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BERGRHEINFELD
„Der Welthunger ist ein Verteilungsproblem“
Melissa Hager
 |  aktualisiert: 12.01.2014 15:47 Uhr

Wenige Worte haben in der heutigen Zeit so sehr an Inhalt verloren, wie der Begriff der Nachhaltigkeit. Umso erfrischender war es, ihn während der Hauptversammlung des Verbandes für landwirtschaftliche Fachbildung (VLF) Schweinfurt kaum zu hören. Stattdessen mühte sich der Ehrengast Prof. Dr. Alois Heißenhuber in „missionarischem Eifer“, wie er selbst es nannte, Inhalte statt leerer Worte zu vermitteln.

Während seines Vortrages „Visionen und Lösungsansätze einer ökosozialen Landwirtschaft“ ging der bekannte deutsche Agrarökonom prägnant auf die „sieben Felder“ der Landwirtschaft ein: Boden, Wasser, Klima, Biodiversität, Energie und stoffliche Ressourcen, Tier und Mensch. Trotz der Kürze der Zeit gelang es ihm, einen ebenso emotionalen wie pragmatischen Überblick über seine Vorstellung von zukunftsfähiger Landwirtschaft zu geben.

Betroffen machen seine Schilderungen von den verheerenden Auswirkungen der Bodenerosion, die er mit Bildern der „Dust Bowl“ (etwa: Staubschüssel) in der amerikanischen Prärie untermauerte. Doch auch in Deutschland komme es immer wieder zu großen Schäden. „Die Wetterextreme nehmen ohnehin deutlich zu“, sagte Heißenhuber über den Klimawandel.

Nicht ohne Kritik referiert er auch über das Streitthema Biosprit. Getreide und Co. als Kraftstoff zu verbrennen, treibe die Nahrungsmittelpreise in die Höhe. Dass der Welthunger nicht an einem Mangel an Ressourcen, sondern an der Ungerechtigkeit ihrer Verteilung liegt, fasst er so zusammen: „Der Hunger ist nicht nur Frage der Anzahl der Menschen.“

Zum Schmunzeln bringt der pensionierte Professor der Technischen Universität München die zahlreich erschienen Landwirte mit einem skurrilen Bild. Er zeigt eine Fotografie einer chinesischen Frau, die mit einem kleinem Fläschchen und Pinsel in der Hand von Blüte zu Blüte zieht. So versuche man in China, die Arbeit der Bienen zu ersetzen, die Pestizide schon vor Jahren ausgerottet haben. Was auf den ersten Blick komisch wirkt, ist ein Appell für mehr Biodiversität, die eben „kein reiner Luxus“ sei.

Anschließend präsentiert Heißenhuber Strategien und Lösungsansätze für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Eine Einhaltung und Fortschreibung der Gesetze sei nötig, ebenso müsse die Politik Anreize für gewünschte Handlungsweisen geben. Er fordert ein Umdenken in der Agrarforschung, die die Landwirte und ihre Arbeitsrealität einbeziehen müsse. Zu guter Letzt liege es in der persönlichen und unternehmerischen Eigenverantwortung, „einen anständigen Umgang mit Mensch, Tier und Umwelt“ zu pflegen.

Während der anschließenden Diskussionsrunde brannte einem der anwesenden Landwirte eines besonders auf der Zunge: „Ist es nicht frustrierend, wenn auf Sie keiner hört?“, fragte er Heißenhuber halb ernst, halb schmunzelnd. Dabei zielte er darauf ab, dass Heißenhuber unter anderem als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz tätig ist. Schließlich seien die Vorschläge der Politik oft nicht im Interesse der Landwirte und weit entfernt von den Forderungen Heißenhubers.

Alles in allem sei das Jahr 2013 aus landwirtschaftlicher Sicht trotzdem ein einigermaßen gutes gewesen, fasste Matthias Ruß, Vorsitzender des VLF in seiner Rede zusammen. Trotz neuer Lebensmittelskandale, da „wäre es nicht verwunderlich gewesen, wenn die ersten Bio-Eier aufgetaucht wären, die Pferdefleisch enthalten“. Die Ernte sei gut und die allgemeine Entwicklung vielversprechend gewesen. „Es geht nicht ohne uns Bauern“, schloss er im Hinblick auf die wachsende Weltbevölkerung.

Deshalb konnte man beim VLF seinen Stolz auf den landwirtschaftlichen Nachwuchs im Landkreis nicht verbergen. Insgesamt haben neun Jungbauern ihre Ausbildung zum Landwirt erfolgreich abgeschlossen. Johannes Göbel, Jan Licha, Christian Mauer, Markus Memmel, Jonathan Peter, Tobias Pfister, Tobias Pfrang, Lukas Seuferling und Jakob Stock nahmen ihre Ausbildungsurkunde von Martin Mack, Ausbildungsberatung des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) entgegen. Als Fachkraft Agrarservice hat Christoph Obernöder die Ausbildung bestanden.

Die Weiterbildung zum staatlich geprüften Wirtschafter für Landbau haben im Landkreis Matthias Fischer und Tobias Hart absolviert.

Ebenso gratulierte Martin Mack den frisch gebackenen Landwirtschaftsmeistern Sebastian Obernöder, Christoph Röß und Christina Treutlein. Zudem hat Stefan Markert aus Holzhausen die Technikerschule für Landbau erfolgreich beendet und trägt nun den Titel Agrartechniker.

 
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