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Schweinfurt
Die Antifa sorgt für ein ausverkauftes KuK
Die Vorführung des Dokumentarfilms 'Antifa – Schulter an Schulter, wo der Staat versagt' sorgte für ein ausverkauftes Haus im Schweinfurter Programmkino 'Kuk'.
Foto: Steffen Krapf | Die Vorführung des Dokumentarfilms "Antifa – Schulter an Schulter, wo der Staat versagt" sorgte für ein ausverkauftes Haus im Schweinfurter Programmkino "Kuk".
Steffen Krapf
 |  aktualisiert: 04.02.2025 02:39 Uhr

Montagabend, der Andrang ist groß. Vor dem Schweinfurter Programmkino KuK steht eine Menschenschlange bis kurz vor der Straße. Am 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, lud die Schweinfurter Antifa zu einem Filmabend. Zu sehen gab es den Dokumentarfilm "Antifa – Schulter an Schulter, wo der Staat versagt".

Bevor es mit reichlich Verspätung mit dem 90-minütigen Einblick in die Welt der Antifa losgeht, prangt ein Zitat von Marlene Dietrich auf der Leinwand des KuK: "Ich bin aus Anstand Antifaschistin geworden." Ein Spruch, der ganz bestimmt auch zu drei Frauen aus Schweinfurt passt, die dem Publikum vor dem Start des Films noch kurz erklären, warum sie antifaschistisch aktiv sind. "Antifaschistisch sein, heißt nicht, wie es oft in den Medien heißt, auf Krawall aus zu sein", sagt Julia Gock, die in der Antifa Schweinfurt und im Kulturhaus Stattbahnhof tätig ist.

Die anschließende Dokumentation befasste sich mit dem Phänomen Gewalt und Antifa dann auch ausführlich. In der Gemengelage der "Baseballschlägerjahre" der Neunziger wählten junge Menschen zum Selbstschutz Gewalt gegen Rechtsextreme durchaus als probates Mittel. Darüber berichten im Film auch die fünf Protagonisten, die aus verschiedenen Blickwinkeln ausführlich über ihre Zeit bei der Antifa sprechen.

Es folgte, im Leben der Protagonisten, wie im Film, die Reflexion zur entstandenen Gewaltspirale. Hauptverantwortlich für den Denkprozess in den Gruppen sollen Frauen gewesen sein. "Uns ist Reflexion ganz wichtig", findet auch Gock. Wichtig sei ebenfalls, die Augen vor Rechtsextremismus offenzuhalten.

"In Schweinfurt habe ich mich immer relativ sicher gefühlt", sagt Gock. Mittlerweile könne sie im Stadtbereich aber immer mehr rechte Parolen und Aufkleber sehen. "Aus dem Grund ist es immer wichtiger, Farbe zu bekennen", findet und fordert sie. "Und zwar laut und gerne deutlich. Man kann immer ein Zeichen setzen. Es wird immer wichtiger."

Entsetzt über Tech-Milliardär Elon Musk

Genau hinsehen ist auch das Motto von Johanna Bonengel und ihrer "Initiative gegen das Vergessen", die sich mit dem Thema Erinnerungsarbeit in Schweinfurt beschäftigt. Mit Entsetzen sah sie dieser Tage die Rede des Tech-Milliardärs Elon Musk, zugeschaltet auf einer AfD-Wahlkampfveranstaltung, bei dem der US-Amerikaner von Deutschland forderte, seine Geschichte hinter sich zu lassen.

"Tausende haben dort gejohlt vor Vergnügen", ärgert sich Bonengel. "Wenn ich so etwas sehe, sehe ich, wie wichtig die Initiative gegen das Vergessen und sie alle hier sind." Bonengel sieht aber auch ein, und das ist eine Parallele zum Resümee einiger Protagonisten am Ende der Antifa-Doku: "Diejenigen, die wir erreichen wollen, erreichen wir leider nicht."

Antifa, so zeigt es der Film, heißt aber nicht nur brennende Mülltonnen, hitzige Szenen bei Demonstrationen, sondern auch Recherche- und Bildungsarbeit, Vernetzung und Gegenkultur. Wie Bündnisarbeit und friedliche Aktionen funktionieren, zeigt in der Stadt "Schweinfurt ist bunt", die am Tag zuvor eine Kundgebung gegen den Rechtsruck auf dem Markplatz mit mehreren Hundert Teilnehmenden organisiert hatte.

Bei der Gründung des Bündnisses vor 15 Jahren war die Antifa von Beginn an aktiv mit dabei, erinnert SPD-Stadträtin Marietta Eder von "Schweinfurt ist bunt". Damals galt es, eine Demonstration des später verbotenen, rechtsextremen "Freien Netz Süd" zu blockieren. Dessen Nachfolgeorganisation, die Partei "Der Dritte Weg", hat seit 2022 ein Parteibüro im Schweinfurter Stadtteil Oberndorf. "Dieses Drecksbüro muss weg", fordert Eder. "Faschismus und Rassismus darf nie wieder eine Chance haben. Die Leute sollen bunt sein und sich gut im öffentlichen Raum bewegen können, damit hier Demokratie, Vielfalt und ein gutes Leben herrscht."

 
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Kommentare
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  • Manfred Englert
    Genauso stelle ich mir diese Organisation vor.
    „Drecksbüro“ muss weg!
    Lässt sich hinter solchem Vokabular etwa Gewalt , wie üblich, erkennen, Frau Eder?
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  • Diana Schmeltzer
    Wären sie bei der Veranstaltung dabei gewesen, wüssten sie wie freundlich, friedlich und konstruktiv die Atmosphäre war.
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