Auf der Silk-Road Rallye für Oldtimer von Istanbul nach Shanghai sorgen nicht nur abenteuerliche Straßenverhältnisse, hohe Pässe und gelegentlicher Benzinmangel für Abenteuer, sondern auch die Grenzbehörden. So blickte der Treck gespannt auf die Begegnung mit den Zöllnern an der Grenze zu China. Per Mail berichten die beiden Hambacher Henriette und Günter Fuchs regelmäßig von ihren Erlebnissen.
Nach dem fast fluchtartigen Aufbruch aus Sary Tash am 26. September in Richtung Kashgar (315 km) genossen die Fahrer den Sonnenaufgang über den Gletschern des Pik Lenin (7134 Meter). Die Fahrt ging auf dem Pamir Highway zur chinesischen Grenze. Schneebedeckte Berge rahmten das weite Hochtal ein. Erst 160 Kilometer nach dem fast 3000 Meter hohen Irkeshtam-Pass fand in dem kleinen Ort Wuqia die eigentliche, höchst umständliche Grenzabfertigung statt. Fünf Tische standen bereit mit je zwei Zollbeamten, und wieder musste jeder Koffer ausgepackt werden. „Wir konnten an den Gesichtern nicht ablesen, ob sich die Beamten an der Reizwäsche einiger Damen ergötzten.“
Nach den Grenzformalitäten gab es, wie an jeder anderen Grenze, ein riesiges Hallo: „Die plötzlich freundlichen Beamten und Beamtinnen fotografierten unsere Autos zusammen mit uns, setzten sich in einige Fahrzeuge, wollten verschiedene Information über Autos und Reiseroute. Und auf einmal durften auch wir auf dem Hof der Grenzabfertigung filmen und fotografieren, was vorher strengstens verboten war. Unglaublich, dass es dieselben Menschen waren, die uns zu vor noch so kontrolliert hatten.“
Nach der Grenze wieder Staub- und Schotterpisten mit riesigen Löchern: Die vermeintlich gut ausgebaute Hauptstraße war Baustelle. Günter Fuchs musste extrem vorsichtig fahren. „Völlig verstaubt und genervt kamen wir am Abend in Kashgar an. Mensch und Fahrzeug haben in den letzten zwei Tagen den größten Härtetest dieser Fahrt mit Bravour bestanden, und wir sind alle sehr stolz.“
Hunderte von Kilometern war der Treck nun am Rande von Wüstengebieten unterwegs, alle um die 1300 Meter über dem Meeresspiegel. „Der Staub schlägt sich überall nieder und bildet eine Schicht auf allen Gegenständen. Die Haut wird rissig und trocknet aus, die Augen beginnen in der Hitze zu tränen. Auch das Atmen wird beeinträchtigt, so dass viele Einheimische Tücher oder Atemschutz vor dem Mund haben. Henny hat sich in weiser Voraussicht mit reichlich Halspastillen eingedeckt. Fast jeden Abend wäscht sie unsere Kleidung. Die Waschlauge sieht aus, als hätte sich ein Grubenarbeiter gewaschen“, berichtet Günter Fuchs. In China herrscht für Autoreisen Konvoi-Pflicht. Die Fahrt wird von einem lizenzierten Reiseführer begleitet, der bei Verkehrskontrollen hilft. Englisch spricht kaum jemand. Die auf dem Navi eingetragene und genehmigte Strecke darf nicht verlassen werden.
„An die etwas andere Art Auto zu fahren haben wir uns schon gewöhnt und mischen auch kräftig mit, denn sonst würde man kaum vorwärts kommen“, so der Bericht. Wichtigstes Teil am Auto sind nicht Blinker und Bremse, sondern die Hupe. Rätselhafte Vorfahrtsregeln, nicht eingezeichnete Fahrspuren, abrupte Spurwechsel ohne Blinken, Rechtsüberholer und Geisterfahrer sind Alltag.
In den Städten umschwirren die Oldtimerfahrer die dreirädrigen Lastmopeds und Armaden von Rollerfahrern, die sich an keinerlei Verkehrsregeln halten und auf denen ganze Familien zu viert ohne Helm lautlos per Elektroantrieb links und rechts vorbeihuschen.
