Für Josef Schartner ist das ein ganz besonderer Tag. Regelmäßig macht er Führungen im Schloss Werneck, zeigt den Park oder die Schlosskirche. Er scheint hier jeden Stein und jede Pflanze zu kennen.
Vor ein paar Tagen hat er bei einer Führung eine besondere Überraschung dabei. Einen Kelch, der Fürstbischof Friedrich Carl zu Schönborn gehört hat. Schartner vermutet, dass der Fürstbischof ihn bei der Weihe der Schloßkirche am 29. August 1745 benutzt haben muss.
Vor fünf Jahren entdeckt
Schartner ist immer noch hin und weg, wenn er erzählt, wie er den Kelch entdeckt hat. Er saß vor fünf Jahren im Gottesdienst, in der Wernecker Kirche. Da fiel ihm der ungewöhnliche Kelch auf, den der Priester in Händen hielt. Er sah verspielt, aus, trotzdem prachtvoll, er wirkte ungewöhnlich. Und vom Stil her tippte Schartner auf Rokoko.
Schartner fragte, ob er sich den Kelch näher anschauen dürfe – und entdecke ein Medaillon mit dem Monogramm des Fürstbischos. Das haut ihn immer noch um, erzählt er in der Schlosskirche, wo alles andächtig an seinen Lippen hängt.
Schartner kann es kaum fassen, das ein Kelch aus dieser Zeit erhalten geblieben ist.
In der Säkularisation, als die Schätze der Kirchen und Kloster verkauft, auseinadergerissen wurden, wurden viele Kelche geschmolzen. Damals ist der Goldpreis gesunken, so viel Gold kam auf den Markt, erzählt er. Dass der Kelch des Fürstbischofs in Werneck überlebt hat, grenzt schon fast ein ein Wunder, sagt Schartner: „Ich war fix und fertig“. Irgendwie ist das Gefäß von der Schlosskirche zur Pfarrei gekommen. Wie, weiß Schartner nicht. Und wahrscheinlich auch sonst niemand. Das macht seine Entdeckung um so spannender.
Warum er fünf Jahre gewartet hat, bis er seine Entdeckung zeigt? Genau kann das Schartner nicht beantworten. „Ich wollt's halt nicht mit ins Grab nehmen“, sagt er. Deswegen ist es schon ein besonderer Moment, sich bei der Führung in der Kirche den goldenen Kelch genauer anzuschauen. Er ist in einer wunderschönen Hülle. Allein die ist schon ein Kunstwerk, meint auch Paul Strobel, der die Gäste begrüßt, auch im Namen des Vereins „Aufwind“, der zum Beispiel das Cafe Balthasar bewirtschaftet.
Wieder gut eingeschlossen
Schartner geht mit dem Kelch durch die Reihen, jeder darf sich die Goldschmiedearbeite genau anschauen. Das gibt einem das schöne Gefühl, der Geschichte näher zu kommen. Zumal klar ist, dass dieser Schönborn-Kelch nicht allzuopft zu sehen sein wird, er ist nach der Führung wieder gut eingeschlossen worden.
Die Schlosskirche ist Teil eines Ensembles , das viel über Anspruch und Selbstverständnis der Mächtigen erzählt. Der Baugrund war sumpfig, erzählt Schartner. Für den Fürstbischof wie auch für Ludwig XIV. bei Versailles ein Ansporn, gerade deswegen ein Schloss zu bauen. Damit konnte man den Untertanen beweisen, dass einem Herrscher nichts unmöglich ist, sagt Schartner.
Ihm zuzuhören, ist ein Vergnügen. Auch, weil er die Anlage, in der er so lange gearbeitet hat als Pflegevorsteher, nicht nur kennt wie kein anderer, sondern wohl auch liebt wie kein anderer. Über jedes Ornament, jeden Pfeiler in der Kirche weiß er etwas zu erzählen.
Drei Monate für die Stuckarbeiten
„Die Schlosskirche spielt in der Champions League“, sagt er nicht ohne Stolz. In drei Monaten wurde der ganze Stuck gemacht. Wer auf den Bänken sitzt, hochschaut („Vorsicht, da tut Ihnen das Genick weh“), wird demütig vor der Leistung und Präzision der Künstler und Handwerker damals. Und genießt die Schönheit der Kirche um so mehr.
Infos über Führungen bei Josef Schartner (0 97 22)16 85