Es gibt sie seit nunmehr fast 20 Jahren, die Schweinfurter Diabetikertage, aber die Nachfrage ist ungebrochen. Diabetes tritt zunehmend häufiger auf, erklärt Dr. Stephan Kanzler, Chefarzt im Leopoldinakrankenhaus. Eine gefährliche Krankheit, denn sie tut nicht weh – und man merkt sie häufig erst zu spät.
Das Leopoldinakrankenhaus hat diesen Fachtag für Erkrankte und Interessierte einst ins Leben gerufen, seit 2007 aber sind auch das Ambulanzzentrum, das Krankenhaus St. Josef, das Dialysezentrum und die Diabetespraxis Opitz mit im Boot. „Solche Kooperationen sind in Bayern selten“, erklärt Barbara Düring-Piehler. Die Diabetesberaterin koordiniert und organisiert die Veranstaltung.
Während sonst oft Konkurrenzdenken herrsche, zögen die Schweinfurter Praxen an einem Strang. Sie treffen sich bereits im Frühjahr und erstellen das Programm für den Diabetikertag. Gerade weil man die Krankheit nicht merkt und sie auch die Leistungsfähigkeit nicht wirklich einschränkt, sei es wichtig, die an Zucker Erkrankten immer wieder neu zu motivieren, weiß Düring-Piehler. „Wenn's weh tut, dann ist das Kind schon in den Brunnen gefallen“, meint sie.
Am Typ-2-Diabetes, der im Volksmund fälschlicherweise immer noch Alterszucker heißt, erkranken mehr und mehr auch Kinder. Risikofaktoren sind Übergewicht, Bewegungsarmut und eine gewisse genetische Veranlagung. Der Typ-1-Diabetes dagegen ist eine Autoimmunerkrankung.
Den Diabetikertag auf der Maininsel besuchen in erster Linie Betroffene. Neben den fachlichen Vorträgen der Ärzte, die immer mit einer kleinen Bewegungsübung eingeleitet werden, gibt es zahlreiche Stände, die über Selbsthilfegruppen, Sportprogramme, Ernährung und medizinische Neuerungen berichten.
Anja Bördlein sitzt am Stand der „Selbsthilfegruppe für diabetische Kinderund Typ-1-Diabetiker“. Ihr Sohn war fünf Jahre alt, als die Zuckerkrankheit diagnostiziert wurde. „Wir mussten alle erst einmal lernen“, erinnert sie sich, „wir hatten ja keine Ahnung.“ Inzwischen hat die Familie gelernt, mit der Krankheit umzugehen, für den Sohn ist der Umgang mit der Spritze zur Normalität geworden. Aber Bördlein weiß auch, dass es gerade für Jugendliche, die erst in der Pubertät von ihrer Krankheit erfahren, sehr schwer ist, sie versuchen sie zu verbergen. Umso wichtiger ist die Gruppe, es wird altersspezifisch viel miteinander unternommen, Informationen werden ausgetauscht und Aufklärung getrieben.
Ein Besuchermagnet ist das Schaukochen von Ludwig Fischbach, er brät Fleischspieße ohne Fett. „In erster Linie muss Essen gut sein und wenn man keinen Quatsch macht, dann ist es auch gesund“, meint er. Eine ältere Frau probiert sein Fleischspießchen, sie schaut nicht gerade begeistert. „Na, es ist ja nicht viel“, kommentiert sie, zuhause täte sie schon etwas Fett in die Pfanne, meint sie. Von seinen Kochkursen her weiß Fischbach: „Die Leute schaufeln oft Fett in die Pfanne, was gar nicht sein muss.“ Am Nebentisch probiert ein Paar seinen Kürbissalat. „Der ist wirklich gut, mit Vollkornbrot drin“, stellen sie fest. Vor drei Jahren wurde bei der Ehefrau Diabetes festgestellt, seitdem versucht sie auch zuhause gesünder zu kochen. „Das geling halt nicht immer“, meint sie lächelnd. Ihr Mann isst „das g'sunde Zeug mit, vorbeugend“, sagt er.
Eine Dame informiert sich für und mit ihrem Mann. „Man lernt immer wieder was Neues“, stellt sie fest. Sie besucht die Vorträge, damit sie ihrem Mann „ein bisschen was sagen kann. Aber es hilft nicht immer viel“, bedauert sie. Eine weitere Besucherin ist seit 50 Jahren an Typ-1-Diabetes erkrankt. Seit fünf Jahren hat sie eine Insulinpumpe, „die sieht aus wie ein Handy“, erklärt sie. Nächstes Jahr soll eine neue, kleinere auf den Markt kommen, sie hat sich informiert.
Ich wundere mich etwas über die vielen Gummibärchen und Schokokekse, die auf den Ständen ausliegen. „Die sind nur vorbeugend für die totale Unterzuckerung“, kommentiert eine Diabetesberaterin lachend. Am nächsten Stand erklärt mir die Beraterin, dass sie immer nur wenige Süßigkeiten hinlegt, weil die so schnell weggingen, und am dritten Stand meint die Dame hinter dem Tresen, einen ihren Kekse dürfe man schon essen. Gegenüber gibt's dann ja auch gleich Tipps zum Abnehmen mit der Chipliste.