zurück
MARKTSTEINACH
Der letzte Laden im Dorf schließt für immer
Diese Verkaufsflächen werden in Zukunft leer bleiben. Rudolf und Simone Müller schließen ihre Metzgerei nach der Marktsteinacher Kirchweih, die am Wochenende gefeiert wird.
Foto: Ursula Lux | Diese Verkaufsflächen werden in Zukunft leer bleiben. Rudolf und Simone Müller schließen ihre Metzgerei nach der Marktsteinacher Kirchweih, die am Wochenende gefeiert wird.
Ursula Lux
Ursula Lux
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:40 Uhr

Im Schonunger Ortsteil Marktsteinach schließt der letzte Laden. Die Metzgerei Müller gibt auf. Auf der Homepage des Betriebs kann es jeder nachlesen: „Ab dem 1.9.2018 ist unsere Metzgerei aus geschäftlichen und gesundheitlichen Gründen geschlossen.“

Es habe sich schlicht nicht mehr gerechnet, sagt Metzgermeister Rudolf Müller. „Die Supermärkte laufen uns den Rang ab.“ Er führt die Metzgerei in der dritten Generation. Ursprünglich bewirtschaftete sein Großvater das Dorfwirtshaus und nebenbei eine kleine Hausmetzgerei. Sein inzwischen verstorbener Vater hat dann 1971 vergrößert, 1974 ein eignes Schlachthaus gebaut, drei Jahre später die Wurstküche und 1980 den Laden eingerichtet „Dann haben wir die Wirtschaft zugemacht, es gibt ja genug Vereinsheime im Ort“, erzählt Müller.

Bis 2011 noch selbst geschlachtet

„Bis 2011 hat er selbst geschlachtet, danach haben wir uns regional umgesehen und geschaut, wo wir Fleisch bekommen, das unseren Qualitätsansprüchen genügt“, erzählt der Metzgermeister. Im Schaufenster der Metzgerei war zu sehen, welcher Landwirt das Fleisch jeweils lieferte. Der Sohn stieg in den Betrieb ein, wurde Fleischereifachverkäufer und auch Ehefrau Simone arbeitete mit. „Von Mai bis August war ich ständig auf Bereitschaft, um die vielen Feste zu beliefern“, erinnert sich Müller. Er hatte noch einen Partyservice aufgebaut, und wöchentlich gab's die „Sonntagknüller“ besondere Angebote zu reduzierten Preisen.

Seine Frau benennt ein weiteres Problem, das über die Jahre gelöst werden musste. „In unserem Bereich gibt es einen ausgesprochenen Fachkräftemangel“, erklärt sie. Es sei schwierig gewesen qualifiziertes Personal zu finden. Aber „heute hast du ja schon Probleme eine Putzfrau zu kriegen“, ergänzt ihr Mann.

Für die kleinen Läden wird die Luft dünn

Der Einbruch kam vor knapp zwei Jahren, damals wurde das neue Gewerbegebiet Schonungen Süd eröffnet. Der ortsansässige Einkaufsmarkt zog dorthin um und vergrößerte sich um ein Vielfaches. Dazu kam noch ein neuer Discounter. Gleichzeitig brachen die Umsätze in der Metzgerei ein. Simone Müller erzählt von der Rückmeldung einer Kundin, die wohl symptomatisch für viele andere auch ist. „Dein Zeug ist echt klasse“, habe diese gelobt, aber dann erklärt: „Wenn ich von der Arbeit komm', geh ich in den Supermarkt, da habe ich alles, das spart mir Zeit.“ Es gehe nur um Zeit und Geld, meint Müller – und das heißt, dass für die kleineren Lebensmittelbetriebe „die Luft dünn“ wird.

Er denkt, dass es auch ein bisschen zur deutschen Mentalität passt. Bei uns sind die Lebensmittel im europäischen Vergleich am billigsten und dem Franken sei das noch nicht billig genug. „Wir fahren ja auch extra in den Steigerwald, weil dort das Essen günstiger ist“, ergänzt seine Frau. Die Appelle, regional zu kaufen und zu schauen wo die Ware herkommt, die man einpackt, seien da schnell vergessen. „Wir haben es uns gut überlegt und lange mit uns gekämpft“ erzählt Simone Müller, aber letztlich sei ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende.

