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SCHWEINFURT
Der informelle Dialog
Kunsthalle Schweinfurt: Hann Trier und Norbert Kricke bis 2. Juni in der Großen Halle
„Ein informeller Dialog. Hann Trier – Norbert Kricke“ ist der Titel der neuen Ausstellung in der Großen Halle der Kunsthalle.Fotos: Anand Anders
Foto: Anand Anders | „Ein informeller Dialog. Hann Trier – Norbert Kricke“ ist der Titel der neuen Ausstellung in der Großen Halle der Kunsthalle.Fotos: Anand Anders
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 |  aktualisiert: 02.03.2024 02:49 Uhr

In ihrer aktuellen Ausstellung „Ein informeller Dialog. Hann Trier – Norbert Kricke“ präsentiert die Kunsthalle Schweinfurt zwei Protagonisten der Kunst nach 1945. In der Großen Halle der Kunsthalle sind noch bis 2. Juni 35 Arbeiten auf Papier und Leinwand von Hann Trier sowie zehn Plastiken und 29 Zeichnungen von Norbert Kricke zu sehen.

Dazu treten einzelne Werke von Karl Otto Götz, Gerhard Fietz und Conrad Westpfahl, welche eine enge stilistische Verwandtschaft dieser 50er-Jahre-Künstler aufzeigen. Die „Galerie im Quadrat“ der Kunsthalle flankiert die Hauptausstellung mit Papierarbeiten von Hubert Berke, Joseph Fassbender, Georg Meistermann und Ewald Mataré, wie Trier Mitglieder der „Donnerstags-Gesellschaft“, einer der ersten deutschen Künstlerzusammenschlüsse der Nachkriegszeit. Druckgrafiken von Hann Trier sind zeitgleich in der Kulturvilla Museum Otto Schäfer zu sehen. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass der Titel der Ausstellung „Ein informeller Dialog“ vollauf zutrifft.

Hann Trier (1915-1999) studierte Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf. Nach verschiedenen beruflichen Stationen, unter anderem als technischer Zeichner, Bühnenbildner, Porträtmaler und Werbegrafiker, auch im Ausland, lehrte er ab 1957 als Professor für Malerei an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin, wo unter anderem Georg Baselitz und Elvira Bach bei ihm studierten. Trier fand in den italienischen Fresken der Renaissance und des Barocks Inspiration und war Mitglied der Münchner Künstlergruppe ZEN 49.

In vielen seiner in der Kunsthalle ausgestellten Bildkompositionen dominieren Bewegung und Farbe. Dabei sind es mehr die gedämpften Farben, die in ihrer Üppigkeit auf den Flächen zu tanzen scheinen. Gitter und Linienstrukturen gliedern die Bildflächen in den 1950er Jahren; in den 1960ern wandelt sich das Kolorit von schwerer, dunkler Farbigkeit zu Hellerem. Einige Werke scheinen die Begrenzung der Flächen sprengen zu wollen. Der Einfluss von Freskenmalerei ist deutlich. Ein Unikat Triers ist ein handbemaltes Cocktailkleid aus den 1960ern, gemustert und in gedeckter Farbgebung des Zeitstils. Norbert Kricke (1922-1984) wurde während seines Studiums an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin maßgeblich durch Richard Scheibe geprägt. Als Professor für Bildhauerei traf Kricke an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf auf bedeutende Repräsentanten der informellen Malerei wie Karl Otto Götz, Gerhard Hoehme und Peter Brüning. Krickes in der Kunsthalle gezeigte Zeichnungen stehen in ihrer reduzierten Ausdrucksweise in starkem Gegensatz zu Hann Triers voluminöser Großzügigkeit. Tusche und Kohle auf Papier, Linien, durchbrochene Form zeugen von Leichtigkeit, ebenso wie seine Skulpturen. Eine filigrane „Raumplastik“ aus Stahldraht – als würde sie jeden Augenblick davonschweben; die zweidimensionale „Flächenbahn“, Edelmetallstäbe, die in ihrer Anordnung eine starke dreidimensionale Wirkung entfalten – sparsam die Mittel, intensiv die Wirkung.

