
Auch wenn wir es hier in Deutschland nicht unmittelbar spüren: Die Weltbevölkerung wächst und wächst. Von etwa 310 Millionen Menschen seit Beginn unserer Zeitrechnung auf heute über 7,2 Milliarden Menschen, Tendenz weiter steigend. Wie sollen diese ernährt werden, und wie wirkt sich der Hunger all dieser Menschen auf die Meere und den Fischbestand auf unsere Erde aus?
Der Bayerische Bauernverband hatte zu seiner Gebietsveranstaltung einen Experten für diese Fragen eingeladen. Roland Merz, lange Jahre bei der Wasserschutzpolizei auch für Umweltfragen verantwortlich, zeigte auf, was dieser Hunger der Menschheit für Mensch und Tier bedeutet. Der Referent ist Mitglied in der Schweinfurter Lokalgruppe des Forums für Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, das sich vor allem auch die Aufklärung der Bevölkerung auf die Fahnen geschrieben hat.
Den Irrsinn der Ernährung im Zeichen der Globalisierung zeigte Merz unter anderem an den Nordseekrabben auf. Diese werden auch im Nationalpark Wattenmeer mit Grundschleppnetzen gefangen, die alles zerstören, was sich so auf dem Meeresgrund befindet, unter anderem viele Jungfische. Die Krabben, die normalerweise maximal zwei Tage frisch bleiben, müssen dann mittels massiver Beigaben von Konservierungsmitteln, unter anderem der giftigen Benzoesäure, haltbar gemacht werden. Denn sie treten eine lange Reise an. Mittels Lkw werden sie durch ganz Europa bis nach Marokko gefahren, wo sie von Billigst-Arbeitskräften geschält und dann wieder zurück nach Deutschland gefahren werden. Natürlich so Merz, wieder eingelegt in viel Konservierungsmittel, denn sie sollen ja auch in deutschen Regalen noch bis zu drei Wochen haltbar bleiben.
Die Firma „Tela Lebensmittel und Umweltanalytik“ hat erst im Juli vergangenen Jahres hierzu erschreckende Zahlen veröffentlicht. „Eine Packung Krabben könnte eine Ratte töten. Das bedeutet, ein wenig mehr kann einen Menschen schädigen. Kleinkinder nehmen auf jeden Fall schon bei kleinen Mengen Schaden. Zehn Packungen könnten ein Baby töten.“
Dabei warnt Merz: „Wir Deutschen denken ja immer, bei uns sei alles geregelt, und was bei uns nicht verboten ist, ist gesund.“ Ganz so sei es leider nicht, so der Referent, denn die Deutschen hätten aufgrund dieser Erkenntnisse einfach die Grenzwerte erhöht. Waren früher 4000 Milligramm pro Kilo gesundheitsgefährdend, seien es heute halt 6000. Die Zahlen, die Merz präsentierte, sollten aufrütteln: 52 Prozent des Fischbestandes wird bis an seine biologische Grenze befischt, 24 Prozent sind bereits überfischt oder erschöpft. Über 100 Millionen Tonnen Fische und Krustentiere werden pro Jahr verzehrt oder zu Fischmehl, zu Schweine- und Hühnerfutter verarbeitet. Die EU-Flotte, nach der chinesischen die zweitmächtigste Fischfang-Armada der Welt, ist mit 90 000 Schiffen für eine nachhaltige Fischerei nach Ansicht vieler Wissenschaftler um 40 Prozent zu groß. Jedes Schiff wird zudem mit durchschnittlich 14 000 Euro jährlich subventioniert. Nur Japan gewährt seinen Fischjägern noch größere staatliche Hilfen. Zwei Drittel der wichtigsten Fischpopulationen stehen vor dem Kollaps. Nur 0,5 Prozent der Ozeanfläche steht unter Schutz. Es müssten aber nach Ansicht namhafter Wissenschaftler mindestens 20 Prozent sein.
Auch Aquakulturen, die inzwischen rund die Hälfte des Fischbedarfs decken, sind nach Merz kein Allheilmittel, oft seien sie nur Massentierhaltung auf engstem Raum. Dabei warnt Merz ausdrücklich vor chilenischer Ware, die schwer belastet sei, vor allem mit Antibiotika. „Das Schlimmste, was uns bevorsteht, ist das Freihandelsabkommen mit den Amerikanern“, sagt Merz, denn dann käme all dies auch bei uns in die Läden.
Dennoch gebe es bei Fisch auch Hoffnung und durchaus Ware, die man sich schmecken lassen darf. Der Referent lobte die Lachsfarmen Norwegens, die strengstens überprüft würden, und zeigte die Produkte, die man guten Gewissens kaufen kann: Ware mit Biosiegel oder dem blauen Umweltsiegel des MSC oder asc.
Zum Ausklang des Nachmittags stellte Merz noch kurz Lösungsansätze aus Gunter Paulis „Blue Economy“ vor. Er schloss mit einem Appell: „Weniger, besser und regional essen“ – das gelte auch für Fisch.