„34 Jahre arbeite ich jetzt in dem Betrieb, unterbrochen nur durch die 14 Wochen Meisterprüfung“, erklärt Müller, aber schon mit 16 Jahren habe ihn sein Vater mit zum Steuerberater genommen und ihm gezeigt, worauf es ankommt. Ein Betrieb muss auch wirtschaftlich arbeiten, das habe auch der Vater nie aus dem Blick verloren. Für die Müllers beginnt jetzt ein neuer Lebensabschnitt. „Mit der Betonung auf 'leben'“,sagt der Metzgermeister, der in Zukunft nicht mehr nur arbeiten will. Eine 60-Stunden-Woche gehöre ab sofort der Vergangenheit an. Alle Familienmitglieder orientieren sich beruflich neu. Dankbar ist die Familie all den Mitarbeitern, Kunden, Vereinen aber auch Geschäftspartner, die ihnen bis zuletzt die Treue gehalten haben.

„Wieder stirbt ein Stück Leben im Dorf“

Und die Kunden? Vor allem für die Älteren nicht mehr motorisierten werde die Situation ungleich schwieriger, denn die Busanbindung sei denkbar schlecht, so Simone Müller. Während ein Kunde meint, „Da stirbt wieder ein Stück Leben im Dorf“, sagte eine andere: „Schon blöd, aber ehrlich gesagt, ich mach meistens am Samstag meinen Großeinkauf in Schweinfurt und da nehm ich dann halt auch mein Fleisch und die Wurst mit, hat doch auch ein Metzger gemacht oder?“

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Marktsteinach
Ursula Lux
Discounter
Fachkräftemangel
Familienmitglieder
Geschäftspartner
Lebensphasen
Rudolf Müller
Schlachthöfe
Steuerberater
Supermärkte
Tod und Trauer
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Veraltete Benutzerkennung
    Wir haben einen Hinweis zu Ihrem Kommentar: Bitte nur das Umformulierte posten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Die Grünen sind schuld, wer betet Gebetsmühlenartig denn uns Verbrauchern ständig vor weniger Wurst und Fleisch zu verzehren...
    Früher jeden Samstag zum Metzger Umsatz meist um 50,- Mark.
    Heute mal ein Leberkäsbrötchen auf die Hand.
    Grillfest mit Jugendlichen, ein Erlebnis... Banane, Zucchini, Käse, Soja Bratlinge... etc.
    Fleisch brauchen die so gut wie überhaupt nicht.
    In der Kantine jedes zweite Essen vegetarisch.
    Vor Jahren undenkbar.
    Tja selbst als Gegner der Grünen, ganz Unrecht haben sie nicht. Aber ich lass es mir nicht verbieten, mein Rumpfsteak oder den Haxen so ab und an in der Gastronomie zu verzehren. Ansonsten kann kein Metzger ob vor Ort oder Supermarkt bei mir viel verdienen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Ja, an allem sind die Grünen Schuld...
    Es ist doch eher das Kaufverhalten, dass keiner bereit ist für sein Fleisch einen entsprechenden Preis zu zahlen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette, keine Behauptungen ohne Beleg.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Wir haben einen Hinweis zu Ihrem Kommentar: Ein Beleg für die Behauptung, (manche) Grüne besäßen eine mangelnde Schulbildung, insbesondere im Vergleich zu Vertretern anderer Parteien, wäre nett bzw. könnte die Anmerkung einfach weggelassen werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. K.
    Jeder sagt immer das er seine Wurst und Fleisch lieber um die Ecke beim Metzger seines Vertrauens kauft und trotzdem schließt ein Metzger nach dem anderen. Viel bla bla wie immer.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Lieber nach Söderart wieder ein Stück Land zubetonieren um einen überflüssigen Supermarkt hinzustellen und das Dorf stirbt aus. Kleine alteingesessene Betriebe müssen aufgeben. Das ist die neue Heimat. Dafür bezahlen wir auch noch einen Heimatminister.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Der Supermarkt ist in Schonungen (große Ortschaft, Gewerbegebiet) und die Metzgerei in Marktsteinach (kleine Ortschaft) und 5km weit davon weg. Schonungen hat im Altort (und nicht im neuen Gewerbegebiet) auch eine Filiale eines Metzgers aus Aidhausen, die läuft. Freitags kommt noch ein Metzger aus Abersfeld mit seinem Verkaufswagen für einige Stunden.

