27 Jahre lang verkörperte Gerd Göb für die Weinbauvereine in Donnersdorf und Traustadt als Repräsentant des Weines vom Falkenberg die Symbolfigur „Ritter vom Zabelstein“.
Halbe Sachen zu machen, ist nicht sein Ding und würde auch zu einem „Ritter“ vom alten Schlag wie ihn nicht passen. 27 lange Jahre ist Gerhard „Gerd“ Göb als stets präsenter Botschafter des Weines vom Donnersdorfer und Traustädter Falkenberg in die Kluft des „Ritters vom Zabelstein“ geschlüpft. Der heute 64-jährige betont: „Was möglich war, habe ich an Terminen wahrgenommen.“ Doch nun ist Schluss. Am 12. Mai 1991 ist er einst in sein Amt eingeführt worden, am 12. Mai 2018 hat er es auf den Tag genau 27 Jahre später offiziell niedergelegt.
Gesundheitliche Probleme ließen Gerd Göb keine andere Wahl, als das Gewand in den Schrank zurückzuhängen. Schweren Herzens. Schließlich hatte er die Figur des „Ritters vom Zabelstein“ einst selbst erschaffen, wenn auch die Intention, die dahinter steckte, ursprünglich einmal eine ganz andere war als die Weinwerbung.
Fasching stand bei Ritter-Geburt Pate
Denn Gerd Göb ist zu dem Ehrenamt gekommen, wie das keusche Burgfräulein zum Kinde. Ein junger Traustädter verunglückt damals schwer mit seinem Moped, als er mangels örtlicher Alternative eine auswärtige Faschingsveranstaltung besuchen will. Als Reaktion kommt es zur Reanimation des „Trauschter Faschings“ mit Gerd Göb als Pater im Mönchsgewand. Als Nachfolgefigur geistert ihm der „Ritter vom Zabelstein“ durch den Kopf. Nicht ohne Grund. Göbs Urgroßeltern stammen aus dem versunkenen Dorf auf dem Zabelstein. Als der Brunnen oben auf der Höhe austrocknet, ziehen sie und die anderen letzten Bewohner hinunter in die Dörfer der Umgebung.
Günter Sehm überzeugt Gerd Göb
Zur Umsetzung der Idee mit dem Ritter kommt es im Fasching zwar nicht mehr, aber Günter Sehm hat Wind von Göbs Überlegungen bekommen. Der inzwischen verstorbene langjährige Vorsitzende des Donnersdorfer Weinbauvereins ist zu dieser Zeit auf der Suche nach einer Symbolfigur für den Wein vom Falkenberg. Von Sehm lässt sich Göb im März 1991 breitschlagen, zum „Ritter vom Zabelstein“ und damit schon bald vom vormaligen Biertrinker zum Frankenweinfreund zu werden.
Der Ritterschlag vor 27 Jahren
Als wesentlich schwierigere Geburt soll sich die Einkleidung erweisen. Es ist nicht allzu viel Zeit bis zum ersten Auftritt beim Pfingstweinfest und keine passende Kluft in Sicht. Drei Wochen zuvor reist eine Delegation aus Donnersdorf nach Prichsenstadt, um sich fürs Erste aus dem Kostümfundus der Stadt für deren mittelalterliches Festspiel zu bedienen. Gerolzhofens „Markgraf Gerold“ in Gestalt von Bruno Steger steht Pate, als Gerd Göb mit Weinprinzessin Anja Sahlmüller (heute Reinhart) an seiner Seite bei der Amtseinführung am 12. Mai 1991 im Rathaus in Donnerdorf im Alter von 36 Jahren den Ritterschlag erfährt.
Das Leihgewand sieht zwar irgendwie nach Mittelalter im weitesten Sinn aus, aber nicht wirklich nach einem edlen Ritter. Ein Kritiker sieht sich damals eher bei Göbs Anblick an einen „Schreiberling aus dem 15. Jahrhundert“ erinnert. Welch Stilbruch obendrein: Der „Ritter vom Zabelstein“ trägt eine moderne Brille auf der Nase.
Das Manko wird umgehend ausgemerzt. Kreisheimatpfleger Longin Mößlein, lange Schulmeister in Donnersdorf, betreibt die emsige Grundlagenforschung. Dazu sucht er alles Wissenswerte und Überlieferte zu den Herren vom Zabelstein aus Büchern und Urkunden heraus. Allerdings gibt es nur spärliche schriftliche Hinweise wie auf einen „burgzinnenförmigen Gehrock“, aber keine Abbildungen.
Des Ritters neue Kleider
Der Künstler Paul Baum aus Untereuerheim verleiht den trockenen Beschreibungen schließlich mit gewisser künstlicher Freiheit eine visuelle Daseinsform. Auf dem Zeichenblatt entstehen nach sechsmonatiger Vorbereitungszeit des Rittermannes neue Kleider.
