
Die Waldbewirtschaftung ist ein Kompromiss mit vielen Faktoren und Beteiligten – nicht umsonst sind beim "informativen Waldspaziergang" der Gemeinde Grafenrheinfeld Bürgermeister und Gemeinderatsmitglieder, Bauhofmitarbeiter und Angehörige verschiedener Fachbehörden im gemeindeeigenen Wald unterwegs.
Und das ist gut so, stellt Bürgermeister Christian Keller zum Auftakt des mehrstündigen Waldspaziergangs fest, schließlich beschäftigt das herausfordernde Thema regelmäßig Gemeinde und Gemeinderat und der hatte sich deshalb zur besseren Veranschaulichung einen Vor-Ort-Termin am "lebenden Objekt" gewünscht.
Ein 220 Hektar großer Wald
Ein Wunsch, der bei der Forstverwaltung gut angekommen ist, wie Revierförster Harald Spiegel zu Beginn der Waldbegehung feststellt. Der Revierförster ist in Grafenrheinfeld für die Leitung und Betriebsführung des insgesamt 220 Hektar großen Gemeindewaldes zuständig; unterstützt wird er dabei von den gemeindlichen Forstwirten. 44 Hektar entfallen auf das Naturschutzgebiet Elmuß, der wesentliche Teil der restlichen Fläche auf Wirtschaftswaldabteile im Schwebheimer Wald.
Wie in anderen Bereichen, erklärt Spiegel, fußt auch die Waldbewirtschaftung auf den drei Säulen der Nachhaltigkeit, auf Ökologie, Ökonomie und Sozialem. Ein Spannungsfeld, wie es Spiegel umschreibt, in dem die forstbetrieblichen Protagonisten mit "Augenmaß" die vielfältigen Interessen der unterschiedlichen Waldnutzer unter einen Hut bringen müssen. Je nach Gebietsklassifizierung verschieben sich die Schwerpunkte mal in die ökologische (Elmuß), dann wieder in die ökonomische Richtung (Kapitelwald, Tännig). Im Mittelpunkt steht eine zukunftstaugliche, klimatolerante Waldwirtschaft, die – gut abgewogen und gesteuert – zum Erhalt und zur Sicherung des Gemeindewaldes beiträgt.
Lebensraum für Mensch und Tier
Der Grafenrheinfelder Gemeindewald hat viele Aufgaben, ist Lebensraum für Mensch und Tier, Rohstofflieferant und Klimaregulator, Wasserspeicher und Schadstofffilter, ist Arbeitsplatz und Ausflugsziel mit strengen ökologischen Auflagen und "Regeln wie im Straßenverkehr" – ein Ökosystem, das unsere Lebensgrundlage sichert, in den letzten Jahren allerdings zunehmend von vielen Gefahren und vor allem dem Klimawandel betroffen ist.
Der Waldspaziergang startet bei schönstem Wetter im Elmuß, ein Hartholz-Auwald und "unterfränkisches Kleinod", wie Spiegel schwärmt. Zum Auftakt bekommt die Gruppe einen "Exkursionsführer" und mit dem ersten Schritt gleich einen Eindruck vom urwaldähnlichen Charakter des Naturschutzgebietes "Elmuß" mit seinen satten Bärlauchwiesen und alten Bäumen, wie der majestätischen Flatterulme, auf die Spiegel und sein Chef, Forstbereichsleiter Stephan Thierfelder vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), begeistert hinweisen.
Doch der zweite Blick zeichnet ein anderes Bild: Verlichtete abgestorbene Eschenbaumkronen, rußschwarze Bergahornrinden, tote Eichen und abgefressene junge Triebe offenbaren das Bild eines stark angeschlagenen "Patienten". Überall zeigen sich die Probleme durch Globalisierung und Klimawandel. Die Waldspazierenden erfahren: Pilze und sekundäre Schadorganismen machen den ohnehin durch Hitze und Trockenheit gebeutelten Bäumen das Leben schwer. Ursprünglich widerstandsfähige Arten sind gegen eingeschleppte Pilzsporen nicht mehr resistent, erkranken und sterben. Herabfallende Äste und umstürzende wurzelfaule Bäume gefährden Waldarbeiter und Spaziergänger und zerstören Zäune, die zur Waldverjüngung angepflanzte Baumarten vor Wildverbiss schützen.
Der ist in Grafenrheinfeld zu hoch und beeinträchtigt massiv auch die natürliche Verjüngung, in der laut Spiegel ein riesiger Genpool und die größte Chance für eine Erholung des Waldes steckt. Deshalb wurde der Abschussplan kürzlich in den Grafenrheinfelder Revieren nach dem im Bayerischen Waldgesetz verankerten Grundsatz "Wald vor Wild" erhöht.
Wertvolles Holz wird geerntet
Wie das Gremium auf Nachfrage erfährt, bleibt im Elmuß das Totholz zum naturnahen Wohle der Artenvielfalt liegen. Es gilt, die charakteristische Struktur des Auwalds mit seiner typischen Bodenflora- und fauna zu schützen und so werden bei jeder Entscheidung unter Berücksichtigung der Verkehrssicherheit der ökologische gegen den ökonomischen Nutzen abgewogen. Wertvolles Holz wird natürlich geerntet, doch oft steht der Aufwand, wie der gemeindliche Forstwirt Marcel Müller erläutert, in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Ertrag.
Wie der Revierförster erklärt, steht die Waldpflege im Mittelpunkt, auch wenn im Schwebheimer Wald (Kapitelwald und Tännig), dem zweiten Stopp beim Waldspaziergangs, dem ökonomischen Aspekt ein höherer Stellenwert eingeräumt wird. 2011 fand dort die erste planmäßige Aufforstung statt; seit 2019 wird der Kapitelwald, ursprünglich ein Kiefernwald, zum artenreichen, klimatoleranten Mischwald umgebaut. Insgesamt über 20.000 Pflanzen wurden in den letzten zwölf Jahren angepflanzt – eine Investition, die den Weg in einen klimafesten Wald für nachfolgende Generationen bereiten soll.