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Der Stadtrat kauft den "Theseus"
Schweinfurt Zu vorgerückter Stunde hat der Stadtrat am gestrigen Dienstag mit 32 gegen sieben Stimmen beschlossen, die "Großer Theseus" genannte, 5,20 Meter große Stahl-Nickel-Zinn-Skulptur der Berliner Künstler Martin Matschinsky und Brigitte Denninghoff für 300 000 Euro zu erwerben und vor der künftigen ...
Der 'Theseus'       -  Die Skulptur 'Großer Theseus' sorgt für große Verwirrung - unter Gegnern und Befürwortern gleichermaßen.
Foto: FOTO RUPPERT/MONTAGE BREUNIG | Die Skulptur "Großer Theseus" sorgt für große Verwirrung - unter Gegnern und Befürwortern gleichermaßen.
Von unserem Redaktionsmitglied Manfred Kraus
 |  aktualisiert: 15.12.2020 13:59 Uhr
In der ausführlichen Diskussion prallten die Fronten der Befürworter und Gegner des Ankaufs in einer im Stadtrat bislang nicht vorgekommenen Schärfe aufeinander. Die Debatte begann mit einer sehr sachlichen Darstellung der Sachlage durch die vier Antragsteller und die Verwaltung.

SPD-Fraktionschef Werner Bonengel erklärte, in Schweinfurt gebe es wahrlich wichtigere - insbesondere soziale - Fragen zu beantworten als die des Ankaufs dieses umstrittenen Kunstwerkes und des mit ihm zusammenhängenden Konvoluts. "Ich bin dafür", betonte Bonengel; die SPD ordne dem Theseus nichts unter, was wichtiger wäre. Sie erwarte aber eine eindeutige Aussage bezüglich der Finanzierung durch den Nachlass, ein politisches Bekenntnis der Oberbürgermeisterin, sowie die fachliche Empfehlung des Kulturamtsleiters.

"Ohne Wenn und Aber" befürwortete auch Mit-Antragsteller Arno Barth, der CSU-Fraktionschef, den aus dem Nachlass finanzierten Ankauf. Im Gegensatz zu Bonengel griff Barth allerdings Theseus-Bekämpfer Stefan Labus (SW Liste) scharf an, warf ihm vor, die Bürger falsch zu informieren und durch den von ihm initiierten Bürgerentscheid zu Lasten des Steuerzahlers 50 000 Euro Kosten zu verursachen. "Das ist Populismus in Reinkultur," schimpfte Barth.

Pro SW-Fraktionschef Karl-Heinz Knöchel hielt Labus "Profilneurose" vor, Halbwahrheiten und wenig Demokratieverständnis, auch die Herabwürdigung des Berliner Künstlerehepaares. Labus heize aus Eigennutz die Stimmung an. Knöchel plädierte zwar für den Ankauf, sprach sich aber auch dafür aus, bei der Ausstattung der Kunsthalle heimische Künstler zu berücksichtigen. Deren Statement zum Thema Theseus in der Zeitung (siehe letzte Samstagausgabe) nannte German Cramer übrigens einen "Possenbrief".

Karl-Heinz Müller, der Fraktionschef der SW-Liste und vierte der Antragsteller, gab seiner Überzeugung Ausdruck: "Theseus wird die Stadt und die Kunsthalle bereichern".

Kulturamtsleiter Dr. Erich Schneider zitierte als seine Stellungnahme Kunsthistoriker in großen Zeitungen und verwehrte sich gegen Beschuldigungen, er habe sich nicht oder nicht genügend um Schweinfurter Künstler gekümmert.

"Politisch ein eindeutiges Ja" zum Ankauf kam von der OB. "Diese Skulptur wird eine Attraktion darstellen," sagte Gudrun Grieser. Sie wies, den Nachlass betreffend, Misstrauen gegen die Verwaltung zurück. Referent Martin Baldauf stellte diesbezüglich eine schriftliche Erklärung des Notars vor, dass die Anweisungen des Erblassers eindeutig seien. Ihm gegenüber bestehe also nicht nur eine moralische Verpflichtung, das Geld so und nicht anders zu verwenden, so Baldauf.

Sie alle hätten für sich und ihr Anliegen gesprochen; "ich aber spreche jetzt im Namen der Bürger, und diese wollen den Theseus nicht," erklärte Stefan Labus. Er müsse nichts anheizen, die Leute stünden Schlange, um gegen den Theseus zu unterschreiben. 3400 Unterschriften in wenigen Tagen sprächen für sich und für den Bürgerentscheid. Der Aufforderung, diesen zu stoppen, werde er nicht nachkommen. Labus lehnte auch den Vorschlag Werner Bonengels ab, den Ankauf über ein Sonderkonto zu finanzieren. Claus Bebersdorf nannte diesen Vorschlag "Anstiftung zum Verstoß gegen die Gemeindeordnung". Die OB musste wiederholt wegen Beifallskundgebung von der mit etwa 35 Personen besetzten Besuchertribüne eingreifen.

Gegen den Theseus-Kauf stimmten mit Labus und Bebersdorf die beiden Republikaner sowie die SPD-Stadtratsmitglieder Then, Firsching und Westphal. Nicht anwesend in der Sitzung waren Bernd Köppel, Dr. Ulrike Schneider, Dr. Gertrud Akinlaja und Dr. Kurt Vogel. Sie werden zu den Theseus-Gegnern gerechnet.

Martin Matschinsky und Brigitte Denninghoff       -  Martin Matschinsky und Brigitte Denninghoff mit dem Vorsitzenden des
Kunstvereins Dr. Joachim Haas und dem Chef der Städtischen
Sammlungen, Kulturamtsleiter Dr. Erich Schneider (von links).
Foto: FOTO ARCHIV | Martin Matschinsky und Brigitte Denninghoff mit dem Vorsitzenden des Kunstvereins Dr. Joachim Haas und dem Chef der Städtischen Sammlungen, Kulturamtsleiter Dr. Erich Schneider (von links).
 
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