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SCHWEINFURT
Der Industrie 4.0 auf der Spur
Zu Besuch bei ZF in der Wandler-Fertigung: Der Schweinfurter Stadtrat und die Verwaltung informierten sich vor Ort, was Industrie 4.0 bedeutet und mit welchen Herausforderungen die Groß-Industrie heute zurecht kommen muss.
Foto: Michael Lautenschlager | Zu Besuch bei ZF in der Wandler-Fertigung: Der Schweinfurter Stadtrat und die Verwaltung informierten sich vor Ort, was Industrie 4.0 bedeutet und mit welchen Herausforderungen die Groß-Industrie heute zurecht kommen ...
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:03 Uhr

Im Frühjahr hatte sich der Stadtrat bereits bei seiner Sondersitzung mit der Industrie und deren Herausforderungen für die Zukunft beschäftigt. Den damals ausgefallenen Werks-Besuch bei ZF holte das Gremium nun nach – und war schwer beeindruckt.

Oliver Walter, Produktionsleiter der Wandler-Fertigung, sowie Rainer Mohr, Leiter Produktion Business Unit Pkw Antriebsstrangmodule, führten in die speziellen Industrie-Anforderungen im 21. Jahrhundert ein, die sich fundamental von dem unterscheiden, wie man vor Jahrzehnten in der Branche arbeitete. Vor allem die Entwicklungszyklen haben sich dramatisch verkürzt, was insbesondere mit der Digitalisierung, aber auch dem Wandel in der Automobilbranche vom Verbrennungsmotor über Hybridantriebe hin zur vollständigen Elektromobilisierung zu tun hat. Die Herausforderung: Zum richtigen Zeitpunkt das richtige Produkt haben und antizipieren, wohin die Reise gehen könnte.

Wie kann die Kommune unterstützen?

Was kann die Stadt dabei tun? Diese Frage stellte Oberbürgermeister Sebastian Remelé im Namen des Gremiums und der Verwaltung. „Für uns“, so der OB, „haben Industrie und Stadt eine Schicksalsgemeinschaft, wir suchen aktiv den Schulterschluss.“ Auch deswegen, weil man sich natürlich sehr bewusst sei, welche Firmen den Großteil der sprudelnden Gewerbesteuer ausmachen und so der Quell der Schweinfurter Finanzkraft sind. Mohr und Walter hatten insbesondere einen Wunsch an die Verwaltung: „Schnelle Entscheidungen“, zum Beispiel bei Bauanträgen. Neue Produktionshallen bauen zu können und zwar binnen weniger Monate, sei für den zweitgrößten Automobilzulieferer der Welt, der 146 000 Mitarbeiter weltweit hat und in Schweinfurt mit 9500 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber ist, wichtig. „Ein Wandler, der bei uns gefertigt wird, ist spätestens zehn Tage später in einem Auto verbaut“, verweist Mohr darauf, dass die Zyklen in der Industrie extrem schnell sind.

Schnelle, rechtssichere Verwaltungsentscheidungen sind das eine Thema, das andere die Attraktivität der Stadt: Darauf achtet man bei Firmen wie ZF wie bei der Konkurrenz sehr genau. Je attraktiver Schweinfurt und sein Umland zum Wohnen sind, desto leichter ist es für die Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter, vor allem Ingenieure, davon zu überzeugen, hierher zu kommen.

I-Factory der richtige Schritt

Für ZF ist auch die Kooperation mit der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt von großer Bedeutung und traditionell eng – der Bau des i-Campus und anschließend der i-Factory auf dem Konversionsgelände in den ehemaligen Ledward-Kasernen wird ausdrücklich begrüßt. Mit dem Bau der i-Factory reagiert die Stadt auch auf den Wandel. In dieser werden Wissenschaft und Wirtschaft in einem Netzwerk zusammen gebracht, damit sie gemeinsam den neuen Herausforderungen lösungsorientiert begegnen. Beteiligte sind im ersten Schritt neben der Stadt die drei Großunternehmen, Mittelständler, das GRIBS und die IHK, das Frauenhofer Institut IPA Stuttgart übernimmt die Planung.

Das Zusammenspiel von Mensch und Maschine konnten die Stadträte beim Rundgang durch die Wandler-Produktion beobachten, einer der „Erfolgsgeschichten bei ZF in der jüngsten Zeit“, so Oliver Walter. Der Wandler – tellergroß, aus 140 Komponenten und rund 25 Kilo schwer – ist die Schnittstelle zwischen Getriebe und Motor in einem Auto. Seit 2008 werden sie gebaut, inzwischen ist die Produktion – just in time für die Autoindustrie – im Dreischichtbetrieb so eingespielt, dass die sechs Linien alle 40 Sekunden einen fertigen Wandler in den Versand geben. 1600 Menschen arbeiten direkt und indirekt in verschiedenen Bereichen in der Wandler-Produktion und erleben seit Jahren wie sehr man sich auch als Mitarbeiter ständig fortbilden muss.

Das gilt natürlich ebenso für die Führungsebene, wo man mit eigenen Programmen zum Beispiel auch die für jeweils zehn Mitarbeiter zuständigen Schichtführer an den Linien neu schulte. Gut ausgebildetes Personal ist immer gesucht: „Wir reißen uns um junge Mechatroniker“, erzählt Oliver Walter, weswegen das Verständnis der Schweinfurter Industriebetriebe, dass die für Mechatroniker zuständige Berufsschule in Bad Neustadt und nicht in Schweinfurt angesiedelt wurde, auch nur begrenzt ist. Die Stadt versucht Einfluss zu nehmen, das zu ändern, obliegt aber dem Freistaat.

 
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