Als die maßgeschneiderte, standesgemäße Kleidung eines fränkischen Ritters des 12. und 13. Jahrhunderts fertig ist, kommt Gerd Göb fortan im scharlachroten Samtumhang, braunem Gehrock, ledernen Schnürschuhen, einem „Herzogshut“ mit langen Auerhahnfedern auf dem Kopf und mit Kontaktlinsen im Auge daher. Optischer Blickfang ist das auf gelbem Grund prangende große Wappen des Rittergeschlechts derer vom Zabelstein mit der nach oben geöffneten roten Schere.
Die „eine Nummer größere“ Montur
Inzwischen seit 1993 durch die Hochzeit im Jahr darauf mit seiner 2008 jung verstorbenen Frau Ilse in Donnersdorf sesshaft geworden, kommt Gerd Göb im Laufe der nächsten Jahre nicht umhin, das eine oder andere verschlissene Teil des Gewands zu ersetzen. Da der Träger an Gewicht zugelegt hat, muss irgendwann eine gänzlich neue, „eine Nummer größere“ Montur her. 2004 weicht schließlich der Hut mit den Federn einer von Material und Farbe zum Umhang passenden Mütze.
Gerd Göb bereut sie nicht, all die Jahre als Symbolfigur. Er möchte auch keine einzige der vielen Begegnungen aus dieser Zeit missen, als er mit dem Weinadel durch die Lande zog. Es gelingt ihm in all den Jahren gut, die Arbeit als Dreher in der Schweinfurter Großindustrie und das Ehrenamt unter einen Ritterhut zu bringen. So hat er bis heute viele schöne Erinnerungen an sein ritterliches Dasein.
Ganz oben stehen die Auftritte bei den eigenen Weinfesten in Donnersdorf an Pfingsten im Zelt und im Juli im Pfarrgarten sowie beim Straßenweinfest in Traustadt. Dazu kommt eine Vielzahl von Terminen im Frankenland, bei denen er den Wein vom Falkenberg und die Gemeinde repräsentierte.
Unvergessliche Auftritte
Unvergesslich sind Gerd Göb die Fahrten in Gerolzhofens französischer Partnerstadt Mamers geblieben, an denen er als „Ritter“ teilgenommen hat. Auch beim Pontifikalamt mit dem Bischof zum 175-jährigen Bestehen des Fränkischen Weinbauverbandes mit im Kreis der Symbolfiguren und Weinprinzessinnen aus Franken im Chorgestühl des Würzburger Doms zu sitzen, hat bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ebenso Begegnungen mit der Polit-Prominenz wie auf der Abschieds-„Tour de Glos“ von Michael Glos, als die Wanderung des Bundestagsabgeordneten auf dem Pfarrgartenweinfest in Donnerdorf endete, oder mit Unterfrankens Regierungspräsident Paul Beinhofer auf dem Falkenberg.
Wenn die Töchter als Prinzessinnen nachfolgten
Gerne hat er auch immer Spalier gestanden, wenn die früheren Weinprinzessinnen aus der Gegend geheiratet haben. Noch mehr hat es ihn gefreut, wenn ihn, wie bei Anja Sahlmüller, schon wieder deren Töchter, in dem Fall Kristina und Luisa Reinhart, als Weinhoheiten begleiteten. Dabei wusste Kristina Reinhart schon als junges Mädchen, was sie später einmal werden wollte, erinnert sich Göb. Vielleicht vier, fünf Jahre alt, sagte sie beim Pfingstweinfest zu ihm: „Wenn ich alt genug bin, mache ich Weinprinzessin. Solange musst Du durchhalten.“ Es hat geklappt.
Auch mit den als Weinprinzessinnen in die Fußstapfen ihrer Mütter getretenen Töchtern von Steffi Rost (Selina Dusold) aus Wiebelsberg und Katja Wagner (Anne Ruppenstein) aus Oberschwarzach stand Gerd Göb zuletzt noch auf der Bühne.
Ein Aushängeschild und eine Institution
Bürgermeister Klaus Schenk findet nur löbliche Worte für den langjährigen „Ritter vom Zabelstein“. Gerd Göb habe die Weinlage Donnersdorfer und Traustädter Falkenberg überdurchschnittlich repräsentiert und das mit einer Begeisterung, die man heute nicht mehr so leicht finde. Schenk betont: „Der Ritter vom Zabelstein war ein Aushängeschild für die Gemeinde Donnersdorf und eine Institution.“
Albin Solf, der Vorsitzende des Weinbauvereins Donnersdorf, bedauert es gleichfalls sehr, dass Gerd Göb sein Amt nach 27 Jahren aufgeben musste. Er bescheinigt dem langjährigen Ritter ein außergewöhnliches Engagement für den Frankenwein im Allgemeinen und für den vom Falkenberg im Besonderen. Der Weinbauverein hat Göb in Anerkennung seiner Verdienste bereits aus Anlass seines 25-jährigen „Dienstjubiläums“ im Jahr 2016 die Ehrenmitglied verliehen.
Bilder und mehr eines Ritterlebens
Bei Gerd Göb zuhause in der Bachgasse erinnern derweil viele Fotos, Zeichnungen, bemalte Bocksbeutel, Schnitzereien, Fanpostkarten oder Römer und Weinkrüge mit seinem Konterfei an die Zeit als Symbolfigur. Jetzt hängt die Montur im Schrank.




