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GEROLZHOFEN
Der Landkreis sollte in drei Teile zerfallen
Ein Landratsamt wäre von Vorteil
Von unserem Redaktionsmitglied Norbert Finster
 |  aktualisiert: 22.06.2022 09:26 Uhr

Im Mai 1971 legte die Bayerische Staatsregierung ihre kompletten Pläne zur Gebietsreform auf den Tisch. Danach sollte der Landkreis Gerolzhofen dreigeteilt werden, die Stadt selbst zum Kreis Haßfurt kommen.

Das war nun so ziemlich das Schlimmste, womit man in Gerolzhofen rechnen konnte. Denn zu Haßfurt bestanden viel weniger Kontakte als zu Schweinfurt. Haßfurt hatte als Stadt kaum mehr zu bieten als Gerolzhofen. Weder gab es dorthin eine gut ausgebaute Straßenverbindung wie die B 286 nach Schweinfurt und es bestand auch

keine Eisenbahnlinie, die damals noch einen höheren Stellenwert als heute hatte. Zudem arbeiteten rund 500 Menschen allein aus Gerolzhofen als Pendler in Schweinfurt.

Nach Vorstellung der Staatsregierung sollte der gesamte nordöstliche Teil des Landkreises einschließlich der Kreisstadt in einem neuen Landkreis Haßberge-Steigerwald mit Sitz in Haßfurt aufgehen. Der südliche und westliche Teil mit der Stadt Prichsenstadt und dem Markt Wiesentheid sowie der Stadt Volkach sollte dem Landkreis Kitzingen zugeschlagen werden und im Norden und Nordwesten wollte die Regierung rund zehn Gemeinden dem Landkreis Schweinfurt einverleiben.

In Gerolzhofen waren sich die verschiedensten Kräfte einig, gegen diese Pläne Sturm zu laufen. In einem Aufruf zu einer Bürgerversammlung am 26. Mai 1971 schrieb Gerolzhofens Bürgermeister Franz Kreppel: „Hunderte von Millionen Mark wurden sinnlos vertan für eine Volksschulreform auf Stottern. Milliardenbeträge sollen vergeudet werden durch eine mehr als fragwürdige Gebietsreform. Der Bürger wird die Zeche zu bezahlen haben, wenn er sich alles gefallen läßt.“

Am Freitag, 21. Mai 1971, wehten auf dem Gerolzhöfer Marktplatz schwarze Fahnen als unübersehbares Zeichen des Protests. Vor einer Schautafel, die die Teilung des Landkreises dokumentierte, versammelten sich die Bürger. Die Skala der Stimmungslagen reichte von tiefer Depression über Bestürzung bis hin zu unverhohlenem Zorn.

Doch von politischer Seite war nicht viel Hilfe zu erwarten. Der von der Gerolzhöfer CSU unter Führung von Paul Pfeuffer um Beistand gebetene MdL Albert Meyer ließ unmissverständlich durchklingen, was sich wie ein roter Faden durch die Schicksalsgeschichte des Landkreises zieht. „Wenn man die verschiedenen Tendenzen im Kreisgebiet kennt, ist es schwer, die Fahne für die Erhaltung es Landkreises Gerolzhofen hochzuhalten.“ Gäbe es eine Einigkeit im Kreis, würde er für seine Erhalt durch dick und dünn gehen, tat sich Meyer leicht zu versprechen.

Nach außen hin Einigkeit zeigte der Kreistag. Am 2. Juni 1971 beschloss er einstimmig, dafür einzutreten, den Landkreis Gerolzhofen in seinem Gebietszustand zu erhalten. Dafür sollte sogar ein Volksbegehren angestrengt werden, für das das Haus 20 000 Mark zur Verfügung stellte. Kreisrat Albrecht Fürst zu Castell-Castell bekannte jedoch freimütig, dass es die Gemeinden des südlichen Landkreises nach Kitzingen zieht. Zu einem Volksbegehren ist es nie gekommen. Somit war es auch schwer, überhaupt ein einheitliches Konzept für das Anhörungsverfahren in München zu entwickeln.

Im Juli 1971 verstärkte sich dann die Tendenz, Gerolzhofen nach Haßfurt zu geben. Dort nämlich gab es eine „große Koalition“ einflussreicher Politiker mit den Landtagsmitgliedern Albert Meyer (CSU), Artur Heinrich (FDP) und Heinrich Schneier (SPD), denen natürlich erst einmal ihr eigene Umfeld am Herzen lag als ein großer, leistungsstarker ostunterfränkischer Landkreis.

Josef Teutsch, Verleger der Gerolzhöfer Heimatzeitung „Der Steigerwald-Bote“, bemerkte in einem Kommentar, dass alle übrigen Kreisgemeinden ihre Wünsche erfüllt bekommen würden, nur Gerolzhofen nach Art mittelalterlicher Autoritäten auf dem Schachbrett politischer Interessen nach Belieben verschoben werde, gegen den Willen der Bevölkerung, die, wenn die Stadt schon den Kreissitz verlieren sollte, eindeutig nach Schweinfurt tendierte.

Aus dem Gerolzhöfer Stadtrat kamen alternative Ideen. Der parteilose Fortschrittsblock schlug für den Raum zwischen Würzburg und Schweinfurt die Bildung zweier großer Landkreise Kitzingen und Gerolzhofen vor, auch um eine damals schon erkennbare Konzentration auf die Ballungsräume zu verhindern und das flache Land zu stärken.

Über das Gerangel „Wer kommt wohin?“ berichten wir im nächsten Teil unserer Serie.

 
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