Bevor der Stargast des Abends ans Rednerpult darf, gibt es zünftige Blasmusik. Ja, richtig, wir befinden uns beim Neujahrsempfang des Grünen-Kreisverbands im Mainberger Pfarrheim. Proppenvoll ist der Saal, mittendrin sitzt Ludwig Hartmann, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, der auf seiner Zugfahrt zwischen München und Mainberg "mit Entsetzen" die vielen Funklöcher bemerkt hat und feststellt: "Da muss sich was tun."
Aber der Reihe nach: Grünen-Kreissprecher Johannes Weiß präsentiert zuerst einen Jahresrückblick auf das fulminante Wahljahr und dann eine Überraschung: Der Höhenflug der Grünen bringt nämlich frischen Wind in den Kreisverband. So hat sich am 4. Januar die Grüne Jugend Schweinfurt wiedergegründet. Ihr junger Sprecher, Thomas Vollmuth aus Zeuzleben, darf bei seinem ersten öffentlichen Auftritt kräftig die Werbetrommel für die Jugendorganisation von Bündnis 90/Die Grünen rühren. "Wir wollen junge Leute für Politik begeistern", gibt er als Leitlinie aus.
Die Mainberger Blaskapelle spielt noch einmal auf, bevor die Grußredner zu Wort kommen. Es sind nur zwei, und die machen es kurz und witzig. SPD-Landrat Florian Töpper stiehlt dem grünen Stargast fast ein wenig die Schau mit seinem scharfsinnigen und gleichsam amüsanten Grußwort, in dem er in aller Kürze die wichtigsten Themen der Region hineinpackt. Vorneweg gibt es Lob an die Grünen für die gute Zusammenarbeit: "Ihr habt meinungsstarke Kreisräte, das braucht es in politisch bewegten Zeiten." Dann ein leidenschaftliches Plädoyer für Europa und die anstehende Wahl: "Es ist wichtig, was auf diesem Kontinent geschieht." Die Basis müsse deshalb dafür sorgen, dass nicht noch mehr ins Ungleichgewicht komme. Es gelte, die demokratischen Grundsätze zu verteidigen. "Da müssen wir auch mal laut sein", meint Töpper mit Blick auf das Engagement von "Stammheim ist bunt" gegen Rechts.
Töpper: "Der Landkreis braucht eine starke Stimme in München."
Eine starke Stimme braucht der Landkreis auch in München. Hier vertraut der Landrat auf den Überraschungswahlsieger der Grünen aus der Region, den Garstädter Biobauer Paul Knoblach. Vor Ort möchte er mit den Grünen "das Erhaltenswerte bewahren, gleichzeitig nach vorne schauen und den großen Zusammenhang dabei nicht vergessen". In Sachen Mobilität heißt das, über eine Reaktivierung der Steigerwaldbahn nachdenken. Und mit Blick auf den ausgedünnten Stadtbusfahrplan, den ÖPNV nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehen.
Auch Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann verweist in ihrem Grußwort auf die Bedeutung der anstehenden Europawahl. Europa sei wichtig, um Themen wie Verbraucherschutz nach vorne zu bringen. Dann verrät sie noch, dass die Namensgleichheit mit dem örtlichen Bürgermeister Stefan Rottmann kein Zufall ist. "Dass jeder mit jedem irgendwie verwandt ist, hat mir meine Tante Hermine erklärt."
Dann endlich darf der Grünen-Star auf die Bühne. Sein großes Thema: das Stadt-Land-Gefälle überwinden. Dazu bedürfe es zuerst einmal einer Verbesserung des Öffentlichen Nahverkehrs. Ludwig Hartmann: "Wir brauchen einen Stundentakt für den ländlichen Raum." Und: "Wir müssen auch die Infrastruktur für die Daseinsvorsorge wieder ausbauen und die Ortskerne stärken, um den Boom in den Städten in den Griff zu kriegen." Hier sieht Hartmann die Landesregierung gefordert, mit einer entsprechenden Landesplanung die Weichen zu stellen. Denn: "Egal, wo man in Bayern lebt, überall müssen die gleichen Chancen vorhanden sein."
Klimaschutz mit Daten hinterlegen
Weiteres Thema: der Klimaschutz. Ministerpräsident Söder will ihn in die Verfassung schreiben. "Da stimmen wir nur mit, wenn er auch mit Taten hinterlegt ist", sagt Hartmann kämpferisch. Die Grünen drängen auf konkrete Maßnahmen wie den forcierten Ausbau der Windkraft. Vom Klimaschutz zum Artenschutz: Hartmann verweist auf das dramatische Artensterben im Freistaat und wirbt für das Volksbegehren "Rettet die Bienen". Vom Artenschutz dann zum Landschaftsschutz: Kaum jemand wisse, dass in Bayern jährlich 100 000 Obstbäume Baumaßnahmen weichen müssten. "Es ist höchste Zeit zu handeln." Und zum Abschluss ruft auch Hartmann dazu auf, die Errungenschaften Europas zu verteidigen und Europa weiterzuentwicklen. "Es muss ein Europa der Menschen werden und nicht nur der Regierungen."
Sehr geehrte Damen und Herren,
kein Wunder, dass Herr Landrat Florian Töpper der eigentliche Stargast der Veranstaltung war.
Warum?
Weil er seine Aufgaben, sogar eine Rede beim Neujahrsempfang der Grünen sehr sachlich vorbereitet.
Das ist eigentlich eine Eigenschaft der CSU!
Herr Landrat,
was halten Sie davon der CSU beizutreten?
Gruß
Herr Hartmann hat die vom Artengeschützen Biber abgenagten Obstbäume mitgezählt.
Gruß