    Also das hat mal gar nichts mit dem "Zubetonieren" in Bayern zu tun.

    Vielmehr fällt das Einzugsgebiet an Kunden rund um Marktsteinach weg, denn wer weiter oben wohnt, hat seit vielen Jahren das Gewerbegebiet in Hofheim als Einkaufsmöglichkeit und was runterwärts wohnt kauft in Schonungen oder Schweinfurt ein und fährt dann höchstens ab und an mal "extra" in die kleine Ortschaft "weechen der Wörscht".

    Von einem geringen Teil der ca. 800 ortsansässigen Marktsteinacher Bürger, einigen Festen im Sommer und einem Partyservice alleine kannst du halt nicht leben.

    Trotzdem Alles Gute für die Zukunft. "Euer Woar war sehr guad". DANKE.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. G.
    Hallo Arcus, nicht 'nach Söderart ein Stück Land zubetonieren" (Dieses Söder-Bashing nervt nur noch) - Nach KUNDENART einen neuen Supermarkt hinstellen - einfach mal die Meinungen der paar Kunden im Artikel lesen. Und Metzger Müller hat recht, wenn er zusammenfasst, dass in Deutschland die Lebensmittel im europäischen Vergleich am billigsten sind - nur den Franken noch nicht billig genug. Immer erst mal vor der eigenen Haustür kehren!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. H.
    Dieser Kommentar trägt nicht zu Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. S.
    Was hat denn das mit Söder zu tun? Wenn die Leute fleißig weiter zum Metzger gegangen wären - hätten diese auch ihren Umsatz gehabt. Selbst wenn kein Supermarkt im Dorf ist - kaufen viele doch ihre Sachen beim Großeinkauf im Supermarkt. Ich denke auch , dass gegen diesen Trend nichts gemacht werden kann. Wie schon geschrieben wurde - alle finden es Schade, wenn so ein Betrieb schießt, aber die meisten haben vorher ihre Sachen auch woanders gekauft.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. S.
    Da hat der Herr Arcus in seinem vollverblendeten CSU-Hass mal wieder sich selbst eins ausgewischt.

    Das Schonungen Gewerbegebiet wurde nämlich unter der Bürgermeisterschaft des Genossen Stefan Rottmann zubetoniert. Die CSU hat im Gemeinderat 5 von 20 Sitzen.

    Man kann festhalten, dass die SPD ist auf kommunaler Ebene beim Thema Flächenverbrauch keinen Deut besser als die CSU ist !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. P.
    Seehofer haben sie noch als Schuldigen vergessen!
    Das liegt einzig und alleine am Verbraucherverhalten, dass diese kleinen Geschäfte
    schließen müssen. Bei den Banken ist es nicht anders, im Internet die besten Anlageangebote raussuchen und die örtlichen Banken sollen dann 5 Tage geöffnet haben und den Zahlungsverkehr, natürlich kostenlos, abwickeln.
    Dann kommt das Todschlagargument mit den armen alten Leuten, die ja
    nicht mehr so mobil sind.
    Wenn alle Verbraucher die Geschäfte vor Ort unterstützen würden, könnten diese auch gut davon leben. Beim Discounter den Großeinkauf (auch Fleisch und Wurst) und wenn man was vergessen hat soll der örtliche Geschäftsinhaber noch Danke sagen.
    "Leben und Leben lassen" gilt halt leider nicht mehr.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. S.
    @arcus....
    Einfach nur noch peinlich...🤭🤭
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten