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SCHWEINFURT/ZELL
Die Angst vorm Lebendig-begraben-Werden
Hannes Helferich
Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 12.10.2017 03:25 Uhr

Als Autor ist Max-Rainer Uhrig eher einem Fachpublikum bekannt. Der pensionierte Schweinfurter Gymnasiallehrer, promovierte Philologe, Slawist und Historiker, Rückert-Forscher und Privatgelehrter weiß das, zu speziell sind seine Werke, wenngleich sich seine Bücher recht gut verkauften.

Der 73-Jährige aus Zell bei Schweinfurt widmete sich sehr intensiv Friedrich Rückert. Daraus waren neben mehreren Aufsätzen auch drei Bücher entstanden. Darunter der 1995 mit anderen Autoren veröffentlichte Sammelband „Gestörte Idylle“, mit dem zum ersten Mal das gängige Klischeebild des provinziellen Dichters mit anderen Literaten des 19. Jahrhunderts verglichen und neu interpretiert wurde.

2005 hat Uhrig das Tagebuch der Aralsee-Expedition 1848/49 von Aleksej Ivanovic Butakov übersetzt und herausgegeben. 2013 folgt das Buch „Ernst Jünger im Kaukasus – Ein eurasisches Zwischenspiel“, das sich „sehr gut verkaufte“, merkte Uhrig im Gespräch mit der Redaktion, bei dem es um sein neuestes Werk ging: Die Kulturgeschichte der Feuerbestattungen. Ein längeres Kapitel („Das weiße Fenster und der schwarze Schornstein“) widmet Uhrig in seinem 83-seitigen, bebilderten Werk mit dem Namen „Auf den Spuren des Phönix“ dem Krematorium Schweinfurt.

Das aber aus der Sicht eines jungen Mannes und dessen Erfahrungen mit dem Tod. Es ist Uhrig selbst, der durch den qualvollen Tod seines Großvaters, er litt an Krebs, mit dem Thema überhaupt in Berührung kam. Einem Tabuthema, wie es Uhrig beschreibt. Er packt in den persönlichen Erfahrungsbericht alles Wissenswerte über den Friedhof, das Krematorium, die Leichenfrau und den Totenwäscher hinein.

Es findet sich auch ein Gedicht des Schweinfurter Schriftstellers und Verfassers des Werkes „Grabstätten der Dichter und Schriftsteller deutscher Zunge“. Andreas Vogt-Leppla (1911 bis 2001) brach ein Tabu, als er im Hof des Schweinfurter Krematoriums den Schornstein fotografierte, während der Leichnam seiner Frau eingeäschert wurde. Vogt-Leppla schrieb dazu auch das Gedicht, „Einäscherung“.

Mit der französischen Revolution entstanden die ersten Projekte der architektonischen Gestaltung von Friedhofsanlagen mit integrierten Krematorien. Im Gefolge der Restauration blieb die Feuerbestattung noch einmal ein Tabu. Die Gängelung durch kirchliche und staatliche Direktiven endete Mitte des 19. Jahrhunderts. „So wurde der Weg frei für die Errichtung neoklassizistischer Bauten, wahren Totenburgen“, schildert Uhrig.

Der Übergang des Feuerbestattungswesens in die kommunalen Trägerschaften war zu Beginn des 20. Jahrhunderts. 1963 stellte „endlich auch die katholische Kirche ihren Gläubigen die Art der Beisetzung frei“, schreibt der Autor im Vorwort. Die gesellschaftliche Tabuisierung der Feuerbestattungsanlagen sei „damit allerdings nicht beseitigt“ gewesen. Uhrig weiß, dass sich nur wenige forschende Autoren der kulturellen Bezüge, die mit der Leichenverbrennung verbunden sind, angenommen haben.

Uhrig hat sich dem gewidmet und gibt die ganze Bandbreite in mehreren Kapitel gut lesbar wieder. Darunter auch eine Betrachtung der einst weit verbreiteten Angst vor dem Lebendig-Begraben-Werden, was ein starkes Motiv für die Einführung der Feuerbestattung war.

„Auf den Spuren des Phönix“ (ISBN 978-3-95650-268-2) ist im Buchhandel erhältlich, kann direkt beim Ergon-Verlag Würzburg, Tel. (09 31) 28 00 84 oder beim Autor, Tel. (09 720) 15 50 bestellt werden. Es kostet 25 Euro.

 
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