
Es ist Freitag der 13. als Delila Berger ihr Wohnungs-Atelier in der Hainleinstraße zeigt. Ein Datum, dass der Malerin schon mal gefällt. Zwölf Jahre lang hat sie im Leipziger Kunsthexenkessel mitgemischt: Die dunkelschöne, freigeistige Stadt, wo schon Goethes Faust ein teuflisches Kellergelage gefeiert und sich Gottesmeuchler Nietzsche Ideen geholt hat, gilt heute als europäische Wave & Gothic-Hauptstadt. Einmal im Jahr trifft sich beim Festival WGT die „Schwarze Szene“, die sich spielerisch mit Wahn und Vergänglichkeit beschäftigt. Eine Zeit, die das Werk der jungen Künstlerin geprägt hat, bekannt unter dem Pseudonym Rose Black. Ihre Acrylgemälde sind meist düster und mystisch, aber zugleich stilvoll: „Wenn ich etwas fühle, dann muss ich es auch so malen“, sagt die Mittdreißigerin.
In Freital bei Dresden hat sie die namensgebende Natur-Rose gesehen, die eigentlich blutrot war, mit „Tendenz Schwarz“. Das DDR-Städtchen war der Ort ihrer frühesten Kindheit, noch vor der Wende kam Delila Berger in den Westen. Aufgewachsen ist sie in Regensburg, bevor es wieder nach Sachsen ging. Seit Kurzem lebt die ehemalige Altenpflegerin in Niederwerrn. Besonders stolz ist sie auf den Facebook-Kontakt mit Anna Pehlitz. Die Hamburgerin ist schrill-ironische Frontfrau der „Grausamen Töchter“: Eine punkige Dark Wave-Gruppe, die sich unter anderem über den „Fifty Shades of Grey“-Hype lustig macht.
Rose Black hat die Sängerin verewigt, in Lack und Leder, mit Katzenaugen und Marilyn Manson-Frisur. Auch das Märchen von König Blaubart, das sie als tschechischer Kinderfilm beeindruckt hat, wurde auf Leinwand gebannt. Der Monarch entsorgt seine Ehefrauen reihenweise in einem verbotenen Keller, nach Scheitern im Vertrauenstest.
„Über den Tod hinaus“ nennt sich das anrührende Bild einer Mutter mit Kind. „Sein, oder...“ heißt das Gemälde, auf dem ein androgyner Jüngling verrottend im See liegt: Inspiriert durch das Video einer schaurigen Moritat von Nick Cave und Kylie Minogue, über den Ort, wo die wilden Rosen wachsen. „No comment“ nennt sich eine Collage aus realen Schreckensszenen, inklusive LKW-Anschlag auf dem Breitscheidplatz und Merkels Raute: der leicht satirische Titel stammt vom Logo eines Nachrichtensenders, der seine Bilder unkommentiert gezeigt hat. Was darf, kann oder will der Mensch heutzutage frei sagen? Was möchte er überhaupt noch hören?
Um schwer Aussprechliches dreht sich auch das Erzählbuch „Guten Tag, sind Sie die Witwe Meier?“ des Autors Hajo Lehr. Der aus Schweinfurt stammende Polizeibeamte hat belastende Erlebnisse seiner Dienstzeit aufgeschrieben: das Überbringen von Todesnachrichten, die Konfrontation mit Selbstmord, Unfalltod, Leid. Rose Black hat die zweite Auflage illustriert: Lehr ist Onkel ihres Lebensgefährten Sebastian Derleder.
Es geht um einen bewusst naiven Blick auf eine Welt voll Schrecklich-Schönem, mit Sinn fürs Detail: „Ästhetisch muss es schon sein.“ Nachtfalter hat sie ebenso gemalt wie einen bunt funkelnden Diamanten. Bei ihrer ersten Ausstellung im Rathaus, anlässlich des „Schweinfurt bunt erleben“ 2018, ist ihr eine Oma mit Enkel in Erinnerung geblieben, der Fragen zum Bild mit dem skelettierten Mann hatte: „Das Kind war nicht erschrocken, fand es nicht eklig“. Die Großmutter habe ihm alles sachlich erklärt.
Aktuell arbeitet Rose Black an einem Gemälde zu Patrick Süskinds Bestseller „Das Parfüm“: Die Geschichte eines mordenden Parfümeurs, der, begabt mit hypersensibler Nase, Frauen in betörende Düfte verwandelt. Essence Nr. 13 ist der Arbeitstitel. Die Bilder unterschiedlicher Größe könnte es in naher Zukunft auch als Kunstdrucke geben. Am 16. und 17. Juni wird Delila Berger beim „Tag des offenen Ateliers im Oberen Werntal“ ausstellen, in der Geldersheimer Gadengalerie.