
Der fünfköpfige Vorstand des Reitvereins Schweinfurt ist, wie in einem Mitgliederschreiben angekündigt, geschlossen zurückgetreten. Bei der Jahresversammlung am Freitagabend appellierten Vorsitzende Gisela Rösner und Cornelia Arndt, die sich als Wahlleiterin zur Verfügung gestellt hatte, vergeblich an die Mitglieder „Verantwortung für den Verein zu übernehmen“. Eine Neuwahl konnte mangels Kandidaten gar nicht stattfinden. Das bisherige Führungsteam mit Rösner, ihrem Stellvertreter Ralf Knieß, technischem Leiter Michael Zapke, Schatzmeisterin Christine Zwierko und Schriftführerin Johanna Kurzyca bleibt deshalb zunächst kommissarisch noch sechs Monate im Amt. Sollte sich in diesem Zeitraum keine Führungscrew finden lassen, ist das Amtsgericht gefordert.
Den einen Grund für den Komplett-Rückzug des vor fünf Jahren geformten Teams gibt es nicht. Es ist ein ganzes Bündel an Ursachen, die bei der Jahresversammlung scheibchenweise zutage traten. Hauptproblem ist das Alter der Anlage. Die Reparaturen häufen sich, verschlucken immer mehr Geld. Dringend nötig wäre eine Generalsanierung der Gebäude vor allem in energetischer Hinsicht, weil die Infrastruktur dem Stand der Technik meilenweit hinterherhinkt, hieß es zusammenfassend in mehreren Wortbeiträgen.
Beispielsweise die in die Jahre gekommene Heizung: Sie muss, damit es warmes Wasser gibt, das ganze Jahr durchlaufen, bestätigte technischer Leiter Zapke zum Erstaunen einiger Mitglieder. Weiteres Beispiel: Wasser. 2010 wurden „gewaltige“ (Rösner) zehn Prozent mehr verbraucht als prognostiziert. Eine der Ursachen dafür ist das offensichtlich großzügige Abspritzen der Pferde. Eine Reiterin stellte unwidersprochen fest, dass das im bisherigen Umfang gar nicht nötig wäre.
Für Heizöl, Strom und Wasser musste aber nicht allein wegen der gestiegenen Preise ein „Vielfaches“ früherer Jahre ausgegeben werden, stellte Kassenrevisorin Susanne Signo in ihrem Prüfungsbericht fest. Die Energiekosten machten 2010 mit 20 000 Euro soviel wie noch nie aus und lasten schwer auf dem Klub am Hainig.
Der Reitverein geriet aber nicht allein deshalb 2010 erstmals in ein allerdings noch überschaubares Minus. Es sind nämlich schon geraume Zeit nur 25 bis 28 Pferdeboxen belegt. Zirka zehn stehen dauerhaft leer. Eine solche Box kostet pro Jahr rund 3000 Euro. Diese 30 000 Euro fehlen aber für Rücklagen. Hinzu kommt, dass trotzdem einige „Mieter“ ihre Pferde offensichtlich für weniger Geld einstellen dürfen, kritisierte Signo. „Diese Reduzierungen finde ich nicht korrekt“, stellte die Revisorin unter Hinweis auf eine bestehende Preisliste fest.
Dass nicht alle Boxen belegt sind, liegt wiederum am Alter der Stallungen. Heißt: Wegen der großen Konkurrenz ringsum müsse auch hier in hellere, attraktivere Boxen investiert werden. „Es muss Verbesserungen geben, das ist die Lösung, um den Verein wieder in die Spur zu bringen“, sagte Signo.
Sponsoren gesucht
Weiter: Es fehlen gegenüber früheren Jahren Sponsoren. Und ein letzter, aber wichtiger Punkt: Vorsitzende Rösner will aus Altersgründen nach sechs Jahren als zweite und zuletzt fünf Jahre als Vorsitzende keinesfalls mehr die Hauptlast tragen. Von ihrer jüngeren Mannschaft will aber offenbar keiner den Chefsessel besetzen. Mit ein Grund dafür könnte sein, dass es wohl viel versteckte Kritik gab, die einige Vorstände zermürbt haben.
Gleichwohl: Den Verein einem vom Amtsgericht bestellten Geschäftsführer überlassen, scheinen die Reiter auch nicht zu wollen.
Egal ist ihnen ihr Verein jedenfalls nicht. Das zeigte sich daran, dass immerhin ein Drittel der 90 Mitglieder erschienen ist. Sie warteten auch mit vielen guten Vorschlägen auf. Um die Boxen wieder voll zu bringen, müssten die derzeit in einem eher traurigen Zustand befindlichen Koppeln als „Visitenkarte“ auf Vordermann gebracht werden, regte etwa Wahlleiterin Arndt an. Der Vorschlag von Zapke, dazu einen Arbeitsdienst einzurichten, der auch noch den zuletzt abhanden gekommenen Gemeinsinn wiederbelebt, wurde akzeptiert. Das gilt auch für die Idee von Signo, ab sofort jeden Monat alle Mitglieder zu einer Art gemeinsamem Brainstorming einzuladen.
Lob für Signo und Arndt
Bei dieser Gelegenheit könnte dann auch der oder die neue Vorsitzende gefunden werden. Wegen ihrer couragierten Auftritte wurden von Mitgliedern die frühere Vorsitzende Signo und Arndt genannt. Einen letzten Wachrüttler hat Ex-Vorsitzende Rösner am Ende gegeben. „Dass der Reitverein so tief sinkt, das tut mir nach 50 Jahren im Verein in der Seele weh. Das Handeln und Helfen ist bei vielen gleich Null, das muss sich ändern.“ Und dann nannte es Rösner noch „sehr traurig“, dass sich in der Jugend niemand finde, der den Vorsitzenden macht. Sie blickte nach ihrem emotionalen Ausbruch in viele nachdenkliche Gesichter.