Der Kunsthistoriker Prof. Christoph Zuschlag von der Universität Bonn streifte bei der Vernissage in seinem Einführungsvortrag auch die Frage, ob sich beide Künstler jemals begegnet sind. Man weiß es nicht, so Zuschlag, aber beide wussten voneinander, schätzten sich und waren auch gemeinsam in Ausstellungen vertreten. Parallelen und Korrespondenzen finden sich in den persönlichen und künstlerischen Biografien. „Die Ausstellung schafft so einen kreativen Ort der informellen Formensprache zwischen Linie und Fläche, Farbigkeit und Tonigkeit, Ruhe und Bewegung“, so das Fazit von Kuratorin Andrea Brandl im Vorwort zum ausgezeichnet gemachten Katalog.

Seit drei Jahrzehnten schon stellt das deutsche Informel sowohl in der ständigen Sammlung (rund 60 Arbeiten) als auch im Bereich der Wechselausstellungen einen Schwerpunkt des städtischen Museums dar. Mit dem Glasfenster von Georg Meistermann in St. Kilian (1953) sowie dem großflächigen Relief von Karl Fred Dahmen im Theater der Stadt (1962) ist diese Kunstrichtung auch im öffentlichen Raum in Schweinfurt präsent.

Ein informeller Dialog. Hann Trier – Norbert Kricke. Kunsthalle Schweinfurt, bis 2. Juni. Zu der Ausstellung erscheint ein Katalog. Geöffnet Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr. Jeden ersten Donnerstag freier Eintritt. Begleitprogramm: 29. Februar, 19 Uhr: Vortrag mit Andrea Brandl „Netzwerk Rheinland – Franken. Schweinfurt im Zeichen des Informel“. Dienstag, 2. April, 10-13 Uhr „Ich tanze mit dem Pinsel – wir malen beidhändig wie Hann Trier“: Workshop für Kinder (8-15 J.) mit Annette Albert, Anmeldung online über das Kids & Teens Ferienprogramm. Donnerstag, 4. April, 10-13 Uhr

„Plastische Kunstwerke aus Draht gestalten wie Norbert Kricke“: Workshop für Kinder (8-15 J.) mit Anne Hess, Anmeldung online über das Kids & Teens Ferienprogramm.

Blick in die Große Halle der Kunsthalle zur neuen Ausstellung „Ein informeller Dialog. Hann Trier – Norbert Kricke“.
Foto: Anand Anders | Blick in die Große Halle der Kunsthalle zur neuen Ausstellung „Ein informeller Dialog. Hann Trier – Norbert Kricke“.
Verschiedene Formate und Hängungen in der neuen Ausstellung in der Großen Halle der Kunsthalle tragen zum „informellen Dialog“ bei.
Foto: Anand Anders | Verschiedene Formate und Hängungen in der neuen Ausstellung in der Großen Halle der Kunsthalle tragen zum „informellen Dialog“ bei.
Zwei Besucher vor einem von Hann Trier gestalteten Kleid aus den 1960er Jahren, das damals seine Frau trug.
Foto: Anand Anders | Zwei Besucher vor einem von Hann Trier gestalteten Kleid aus den 1960er Jahren, das damals seine Frau trug.
Im Dialog mit seiner Umgebung: „Flächenbahn“ von Norbert Kricke, entstanden in den 1960er Jahren.
Foto: Anand Anders | Im Dialog mit seiner Umgebung: „Flächenbahn“ von Norbert Kricke, entstanden in den 1960er Jahren.
Raumplastik von Norbert Kricke aus den Jahren 1955/56.
Foto: Anand Anders | Raumplastik von Norbert Kricke aus den Jahren 1955/56.
 
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