verbunden sein. "Bildende Kunst und Darstellende Kunst, Museum und Theater, Buch, Text, Bild und Ton werden hier in Zukunft unter dem Dachbegriff ,Kulturvilla Schäfer' verschmelzen."
Die Ausstellung läuft bis 9. Oktober. Die Öffnungszeiten: Samstag von 14 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags von 10 bis 17 Uhr, außerhalb der Öffnungszeiten mit Anmeldung.