Die 2000 Jahre alte Oasenstadt Kashgar mit ihren 400 000 Einwohnern war einst Drehscheibe der Seidenstraße. Schon Marco Polo besuchte Kashgar. Obwohl sie als die kulturhistorisch bedeutendste islamische Stadt Zentralasiens gilt, hat die chinesische Regierung im Februar 2009 begonnen, die Altstadt ohne Rücksicht auf Verluste zu modernisieren.
Das Projekt sieht den Abriss von 85 Prozent der jahrhundertealten Bausubstanz der Altstadt vor, weshalb die Gesellschaft für die bedrohte Völker heftige Vorwürfe erhob. Nur wenige ausgewählte alte Gebäude sollen im Rahmen eines Freilichtmuseums erhalten bleiben. Nach zwei Tagen Erholung ging es zum 45 Kilometer entfernten chinesischen Verkehrsamt, wo die Fahrzeuge auf ihre Tauglichkeit für den chinesischen Verkehr eingehend geprüft wurden. Nach weiteren Formalitäten bekamen die Fahrer ihren chinesischen Führerschein, das chinesische Nummernschild und eine chinesische Autohaftpflichtversicherung. Diese Prozedur dauerte fast den ganzen Tag.
Auf der Route der südlichen Seidenstraße fuhr der Treck entlang der Taklamakan-Wüste von Oase zu Oase. Die Oasen kündigen sich durch die typischen uigurischen Pappeln an. In der alten Königstadt Yarkant besichtigten die Reisenden die berühmten Königsgräber. In der Oasenstadt Karghilik (Yecheng) gab es – neben einem sehr schmuddeligen Hotel – nach über vier Wochen wieder Benzin mit 97 Oktan. „Unser Schätzchen freute sich darüber natürlich riesig und schnurrt seitdem wieder vergnügt vor sich hin“, schreibt Günter Fuchs. Auf einem Busausflug in der Stadt Khotan, die für ihre Jade-, Textil- und Teppichproduktion bekannt ist, gab es Ärger: Jemand aus der Gruppe hatte verbotenerweise einen Polizisten fotografiert. Bei der Kontrolle im Bus wurde er von einem weiteren Teilnehmer fotografiert, was dann das Fass zum überlaufen brachte. „Nach langen Verhandlungen und Telefonaten wurde das Bild auf dem Speicherchip gelöscht, und wir konnten nach 40 Minuten Zwangsaufenthalt weiterfahren.“
In Niya bekam der Amazon die erste Schaumwäsche der ganzen Reise. Der Bentley Baujahr 1949 allerdings hatte eine schwere Panne – ein Radlager wurde durch Sand zerstört. Er musste drei Etappen per Lkw reisen, über DHL wurde in England ein neues Teil bestellt. Schließlich stand die mit Spannung erwartete Durchquerung der Taklamakan bevor. Die Taklamakan-Wüste ist nach der Rub al-Chali die zweitgrößte Sandwüste der Erde. Der Name Taklamakan bedeutet so viel wie „Begib dich hinein, und du kommst nie wieder heraus“. Sie ist 1000 Kilometer lang und bis zu 400 breit. Viele archäologische Spuren sind durch die Trockenheit gut konserviert.
Start war um 7 Uhr morgens. „Einen Großteil des Tages sahen wir fast nichts anderes als Sanddünen in unglaublichen Formationen und den schier endlosen Highway.“ Links und rechts der Straße stehen aufwändig bewässerte Streifen mit Sträuchern, um die Strecke vor Sandverwehungen zu schützen. Nach fast elf Stunden erreichte der Treck nach 687 Kilometern Kucha.
Henriette und Günter Fuchs aus Hambach nehmen mit ihrem Volvo Amazon P 121, Baujahr 1969, an der Silk-Road Rallye von Istanbul nach Shanghai für Oldtimer teil: 12 500 Kilometer, sechs Länder in 56 Tagen – von der Türkei geht es über Russland, Kasachstan, Usbekistan und Kirgistan bis nach China. Die Strecke folgt einer der Routen der historischen Seidenstraße. Blogs von weiteren Teilnehmern unter www.classiccarevent.com