Jetzt, wo aktuell relativ niedrige Arbeitslosenquoten fast schon als Schwelle zur Vollbeschäftigung gefeiert werden, gießt der DGB etwas Wasser in den Wein der Jubelnden. Die stellvertretende bayerische DGB-Vorsitzende Verena Di Pasquale, der hiesige DGB-Regionsgeschäftsführer Frank Firsching und Barbara Resch, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Schweinfurt, haben am Freitag in Schweinfurt auf sehr ernüchternde Ergebnisse bei den Langzeitarbeitslosen hingewiesen. Um deren Situation zu verbessern, fordern sie erstens, die Mittelkürzungen bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zurückzunehmen – und einen Neustart der öffentlich geförderten Beschäftigung.
In Schweinfurt liege die Arbeitslosigkeit mit 6,2 Prozent deutlich über dem bayerischen Durchschnitt, und von den 1628 Menschen, die im Oktober dieses Jahres als langzeitarbeitslos gemeldet waren, seien 974 oder 60 Prozent als langzeitarbeitslos eingestuft gewesen, so Firsching. Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit sei in Schweinfurt „eher statisch“, an deren Zahl ändere sich im Schnitt nicht viel – aber die „Eingliederungstitel“ würden ständig gekürzt. Die 3,4 Millionen, die das städtische Jobcenter im Jahr 2010 zur Verfügung hatte, schmölzen mit jedem Jahr weiter zusammen. Für 2015 würden nur noch 1,7 Millionen Euro veranschlagt – die Hälfte.
„Fördern und fordern“ laute die Devise der Hartz-IV-Befürworter, so Firsching, „das Fördern wird aber immer schwerer, wenn das Geld zusammengestrichen wird“. Für das Jobcenter der Stadt bedeute das, dass immer weniger Langzeitarbeitslose etwa mit teuren, aber nötigen Umschulungs- und Qualifikationsmaßnahmen gefördert werden könnten.
Verena Di Pasquale wies darauf hin, dass Deutschland laut einer OECD-Studie „europaweit einen Spitzenplatz bei der Zahl der Langzeitarbeitslosen“ einnehme. Bei anderen OECD-Mitgliedern liege der Anteil der Langzeitarbeitslosen an der Gesamtarbeitslosigkeit im Durchschnitt bei 35 Prozent, in Deutschland aber bei 45 Prozent. Nach zehn Jahren Hartz-Reformen sei dies ein deutliches Signal, „dass die Reformen zentrale Ziele mehr als verfehlt haben“.
Etwa 300 000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhielten seit dem Hartz-IV-Start im Jahr 2005 ununterbrochen Leistungen. Der harte Kern der Langzeitarbeitslosen werde demnach mit den bisherigen Maßnahmen kaum erreicht. Gleichzeitig würden die Integrationsmittel immer weiter gekürzt. Das treffe auch Bayern. Die Bundesagentur für Arbeit weise für den Freistaat eine Abnahme der Aktivierung und beruflichen Eingliederung von August 2010 bis August 2014 von 18 339 auf nur noch 12 450 Teilnehmer aus.
Laut Di Pasquale unterstützt der DGB Bayern das Ziel der BA, die Langzeitarbeitslosigkeit in Bayern bis 2018 möglichst zu halbieren. Ein gangbarer Weg dazu sei die öffentlich geförderte Beschäftigung Langzeitarbeitsloser mit mehreren Vermittlungshemmnissen, etwa in den Bereichen Erziehung und Pflege.