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Schweinfurt
Der kostbare Augenblick
Theater im Gemeindehaus: Die Compagnie Komoco zeigt 'Ima', ein Werk der jungen italienischen Choreografin Sofia Nappi.
Foto: Maks Richter | Theater im Gemeindehaus: Die Compagnie Komoco zeigt "Ima", ein Werk der jungen italienischen Choreografin Sofia Nappi.
Manfred Herker
 |  aktualisiert: 29.11.2024 10:32 Uhr

Zu Beginn hallen mächtige Blockakkorde wie Schicksalsschläge durch den Raum. Dann kommen sie: Nacheinander schlurfen, trippeln, hinken fünf Gestalten auf die Bühne, mit Masken, Bewegung und Körpersprache zu alten Menschen verwandelt. Ungelenk versuchen sie nach einem Schostakowitsch-Walzer zu tanzen – ein beklemmendes Bild im fahlen Seitenlicht.

So begann der Modern Dance-Abend "Ima", ein Werk der jungen italienischen Choreografin Sofia Nappi, das die inzwischen international bekannte Compagnie "Komoco" zu einem großen Erfolg machte. Für ein ausverkauftes Haus hatte die große Fangemeinde des zeitgenössischen Tanzes gesorgt.

Auf die Frage nach ihrem kreativen Prozess, nach der ersten Idee zu einer neuen Choreografie, antwortet Sofia Nappi: "Das kann eine Musik sein, eine starke Emotion, eine Botschaft". In "Ima" (japanisch für "gegenwärtiger Moment") zeigt die Künstlerin, wie wir uns und unsere Gefühle hinter Masken verstecken. Wie wir damit allzu oft in der Vergangenheit und in der Zukunft leben, und so den kostbaren Augenblick versäumen. Dieses Leben im Jetzt suchen die Maskierten, bis sie sich von ihrer belastenden "Verkleidung" befreien, um endlich frei zu sein.

Nach ihrem skurrilen Walzer fahren die Alten eine große Box herein, aus der sie Kinder-Instrumente herausnehmen und um sich gleich zu streiten, wer darauf spielen darf. Zwei Paare bilden sich, versuchen zu den Klängen des Lovesongs "J’attendrai" zu tanzen. Als dann noch "El Choclo" von Mexicali Brass ertönt, gibt es kein Halten mehr: Mit unkoordinierten wilden Bewegungen, die an einen Veitstanz erinnern, tanzen, balgen, schlagen, necken sich die fünf Alten – genießen sie ihre Jugend-Erinnerungen?

Scharfe Synthesizer-Klänge beenden diese Nostalgie. Allmählich nehmen die Akteure ihre Masken ab und ganz allmählich verändern sich damit die Bewegungsmuster der zwei Tänzerinnen und der drei Tänzer. Plötzlich beherrschen fünf junge Menschen die Bühne, die sich in der Bewegung lustvoll räkeln, als ob sie wie Schlangen ihre alte Haut abstreifen wollen. Um dann mit tänzerischer Leidenschaft und mitreißender Power die Geschichte weiter zu erzählen. Lebenslust pur. Wobei man vermuten darf, dass die Gestaltung der vorangegangenen "Senioren-Fete" ihnen mindestens ebenso viel tänzerisches und gestalterisches Können abverlangt hatte.

Ausflug in die Tanzwelt des Barock

Choreografin Sofia Nappi arbeitet auch als Pädagogin mit der innovativen Bewegungssprache Gaga, die etwa die Überschreitung vertrauter Grenzen, oder das Freisetzen plötzlicher Energie beinhaltet. Man spürt diese Energie der Fünf, die sie mit sichtbarer Freude am Tanzen verbinden. Mit Leichtigkeit und Eleganz formen sie in oft synchronen Bewegungen immer wieder neue Bilder. Ein besonderes Bonbon ist der Ausflug der jungen Compagnie in die Tanzwelt des Barock. Zu einer Arie von Henry Purcell glänzt sie mit höfischen Paartänzen, mit höflichen Gesten und grazilen Schritten.

Ein erneuter Kontrast dann mit dem Finale und der Musik von Yaron Engler. Auf einem starren Grundton baut sich eine wiederkehrende Melodie mit Schlagwerk zu einer fast explosiven Mischung auf. Und genauso gestalten die Tänzerinnen und Tänzer einen expressiven Höhepunkt: Sie tanzen, als ginge es um ihr Leben. Eine Woge der Energie rollt ins Publikum. Das feiert die Gäste aus Florenz mit seiner bescheidenen Choreografin mit langem stürmischem Applaus und Bravorufen. Strahlende Gesichter.

 
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