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SCHWEINFURT
Der erste Maskenzug von 1840
Andreas Friedrich Kornacher: „Maskenzug“, Druckgrafik, 1840, M-1714/1 alt, Kulturforum Schweinfurt
Foto: D. Stadelmann | Andreas Friedrich Kornacher: „Maskenzug“, Druckgrafik, 1840, M-1714/1 alt, Kulturforum Schweinfurt
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 |  aktualisiert: 31.03.2025 02:33 Uhr

Das städtische Museum im Alten Gymnasium ist wegen umfangreicher Umbaumaßnahmen geschlossen. Im Hintergrund geht die Arbeit aber natürlich weiter. Das „Objekt des Monats“ gewährt hier Einblick in die städtische Sammlung kulturhistorischer Objekte. So wird ein kleines Schaufenster in die Depots geöffnet und es bietet sich die Möglichkeit, die Vielfalt der musealen Bestände kennenzulernen. Hier gibt es spannende Dinge zu entdecken und Geschichte(n) aus Schweinfurt zu erfahren.

Die Auswahl ist dieses Mal auf ein jahreszeitliches oder kalenderbedingtes Motiv gefallen. Was liegt im Monat März näher als ein karnevalistisches Thema aufzugreifen? Deshalb fiel die Wahl als Objekt des Monats März auf die Druckgrafik „Der Maskenzug“. Der 1833 gegründete Schweinfurter Liederkranz veranstaltete ab 1840 Maskenzüge und Karnevalssitzungen, die sich größter Beliebtheit erfreuten. Hieraus entwickelte sich dann über hundert Jahre später 1954 ein eigenständiger Verein – die ESKAGE (= Erste Schweinfurter Karnevalsgesellschaft e. V.). Als Wappentier wählte der Verein einen Elefanten – in Anlehnung an den legendären Maskenzug des Liederkranzes im Jahr 1840, bei dem ein Elefant mitgeführt wurde.

Grafik von Andreas Kornacher

Eine Druckgrafik des Malers und Grafikers Andreas Friedrich Kornacher (1808-1857) in den Beständen des Kulturforums hat diesen Maskenzug vom 13. März 1840 zum Thema. Der Kunstdruck zeigt mittig einen Elefanten, der beeindruckend aus dem bunten Treiben heraussticht. Ihn umgeben zahlreiche geschmückte Wagen und weitere Tiere: Ein Zebra und sogar ein Einhorn sind zu entdecken. Mensch und Tier sind kostümiert oder festlich gekleidet. Den Dickhäuter hatten sich die Verantwortlichen von einer Wandermenagerie, die in Schweinfurt ihr Winterquartier aufgeschlagen hatte, ausgeliehen. Auf dem Elefanten ritt ein Mitglied des Liederkranzes, der Gastwirt „Schnetter“. Tatsächlich sorgte der Zug für reichlich Aufsehen: Etwa 10.000 Menschen sollen sich den Erzählungen nach damals das Spektakel angeschaut haben.

Einen Vergleich mit den heutigen Faschingszügen braucht das Ereignis nicht zu scheuen. Anspielungen auf Politik und Gesellschaft, die sich hinter Motivwägen und Kostümierungen verbergen, gab es damals wie heute.

Ob die Vereinsmitglieder des Liederkranzes mit ihrem Elefantenritt bewusst einen Fingerzeig auf den von Napoleon im Jahr 1808 in Auftrag gegebenen 24 Meter hohen Bronze-Elefanten gaben? Jenes Denkmal sollte an die Erstürmung der Bastille erinnern, kam aber über ein lebensgroßes Gipsmodell nicht hinaus. Aus dem Monument für den Sieg der Französischen Revolution war eine Erinnerung an deren Scheitern geworden. Dies könnte der Liederkranz in seinem Maskenzug durchaus auf die Schippe genommen haben. Aufsehen erregte er allemal. Das Motiv des Elefanten zierte jedenfalls im darauffolgenden Jahr eine zur Erinnerung geprägte Karnevalsmedaille und im Jahr 1986 einen Faschingsorden der ESKAGE.

Blütezeit bürgerlichen Lebens

Die Zeit zwischen Wiener Kongress 1815 und der Revolution von 1848 war in Schweinfurt, wie vielerorts, eine Blütezeit bürgerlichen Lebens und eine Gründungsphase neuer Gesangs-, Turn- und Bürgervereine, die laut Statuten des Liederkranzes um die „gesellige Unterhaltung“ bemüht waren.

Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges fanden zahlreiche solcher Faschingsveranstaltungen statt. In den folgenden Jahrzehnten kam diese Tradition jedoch beinahe zum Erliegen. Erst mit dem Neubeginn des Liederkranzes nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1946 wurde auch der Geselligkeit wieder größere Bedeutung beigemessen und man fasste den Plan, die Faschingstradition wieder aufleben zu lassen.

1953 wurde ein Liederkranz-Karneval-Komitee gegründet, und im Herbst 1954 fanden 17 Schweinfurter Vereine zur Schweinfurter Karnevalsgesellschaft ESKAGE zusammen. Und warum interessiert das Kulturforum Objekte wie die Druckgrafik „Der Maskenzug“ und damit verbundene Ereignisse auch heute noch?

Gemeinsam stellt sich das Team bei der Arbeit diese Fragen und sucht Antworten: Wie sehen Faschingsumzüge heute aus – was ist ähnlich, was ist ganz anders? Was verbindet Karneval und Politik? Woher stammen die Begriffe „Fasching“ und „Karneval“?

 
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